Alarmstufe Rot in den Tierheimen von Rheinland-Pfalz - Situation spitzt sich zu (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Situation spitzt sich zu

Alarmstufe Rot in den Tierheimen von Rheinland-Pfalz

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Florian Wagner
SWR Autor Florian Wagner (Foto: privat)

Die Situation in den rheinland-pfälzischen Tierheimen spitzt sich dramatisch zu, wie Andreas Lindig, der 1. Vorsitzende des Tierschutzbundes Rheinland-Pfalz, erläutert: "Die Tierheime sind überfüllt, es gibt keine freien Zwinger mehr und Tierbesitzer müssen abgewiesen werden."

Diese Entwicklung wurde bereits seit Jahren angekündigt, doch jetzt sind die Auswirkungen akut und es fehlt an Lösungen: Simone Klein, Schriftführerin der Tierhilfe Pfalz e.V., bestätigt die alarmierende Situation. Sie bezeichnet die aktuelle Lage als "Alarmstufe Rot", es gebe kaum noch Kapazitäten, um Notfälle aufzunehmen. Wenn doch ein Platz frei werde, werden Tiere bevorzugt, bei denen durch ihre Gesundheit oder andere Umstände Gefahr in Verzug sei.

Mehrere Tierheime haben daher einen Brandbrief an Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und die Tierschutzbeauftragte des Bundes geschrieben. Unterzeichnet haben den Brief unter anderem die Tierschutzvereine Frankenthal und Speyer sowie die Tiernotinsel Bad Dürkheim. Auch das Tierheim Koblenz hatte Alarm geschlagen. Die Unterzeichner fordern unter anderem einen Sachkundenachweis für potenzielle Hundehalter.

"Es ist eine Katastrophe, aber eine mit Ansage. Seit Jahren wurde angekündigt, dass es passiert. Und jetzt gerade gibt es keine Lösung."

"Corona-Effekt" verschärft die Lage – aber nur marginal

Steigende Abgaben von Haustieren zeigen, dass die Zeit nach der Pandemie einen Effekt auf die Tierheimpopulation hat. Viele Menschen legten sich damals ein Haustier zu, doch anscheinend lässt dieses Interesse nach der Pandemie nach und die Tiere werden abgegeben. Allerdings betont Andreas Lindig, dass diese Problematik schon vorher existierte und durch die Krise nur noch beschleunigt wurde. Die Tierhilfe Pfalz e.V. verzeichnet in diesem Jahr deutlich mehr Anfragen zur Abgabe von Haustieren als in den Vorjahren. Neben möglichen Corona-bezogenen Gründen sieht Simone Klein vor allem die steigenden Preise in allen Lebensbereichen als Faktor für diese Entwicklung.

Werden vermehrt Haustiere von den Besitzern getötet?

Simone Klein hält eine vermehrte Tötung von Haustieren für denkbar, auch Andreas Lindig geht davon aus, dass sich derartige Fälle häufen könnten. Doch eine genaue Beurteilung dieser Thematik können, laut eigener Aussage, weder Frau Klein noch Herr Lindig vornehmen.

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Alternativen und Forderungen

Als Alternativen zum Tierheim wird eine Beratung vor dem Kauf von Tieren empfohlen, sowie das europaweite Verbot des Internethandels mit lebenden Tieren. So könnte zum Beispiel sichergestellt werden, dass Tiere an einen Züchter zurückgegeben werden können, wenn die richtige Haltung doch nicht möglich ist. Seriöse Züchter bieten diese Möglichkeit laut Andreas Lindig an. Simone Klein macht außerdem darauf aufmerksam, dass eine Katzenschutzverordnung dringend notwendig ist. Freigängerkatzen müssten kastriert werden, nur so könne man das Katzenelend auf Dauer bewältigen.

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Die Tierheime im Land schlagen Alarm. Sie können die vielen Tiere, vor allem Hunde, nicht mehr versorgen. Es gibt erschreckende Berichte über die Lage vor Ort.

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Andreas Lindig fordert darüber hinaus ein Heimtiergesetz für Deutschland, um Regeln und Voraussetzungen für die Tierhaltung festzulegen. Wenn ein solches Gesetz auf bundespolitischer Ebene nicht umgesetzt werden kann, schlägt er die Einführung eines "Führerscheins" für Haustiere vor, denn eine solche Regelung kann jedes Bundesland selbst treffen.

"Bin ich als Halter dafür bereit, mir 15 bis 20 Jahre die Kosten eines Tieres leisten zu wollen?"

So können das Verantwortungsbewusstsein und die Kenntnisse der potenziellen Tierhalter überprüfen werden und Themen wie Tierarztkosten und Haltungskosten vorab geklärt werden.

Bund sieht Länder und Kommunen zuständig

Das Bundeslandwirtschaftsministerium reagierte auf die Kritik mit dem Hinweis, dass der Bund keine finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Tierheimen habe. Auf Anfrage des SWR hieß es, die Arbeit der Tierheime sei unverzichtbar. Für Kosten, Unterhalt und Betrieb seien aber die Länder, Städte und Gemeinden zuständig. Dennoch habe der Bund im Zusammenhang mit Corona-Pandemie und Energiekrise den Tierheimen Finanzhilfen zur Verfügung gestellt. Zudem sei im Koalitionsvertrag vereinbart, eine entsprechende Stiftung einzurichten - daran werde derzeit im Ministerium gearbeitet.

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