Der Autor dieses Artikels gibt gerne zu: Selbst mit knapp 30 freut er sich immer noch jedes Jahr darauf, die Geschenke unter der Nordmanntanne auszupacken. Und den Liebsten eine Freude machen, gehört ebenfalls zu den Weihnachtshighlights. Die Vorfreude darauf wächst stetig mit jedem Tag zum 24. Dezember hin. Besonders groß ist sie, wenn die ersten Töne zu „O du fröhliche“ im Gottesdienst an Heiligabend erklingen.
Das Lied markiert – so vielerorts die Tradition – das Ende des weihnachtlichen Gottesdienstes. Und da fragt man sich, nur knapp vor der Bescherung: : Welche Geschichte steckt eigentlich hinter diesem Lied und warum wird es am Ende des Gottesdienstes gespielt?
Wir klären auf und haben uns auch weitere, weihnachtliche Klassiker angeschaut:
- O du fröhliche
- Es ist ein Ros' entsprungen
- Still, still, still, weil's Kindlein schlafen will
- Stille Nacht, heilige Nacht
- Ihr Kinderlein, kommet
Zu Ehren der Kriegswaisen: O du fröhliche
Die Eindrücke, die den Publizisten Johannes Daniel Falk dazu bewegten, den Text für „O du fröhliche“ zu schreiben, waren alles andere als glücklich. 1797 zog Falk nach Weimar – auf Empfehlung von Christoph Martin Wieland. Hier verkehrte er in literarisch bedeutenden Kreisen, an der Seite von Goethe und Herder.

Als die napoleonischen Truppen 1806 Weimar erreichen, setzt sich Falk für die sozial Schwachen ein und nicht zuletzt für die Kriegswaisen. Zeitweise nimmt er über 30 Kinder in seinem Haus auf, später gründete er das „Rettungshaus für verwahrloste Kinder“. Auch an Falks eigener Familie gingen die Entbehrungen der Kriegsjahre nicht spurlos vorbei: Vier seiner zehn Kinder starben an Typhus.
Den Kindern seines Rettungshauses widmete Falk 1816 das Lied „O du fröhliche“, dessen Text er auf die Melodie des Marienliedes „O sanctissima“ dichtete. Gedacht war es ursprünglich als Lied für alle drei hohen christlichen Feste: Weihnachten, Ostern und Pfingsten.
Nur die erste Strophe der heute üblichen Fassung stammt noch von Falke. Die anderen zwei ergänzte später Heinrich Holzschuher, der 1823 bei Falk hospitierte.
Knospe am Stammbaum: Es ist ein Ros' entsprungen
Zunächst einmal direkt mit der ersten Weihnachts-Fake-News aufgeräumt, es geht in dem eben genannten Lied nämlich um gar keine Blume. Dabei ist die Geschichte um diese Gerücht eigentlich ziemlich entzückend: Ein junger Mönch aus Trier namens Laurentius machte einen Spaziergang im Klostergarten und entdeckte eine vollerblühte Rose, kurz vor Weihnachten. Er schnappte sich Feder und Tinte und schrieb den Text zu „Es ist ein Ros' entsprungen“.
In Wahrheit geht es aber weder um die Rose, noch um Tulpen oder Narzissen. Die eigentliche Geschichte hinter dem Text lässt sich leider nicht so gut den Kindern erzählen wie die des Mönches. Es geht nämlich um den Stammbaum von Jesus Christus, in der Kunstgeschichte besser als „Wurzel Jesse“ bekannt.
Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.

Jener „Reis“ ist mit „Ros'“ gemeint, der junge Trieb ist die Jungfrau Maria, ihre Frucht ist das kleine Jesuskind. Wahrscheinlich stammt das Lied aus dem 15. Jahrhundert, gesichert ist es jedoch ab 1599. Der Beweis für das vergleichsweise genaue Datum liegt im Sendegebiet: Denn das Speyerer Gesangbuch aus diesem Jahr ist sehr gut erhalten und führt dieses Lied auf, als „catholische gesang“.
Der Text, der heute den meisten bekannt ist, stammt aus der Feder von Michael Praetorius aus dem Jahr 1605.
Italienischer Krippengesang: Still, still, still, weil's Kindlein schlafen will
Einfach beachtlich, wie weit die Tradition der Weihnachtslieder zurückgeht und wie sich jene Lieder bis heute erhalten haben.
Es wäre jedoch ein Fehler zu denken, alle Traditionen der heutigen Zeit bestehen schon seit Jahrhunderten. So kam der Brauch der Krippendarstellungen erst im späten 16. Jahrhundert nach Deutschland. Die Jesuiten brachten es aus Italien, es war damit Teil des geistlichen Erziehung.
Dazu gehören die Hirtenlieder aber auch die Gesänge an der Krippe, wie das Lied „Still, still, still, weil's Kindlein schlafen will“. Hierzulande vor allem als Schlaflied für Kinder bekannt, hat es seinen Ursprung im Salzburger Land. Besonders alpenländlich-weihnachtlich klingt die Version auf der Zither.
Frieden auch im Schützengraben: Stille Nacht, heilige Nacht
Besonders still ist es auch beim Klassiker „Stille Nacht, heilige Nacht!“ und die Salzburger früher schienen diese Ruhe geradezu verehrt haben, könnte man denken, denn auch dieses Lied stammt aus dieser Gegend.

Der Hilfsgeistliche Joseph Mohr schrieb es 1816, sein Freund Franz Gruber komponierte die Melodie dazu. In 320 Sprachen und Dialekte wurde es übersetzt, die Uraufführung gab es in der Kirche St. Nikola von Oberndorf bei Salzburg, dort steht mittlerweile passend die „Stille-Nacht-Kapelle“.
Besondere Bedeutung bekommt das Lied durch den Ersten Weltkrieg. Vor 110 Jahren erklang das Lied beim sogenannten „Weihnachtsfrieden“ am 24. Dezember 1914. Statt Kugelhagel kam es an der Westfront zu einer Waffenruhe, die von den dort stationierten Soldaten ausgerufen wurde.
„Stille Nacht, heilige Nacht“ erklang auf der deutschen Seite, „Silent Night, Holy Night“ auf der britischen und „Douce nuit, sainte nuit“ auf der französischen. Trotz aller Beliebtheit fand das Lied in den Kirchen erst recht spät den richtigen Anklang: Im Evangelischen Gesangbuch steht es erst seit 1993.
Texte von bekanntem Kinderbuchautor: Ihr Kinderlein, kommet
Zurück im Stall: „Ihr Kinderlein, kommet“ ist ein Must-Have für den Gottesdienst an Heiligabend. Und die, die sich wahrscheinlich jedes Jahr am meisten auf Weihnachten freuen, werden direkt angesprochen: die Kinder. Das ist kein Zufall, denn den Text veröffentlichte Christoph von Schmid 1811.

Er war nicht nur Augsburger Domkapitular sondern auch erfolgreicher Autor von religiösen Kinder- und Jugendschriften. Das Gedicht wurde schließlich von Abraham Peter Schulz vertont und noch heute wird es froh und munter gesungen.