Ein Zeitgenosse Haydns und Mozarts war der böhmische Komponist Josef Myslivecek, von dem wir hauptsächlich Bläsermusik kennen. Diese sehr enge Sicht wird jetzt erweitert, denn das vorzügliche Ensemble Collegium 1704 von Vaclav Luks macht uns jetzt mit dem sinfonischen Komponisten Myslivecek bekannt, vor allem auch mit dem Komponisten von Violinkonzerten. Etwa 50 Sinfonien, 29 Ouvertüren und neun Violinkonzerte hat er neben einer Vielzahl von Opern, Kantaten und Oratorien geschrieben – alles so gut wie unbekannt. Er selbst muss ein tüchtiger Geiger gewesen sein, der enge Kontakte zu Giuseppe Tartini hatte. Seit 1763 lebte Myslivecek überwiegend in Italien. In Rom ist er dann im Alter von 44 Jahren tragisch gestorben. Aufgrund einer Syphilis-Erkrankung verlor er seine Nase und war deswegen 1777 in einem Münchner Krankenhaus, wo ihn Mozart besuchte. Und die Verbindung zu Mozart ist nicht nur biographisch belegt, sondern äußert sich auch in den Violinkonzerten der beiden. Mozart muss das D-Dur-Konzert von Myslivecek gut gekannt haben.
Die drei Violinkonzerte auf dieser CD sind echte Entdeckungen. Sie sind in einer Sammlung von sechs Konzerten als Manuskripte in Wien erhalten. Es wird vermutet, dass Myslivecek die Konzerte in Wien selbst aufführte und dort die Sammlung für den eigenen Gebrauch anlegte. Die Solistin aus Winterthur, Leila Schayegh, ist seit 2010 Dozentin an der Scola Cantorum in Basel, wo sie auch studiert hat. Sie erweist sich in diesen Konzerten als überaus versierte, stilistisch perfekt agierende Geigerin in der historischen Aufführungspraxis. Sogar die Kadenzen in allen Konzerten schrieb sie selbst. Ihre lebendige Spielweise leitet sie aus dem Charakter der Musik ab – der sei nämlich ganz ähnlich wie bei Mozart: opernhaft. Und sie käme sich vor, wie in einem szenischen Operngetümmel. Kombiniert werden die Violinkonzerte mit zwei orchestralen Werken Mysliveceks, der Sinfonie in Es-Dur und der Ouvertüre in A-Dur, was hier nur eine andere Bezeichnung für Sinfonie ist.
Italienisch beschwingte Musik des böhmischen Komponisten Josef Myslivecek mit der Geigerin Leila Schayegh und dem Collegium 1704, unter der Leitung von Vaclav Luks.
CD-Tipp vom 20.04.2018 aus der Sendung Treffpunkt Klassik - Neue CDs