Noch nie waren die Geschäftserwartungen der Mitglieder der Industrie- und Handelskammer Trier - IHK - so düster wie jetzt. 65 Prozent der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass ihre Geschäfte schlechter laufen werden im kommenden Winter als in den Monaten zuvor. Letztes Jahr im Herbst waren nur 13 Prozent der Befragten dieser Meinung. Die Stimmung bei den Betrieben ist also denkbar schlecht. Obwohl sich die Wirtschaft besser von der Corona-Krise erholt hat als gedacht, sagt Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der IHK Trier.
Die Corona-Krise hat Teilbereiche der lokalen Wirtschaft getroffen, vor allem die Gastronomie, den Tourismus und den Handel. Die Auswirkung des Ukraine-Kriegs, also die steigenden Energiepreise und die drohende Gasknappheit, beträfen alle.
Aktuelle Lage der Wirtschaft: Eigentlich ganz gut ...
Die Lage in allen Branchen ist zwar etwas schlechter als vor der Krise, dennoch sei sie größtenteils zufriedenstellend, sagt Glockauer. Die Umsätze haben sich nach der Corona-Pandemie stabilisiert, über das Frühjahr 2022 sogar leicht verbessert.
Matthias Schmitt, Volkswirt der IHK, geht nicht davon aus, dass der Winter wirklich so schlimm wird wie befürchtet. Eine wichtige Zahl für ihn sind die Auftragseingänge der letzten drei Monate. Diese seien kaum merklich zurückgegangen im Vergleich zum Frühjahr dieses Jahres. Aktuell seien die Betriebe in der Industrie überdurchschnittlich gut ausgelastet und hätten noch ein gutes Auftragspolster. Die Dynamik seit dem Frühjahr habe etwas nachgelassen, aber es gebe noch keine Stornierungswelle.
Außerdem hätten die Exporterwartungen sich verbessert. Die IHK erwartet, dass diese Entwicklung nicht von den internationalen Märkten ausgebremst wird in den nächsten Monaten. Denn der schwache Euro ist gut für den Export.
Unternehmen bleiben beunruhigt
Doch all diese positiven Zeichen würden im Moment nicht helfen, die Unternehmen zu beruhigen. Wie viel Energie letztendlich kosten wird, kann keiner vorhersagen. Weitere Probleme kommen hinzu. Als Belastung beschrieben die Unternehmen die steigenden Lohnkosten. Ein weiteres Problem, welches sich in den letzten Monat nicht in Luft aufgelöst habe, sei der ewig andauernde Fachkräftemangel. Von den schwierigen Lieferketten gar nicht mal zu sprechen.
Die Sorgen gipfeln allerdings in dem großen Fragezeichen der europäischen und deutschen Energiepolitik. Für Glockauer ist klar, dass die Unternehmen nun dringend konkrete Zahlen brauchen. Die Bundespolitik müsse endlich klar entscheiden, wie sie mit den hohen Energiepreisen umgehen will, das hätte sie schon vor Monaten tun müssen, meint der Hauptgeschäftsführer der IHK Trier.
Nicht die hohen Preise an sich würden die Betriebe verunsichern, sondern das Unsicherheit, wie hoch die Energiekosten wirklich sein werden. Das mache die Kalkulation für die Firmen extrem schwierig. Und so lange nicht klar sei, wie teuer Gas und Strom für die Unternehmen wirklich werden, könnten diese auch keine Investitionen berechnen.
Der Großteil der befragten Mitglieder der IHK Trier, gab sogar an, sie könnten mit doppelt so hohen Energiepreisen wie vor der Krise klarkommen.
Europäische Nachbarländer seien im Vorteil
Mit Ärger blicke man hier in der Grenzregion auf die Nachbarn in Luxemburg und Frankreich. Hier hätten die Regierungen schon viel früher gehandelt als in Deutschland, kritisiert Glockauer. Genau das erweise sich dort aktuell als Vorteil, denn dort seien die geplanten Investitionen der Betriebe wesentlich höher als in Deutschland.
Für Glockauer ist es auch nicht ausgeschlossen, dass mancher Produzent, der nicht auf spezielle Fachkräfte oder Maschinen angewiesen ist, darüber nachdenkt, seine Produktionsstätten ins Ausland zu verlagern. Die meisten Betriebe werden sich laut Glockauer aber erst einmal davor hüten, Personal abzubauen, weil es sehr schwierig sei, Fachkräfte zu finden.
Bei der IHK bereite man sich auf unterschiedliche Beratungsthemen für die Unternehmen in der Region vor. Jan Glockauer bleibt gespannt, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Noch könne die Politik die richtigen Weichen setzen, mahnt er.