Anti-Aging-Mittel und Fitmacher

So funktioniert die Scheinfasten-Diät

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Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk (Foto: SWR)
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Beim Scheinfasten isst man regelmäßig, aber nur bestimmte und abgewogene Dinge. Der Körper soll darauf mit allen positiven Effekten reagieren, die man vom Fasten kennt.

Der Trend des Scheinfastens stammt aus den USA. Für fünf Tage in der Woche reduziert man die Essensmenge ungefähr auf die Hälfte der sonst üblichen Kilokalorien. So nimmt man am ersten Tag 1100 Kalorien zu sich, an den anderen 4 Tagen etwa 750 Kalorien. Wie das funktioniert, erklärt Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk. Er ist Gynäkologe und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging Medizin.

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Beim Scheinfasten geht es nicht nur ums Abnehmen

SWR1: Was passiert beim Scheinfasten? Warum dürfen wir essen und der Körper meint, er fastet?

Prof. Bernd Kleine-Gunk: Ja, das klingt ja eigentlich fast zu schön, um wahr zu sein. Fasten und dabei essen. Es ist aber tatsächlich so, dass der Körper in einen Fastenmodus kommt. Das passiert auch dann schon, wenn Sie insgesamt die Kalorienzahl reduzieren und dann vor allen Dingen das Ganze auch sehr kohlenhydratarm und auch sehr eiweißarm gestalten. Wichtig ist, dass dem Körper signalisiert wird, hoppla, da kommt jetzt nicht genug. Du musst in diesen sogenannten Fastenmodus hinein schalten, in dem dann hauptsächlich auch Reparaturprozesse im Körper initiiert werden und so weiter. Und das ist natürlich eine schöne Sache, weil es das Fasten einfach auch praxistauglicher und alltagstauglicher macht.

Das Scheinfasten ist vor allen Dingen auch eine Anti-Aging-Maßnahme.

SWR1: Eine Gruppe von SWR1 Kolleginnen probiert das Scheinfasten aus. Welche positiven Effekte sind nach fünf Tagen zu erwarten?

Kleine-Gunk: Zum einen nehmen Sie natürlich auch an Gewicht ab. Das ist aber gar nicht so sehr das Ziel von Scheinfasten. Also das Scheinfasten ist vor allen Dingen auch eine Anti-Aging-Maßnahme. Deshalb beschäftige ich mich natürlich als Anti-Aging-Mediziner auch so intensiv damit. Das heißt, da werden im Wesentlichen zum Beispiel Schäden, die in unseren Zellen auch an der DNA auftreten, in diesen Fastenphasen tatsächlich behoben. Dann sammelt sich in unseren Zellen oder auch zwischen unseren Zellen, molekularer Müll an. Dieser molekulare Müll wird dann tatsächlich abtransportiert in dieser Fastenphase. Dafür gibt es auch wieder ein Fremdwort: Autophagie. Das macht unseren Körper einfach wieder fit für andere Dinge.

Das sind nicht unbedingt Sachen, die Sie jetzt sofort merken, weil sich das eher sozusagen auf einer molekularen Ebene abspielt. Aber wenn Sie das mit einer gewissen Regelmäßigkeit machen, dann haben Sie schon tatsächlich auch einen ausgeprägten Anti-Aging-Effekt.

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SWR1: Und am Freitag sehen wir alle aus wie 25.

Kleine-Gunk: Das kann ich Ihnen nicht versprechen. Wunder dauern auch in diesem Bereich immer etwas länger. Das Schöne ist ja auch am Scheinfasten, dass Sie es auch einfach in den Alltag integrieren können. Das heißt, so etwas kann man so alle zwei, drei Monate wiederholen. Ob Sie dann gleich 20 Jahre jünger aussehen, kann ich Ihnen nicht versprechen. Aber dass es sich positiv auf Ihren Alterungsprozess auswirkt, das zeigen eigentlich alle Studien.

Gemüse (Foto: Colourbox, Wolfgang Filser)
Beim Scheinfasten wird auf vegane Ernährung gesetzt. Also gibt es in den Rezepten viel buntes Obst und Gemüse.

Körper muss sich erst ans Scheinfasten gewöhnen

SWR1: Gibt es denn auch Nebenwirkungen beim Scheinfasten? 

Kleine-Gunk: Ja, es ist natürlich so, dass manche sich doch am ersten Tag oder so sich nicht so wirklich gut fühlen, weil dann doch der Hunger ein bisschen bohrt. Und dann ist man nicht so leistungsfähig. Es ist aber tatsächlich nicht so, dass man das hochrechnet, nach dem Motto, jetzt geht es mir am ersten Tag schlecht, wie soll es mir dann erst am Tag vier oder fünf gehen? Meistens ist das am zweiten Tag. Tatsächlich hat sich der Körper schon darauf eingestellt, und dann klappt das eigentlich erstaunlich gut, und viele sind sehr erstaunt, wie wohl und leistungsfähig man sich in dieser Zeit fühlt.

Prinzipiell ist es eine wirklich empfehlenswerte Maßnahme für große Teile der Bevölkerung.

Natürlich gibt es dann wieder auch ein paar Leute, die sollten es nicht machen. Schwangere sollten nicht fasten. Junge Menschen, die noch im Wachstumsprozess sind, sollten nicht fasten. Sehr alte Menschen, wo der Körper eh schon so ein bisschen abbaut, sollten vielleicht auch nicht unbedingt fasten. Es gibt da wie überall eigentlich in der Medizin auch ein paar Ausnahmen. Aber prinzipiell ist es schon eigentlich eine wirklich empfehlenswerte Maßnahme für große Teile der Bevölkerung.

SWR1: Wenn jemand so überhaupt keine Fastenerfahrung hat, muss man sich irgendwie vorbereiten?

Kleine-Gunk: Nee, muss man da tatsächlich nicht.

Rezepte für einzelne Tage sind austauschbar

SWR1: Jetzt habe ich schon mal so ein bisschen in die Rezepte geschaut. Also man macht sich ja doch dreimal täglich was zu essen. Wenn man da dauernd Essen zubereitet, aber nur wenig essen darf, hat man dann nicht mehr Hunger und Appetit?

Kleine-Gunk: Das will ich nicht ganz ausschließen, dass das passieren kann. Da braucht es dann tatsächlich schon die Selbstdisziplin, dass ich dann sage, das Essen sieht sehr appetitlich aus. Ich bleibe aber trotzdem bei den Mengen, die da vorgeschrieben sind und sage nicht, oh, man muss sich auch gönnen können. Und dann esse ich vielleicht doch das Doppelte. Dann kommen Sie tatsächlich nicht in diesen Fastenmodus rein.

SWR1: Darf man die Rezepte eigentlich auch tauschen, also die Suppe von Tag zwei zum Beispiel gegen das Risotto an Tag vier? Oder sind die Nährstoffe und Kalorien genau durchgetaktet und berechnet?

Kleine-Gunk: Nein, es muss nicht unbedingt auf den Tag sein. Sie können innerhalb von einem Tag tauschen. Es sollte natürlich tatsächlich gewährleistet sein, dass Sie sozusagen an Tag zwei bis fünf bei den etwa 750 bis 800 Kilokalorien, die vorgeschrieben sind, bleiben. Das ist wichtig, aber ansonsten können Sie die Mahlzeiten untereinander auch austauschen.

SWR1: Und wenn mir an Tag zwei das Mittagessen so gut geschmeckt hat, dass ich das auch noch an Tag drei, vier und fünf essen möchte, dann könnte ich das auch machen.

Kleine-Gunk: Das geht auch, dann wird es eigentlich ein bisschen einseitig. Aber in den fünf Tagen spielt das eigentlich keine große Rolle.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

Buchtipps

Die Kolleginnen von SWR1, die das Scheinfasten testen, orientieren sich an unterschiedlichen Büchern und Rezepten. Eine Auswahl der Bücher finden Sie hier:

  • "Iss dich jung – Wissenschaftlich erprobte Ernährung für ein gesundes und langes Leben. Die Longevità-Diät" von Prof. Dr. Valter Longo, Verlag: Goldmann, ISBN: 978-3-442-17714-1
  • "Five days only. Die Revolution des Fastens" von Barbara Becker und Franca Mangiameli, Verlag: YES, ISBN: 978-3-96905-099-6

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