Vorsitzender der GEW Klaus-Peter Hammer

"Das Lehramt muss attraktiver werden"

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Michael Lueg
SWR1-Moderator Michael Lueg (Foto: SWR, SWR1 -)
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In diesem Jahr starten knapp 42.000 Kinder in das erste Schuljahr. Dem entgegen steht allerdings immer noch der Lehrermangel. Gerade an Grund- und Förderschulen fehlen Lehrkräfte.

Im SWR1 Interview haben wir mit Klaus-Peter Hammer über die Situation an den Grundschulen in Rheinland-Pfalz gesprochen. Er ist der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz (GEW).

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Gibt es wirklich genügend Lehrkräfte?

SWR1: Neues Schuljahr, altes Problem: Lehrermangel. Vor allem in den Förderschulen und Grundschulen. Da muss man sich ja schon fast Sorgen machen, dass genug Lehrer da sind, um die Erstklässler zu empfangen.

Klaus-Peter Hammer: Ja, die Gedanken kann man sich in der Tat machen und wir haben auch diese Sorgen, dass genügend Lehrkräfte da sind, die die ersten Klassen betreuen können. Jetzt müssen wir mal abwarten, was in den Schulen angekommen ist. Aber Frau Hubig hat ja selber schon zugegeben, dass es wohl nicht gelingen wird, zum Schuljahresbeginn die Grundschulen voll mit ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen.

SWR1: Über 1700 neue Lehrerinnen und Lehrer werden eingestellt, hat sie gesagt. Wenn man die abzieht, die in Ruhestand gehen, dann sind das noch über 800 mehr. Reicht das?

Hammer: Zunächst mal ist es ein gutes Signal. Aber es ist auch schon seit Jahren erkennbar, dass der Personalbestand bei weitem nicht ausreicht. Und die Arbeit hat zugenommen. Die Arbeit hat sich extrem verdichtet, deswegen muss man dringend daran arbeiten, dass man noch mehr Lehrkräfte einstellt. Die Frage ist natürlich, kann man ausgebildete Lehrkräfte gewinnen?

Kindern soll mehr geboten werden, als nur das Nötigste

SWR1: Wie macht sich das im Schulalltag bemerkbar? Die groß angesagte individuelle Betreuung, die gibt es doch praktisch gar nicht mehr.

Hammer: Ja, und es wird auch immer schwieriger. Jetzt haben wir unterschiedliche Klassengrößen in Rheinland-Pfalz und wir haben angenehm niedrige Klassengrößen. Aber wenn man in einer Stadt wie Mainz oder auch in Ludwigshafen unterrichtet, dann sind die Klassen voll und auch voll mit Kindern mit großen Herausforderungen. Wir wissen auch alle, dass viele Schüler dazugekommen sind, die zugewandert sind, und das ist sehr herausfordernd.

SWR1: Bildungsministerin Hubig hat mit Blick auf alle Schulen auf ihrer Pressekonferenz gesagt, der Pflichtunterricht könne überall im Land gut abgedeckt werden. Das klingt ziemlich dürftig, gerade mal so die Pflicht. Was Schüler zum Beispiel mit Sprachproblemen brauchen, ist er definitiv die Kür. Oder klappt das alles top in den Grundschulen?

Hammer: Die Schulen sollen ja nicht nur in Lesen, Schreiben und Rechnen schulen, sondern die Kinder müssen auch viele andere Dinge fürs Leben lernen, und das ist mehr als nur eine Pflichtaufgabe.

Wir müssen dafür sorgen, dass mehr getan werden kann, als nur die Pflicht.

Das Lehramt muss attraktiver werden

SWR1: Was könnte denn helfen, Fachkräfte für die Schulen zu gewinnen?

Hammer: Rheinland-Pfalz muss daran arbeiten, dass der öffentliche Dienst generell, aber auch das Lehramt attraktiver wird. Das hat natürlich mit der Bezahlung zu tun. Auch mit der Bezahlung von Grundschullehrkräften. Hessen fängt jetzt an, die Grundschullehrkräfte in A13 (höhere Besoldungsgruppe mit höherem Gehalt. Anmerkung der Red.) zu bezahlen.

Man muss auch überlegen, ob es gelingt, Lehrkräfte länger im Dienst zu halten, indem man über eine attraktive Altersermäßigung nachdenkt. Und darüber, dass man generell eine Werbekampagne macht für den Beruf an Schulen zu arbeiten, was nach wie vor ein toller Beruf ist.

Aber viele Studierende haben auch festgestellt, dass es auch ein Beruf ist, der einen ausbrennen kann. Deswegen muss man auch an den Belastungsfaktoren arbeiten. Das ist eine Aufgabe, die das Bildungsministerium in den nächsten Jahren stemmen muss.

Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.

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