Bildmontage: Die beiden Betreiber der Eiswerkstatt in Birkenfeld (Foto: dpa Bildfunk, Jens Kalaene / Montage: SWR)

Die zweite Generation expandiert

Von der Eisdiele zum Eis-Imperium im Hunsrück und in der Eifel

Stand
AUTOR/IN
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Salvatore Augello und Marco Vazzola haben klein angefangen. Ihre Eltern sind als Eismacher ins Land gekommen und ihre Kinder haben daraus ein Millionengeschäft gemacht.

Wenn das italienische Lied "Azzuro" in der Eifel erklingt, laufen die Kinder aus den Häusern. Denn mit der alten Schnulze von Adriana Celentano kündigt sich "Salvas Flotte Kugel" an - der bekannteste Eismann der Region.

Angefangen hat "Salva", wie Salvatore Augello hier überall genannt wird, ganz bescheiden. "Mein erster Bus war so ein alter Peugeot", erzählt der 44-Jährige: "Da kam schwarzer Rauch aus dem Auspuff, echt peinlich". Heute ist Salva der Chef einer Flotte von elf Eiswagen, die vom Dorf Großlittgen aus, täglich Tausende Bällchen verkauft.

Der Kühlwagen von Salvatore Augello ist zu Beginn der Eissaison noch voll, wird sich aber bald leeren.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Der Kühlwagen von Salvatore Augello ist zu Beginn der Eissaison noch voll, wird sich aber bald leeren.

Die Geschichte von Salva ist eine Geschichte vom sozialen Aufstieg, vom Sohn italienischer Einwanderer aus armen Verhältnissen, der in der Eifel ein Eis-Imperium aufgebaut hat. Doch er ist nicht der Einzige. Salva ist Teil einer zweiten Generation von Eis-Machern, die in Deutschland Karriere gemacht hat.

Viele Italiener wandern in den 1970ern nach Deutschland aus

Ein anderer erfolgreicher Eismann ist Marco Vazzola, der aus seiner "Eiswerkstatt" im Hunsrück das halbe Land beliefert. Aufgewachsen ist der heute 39-Jährige in der Nähe von Venedig. Die drei Monate langen italienischen Sommerferien aber hat er stets in der Eisdiele seiner Eltern in Birkenfeld verbracht: "Meine Kollegen waren immer am Meer, ich war im Hunsrück und hab Eis gemacht."

Marco Vazzola ist in Italien aufgewachsen. Heute betreibt er die Eiswerkstatt in Birkenfeld.  (Foto: SWR, Christian Altmayer)
Marco Vazzola ist in Italien aufgewachsen. Heute betreibt er die Eiswerkstatt in Birkenfeld.

Sein Vater Olivi und seine Mutter Graziella kamen 1972 nach Deutschland, wie so viele Auswanderer, die der italienischen Wirtschaftskrise entfliehen wollten. Gefühlt wanderte damals sein ganzer Heimatort über den Sommer zum Arbeiten über die Alpen, erinnert sich Marco Vazzola: "Und im Winter hast du gedacht, du bist in Deutschland, weil du nur Autos mit deutschen Nummernschildern gesehen hast."

Salva lernt schon als Kind, Eis zu machen

Auch die Eltern von Salvatore Augello kamen in den 1970er-Jahren von Sizilien nach Deutschland. Der heute 44-Jährige ist in Idstein im Taunus aufgewachsen, wo seine Eltern seinerzeit das Eiscafé Capri betrieben. "Mit zwölf hab ich da angefangen, das Eis selber zu machen", erzählt Salva: "Mit so einem Ruder in einer riesigen Maschine." Die Arbeit habe ihm Spaß gemacht, auch wenn er auf Freizeit verzichten musste.

Nach Großlittgen, in die Nähe von Wittlich, kam die Familie durch einen Zufall. Sein Vater besuchte einen Verwandten, der dort wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis saß und erfuhr, dass eine Eisdiele in der Stadt zum Verkauf stand. Er schlug zu und die Familie zog aus Hessen in die Eifel.

Salva hat in Großlittgen viel Geld in seine Eismaschinen investiert.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Salva hat in Großlittgen viel Geld in seine Eismaschinen investiert.

Dort lernte Augello dann in einer Disko seine Frau kennen und ließ sich in Großlittgen nieder. Er kaufte sich seinen ersten Eiswagen und rollte durch die Dörfer: "Da bist du eine Attraktion für die Kinder, aber auch für die Senioren. Hier oben in der Eifel ist ja sonst nichts los." Bei seiner ersten Fahrt verdiente er 17 Mark in neun Stunden. Heute komme aber keiner seiner Busse nach der Tour mit unter 700 Euro zurück. Seine Eltern gingen zurück in den Taunus.

Vazzola hat rund eine Million Euro in Eisfabrik investiert

Vazzolas Eltern hingegen sind wieder nach Italien gezogen, sie genießen ihre Rente in der Sonne, während der Sohn ihre Eisdiele leitet. Doch er hat in den vergangenen Jahren auch kräftig expandiert. Für rund eine Million Euro hat der 39-Jährige eine alte Fabrik in Brücken gekauft und stellt dort jetzt Eis in Bechern her. Was die Eltern dazu sagen? "Dass ich verrückt bin", sagt Marco Vazzola. Sie meinten, die Eisdiele müsse ihm doch reichen. Doch Vazzola reichte es nicht. Er wollte mehr.

Rund eine Million Euro hat Marco Vazzola in seine "Eiswerkstatt" in Brücken investiert.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Rund eine Million Euro hat Marco Vazzola in seine "Eiswerkstatt" in Brücken investiert.

Corona war Motor für neue Ideen

Auch Salva hat sich schon früh ein Ziel gesetzt: eine Million Euro Umsatz machen. Vergangenes Jahr ist ihm das gelungen - mit seinen Bussen aber auch mit abgepacktem Eis, das er inzwischen in Supermärkten und Cafés in der Region verkauft. In praktisch jedem Gewerbegebiet und auf jedem Firmenfest in der Eifel findet sich "Salvas Flotte Kugel".

Von dem Betrieb in Großlittgen aus fährt täglich eine Flotte von elf Eiswagen durch die Eifel.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Von dem Betrieb in Großlittgen aus fährt täglich eine Flotte von elf Eiswagen durch die Eifel.

Auf dem Weg zu diesem Erfolg hat Salva ausgerechnet eine Krise geholfen: die Corona-Pandemie. "Da waren alle Eisdielen zu und die Leute hatten richtig Bock auf Eis", sagt Salva. Also ergriff der 44-Jährige die Gelegenheit, um groß in das Geschäft mit Eis-Bechern einzusteigen. Zuerst belieferte er nur Tante-Emma-Läden, doch bald schon klopften Vertreter großer Supermarktketten an. Und heute findet sich sein Eis in Tiefkühltruhen von Koblenz bis Trier.

Vazzola beliefert mehr als 40 Eisautomaten im Land

Auch bei Vazzola war es die Pandemie, die ihm die Zeit gab, seinen Traum zu verwirklichen. Nach nur zehn Tagen Saison musste er damals seine Eisdiele in Birkenfeld schließen und sich eine Alternative überlegen. Aus der Not heraus hat er sein Eis ebenfalls in Becher abgefüllt - ein Überraschungserfolg.

"Wir haben in Birkenfeld montags eine Lieferung gemacht und am Dienstag war alles ausverkauft", erzählt Vazzola: "Das waren 600 bis 700 Becher." Die Nachfrage blieb so hoch, dass seine "Eiswerkstatt" irgendwann umziehen musste - von einer ehemaligen Metzgerei in Birkenfeld in die viel größere Fabrik in Brücken, wo Vazzola mittlerweile 30 Mitarbeiter beschäftigt.

Mehr als 40 solche Automaten gibt es in Rheinland-Pfalz. Dort kann man sich das Eis aus Vazzolas "Eiswerkstatt" selbst ziehen.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Mehr als 40 solcher Automaten gibt es in Rheinland-Pfalz. Dort kann man sich das Eis aus Vazzolas "Eiswerkstatt" selbst ziehen.

Auch wegen einer weiteren Idee von Vazzola: Er verkauft sein Eis mittlerweile auch in Automaten. Wie Zigaretten oder Kaugummi können sich die Kunden dort ihre Becher selbst ziehen. 40 der Geräte stehen mittlerweile über das ganze Land verteilt. Eine Erfolgsstory wie aus einem Film, wenn auch mit einem Haken, wie der 39-Jährige sagt: "Ich arbeite sehr viel und hatte nicht so viel Zeit für die Familie." Vazzola freut sich daher darauf, wenn bald seine Eltern aus Italien zu Besuch sind.

Jede Generation arbeitet anders

Auch Salvas Vater schaut regelmäßig im Betrieb vorbei. "Der zieht sich dann die Schürze an und geht ins Labor", sagt Augello: "Und er meint dann, den Leuten erzählen zu müssen, was sie zu tun haben. Als wär das immer noch eine kleine Eisdiele."

Salvas Traum ist, dass seine Tochter irgendwann den Betrieb übernimmt: "Und die wird dann sicher auch alles anders machen und ich werde der Alte sein, der von früher erzählt."

Region Trier

Höhere Energiekosten und Rohstoffpreise Bis zu 20 Cent rauf: So viel kostet die Kugel Eis in der Region Trier

Die Eis-Saison in der Region Trier startet mit höheren Preisen: In den meisten Eisdielen ist die Kugel teurer geworden. Ein Grund sind die gestiegenen Energiekosten.

Am Nachmittag SWR4 Rheinland-Pfalz