Bundeswehr an Schulen (Foto: IMAGO, imago images/Shotshop)

Interview: Übungen für den Kriegsfall?

Schüler in RLP: "Bundeswehr hat an Schulen nichts verloren"

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Nils Salecker
Bild von SWR-Redakteur Nils Salecker (Foto: SWR)

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sieht die Schulen in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten. Die rheinland-pfälzische Landesschüler*innenvertretung sieht das ganz anders.

Die FDP-Politikerin sprach sich Ende der vergangenen Woche für Zivilschutzübungen in Klassenzimmern und mehr Besuche von Jugendoffizieren an Schulen aus. In Rheinland-Pfalz stoßen die Vorschläge auf Ablehnung. Auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) kritisierte Stark-Watzingers Aussagen bereits.

Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz sind ebenfalls alles andere als begeistert von der Idee, dass Soldatinnen und Soldaten häufiger im Unterricht auftauchen. Die Landesschüler*innenvertretung macht in einer Pressemitteilung klar:

Noch mehr Bundeswehr an unseren Schulen?! Nein danke, Frau Stark-Watzinger!

Warum sie das so sehen, erklärt Landesschüler*innen-Vertreterin Emma Lucke (16) im SWR-Interview.

SWR: Warum ist die Landesschüler*innenvertretung gegen Schulbesuche der Bundeswehr?

Emma Lucke: Für uns treffen Schulbesuche der Bundeswehr und Übungen nicht den Sinn von Unterricht. Das sorgt nur für Angst und Panik. Zumal wir viele Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine haben, die das nur zusätzlich traumatisieren würde. Und das sehen wir als absolut nicht sinnvoll an.

SWR Aktuell: Denken Sie, dass das den gleichen Effekt auch bei nicht-ukrainischen Schülerinnen und Schülern hätte?

Emma Lucke: Ich denke schon, dass Militär an Schulen dazu führen würde, dass sich mehr Schüler*innen über Krieg unterhalten würden und dann auch Angst und Sorgen wachsen würden.

SWR Aktuell: Zum einen schlägt Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger Zivilschutzübungen an Schulen vor, zum anderen mehr Besuche von Bundeswehr-Offizieren. Die gibt es ja bereits, beispielsweise um über ihre Arbeit zu informieren. Die Landesschüler*innenvertretung lehnt das aber ab. Warum?

Emma Lucke: Unserer Meinung nach hat die Bundeswehr nichts an Schulen verloren. Die Bundeswehr ist dafür da, unser Land zu verteidigen oder bei anderen Dingen, wie Katastrophenschutz, zu unterstützen. Aber eben nicht, um an Schulen - die sichere Orte sein sollten - Werbung zu machen für etwas, das mit Gewalt und Krieg einhergehen würde.

Emma Lucke ist Schüler*innenvertreterin im Westerwaldkreis. (Foto: Collage: SWR/LSVRLP)
Emma Lucke ist Landesschüler*innenvertreterin in Rheinland-Pfalz. Selbst besucht die 16-Jährige zurzeit das Evangelische Gymnasium in Bad Marienberg (Westerwald).

SWR Aktuell: Das heißt, auch bei Berufsinformationsveranstaltungen an Schulen, bei denen alle möglichen anderen Berufsgruppen vor Ort sind, sollte die Bundeswehr dann auch künftig nicht vertreten sein?

Emma Lucke: An sich sind Berufsinformationsveranstaltungen total wichtig, damit sich Schülerinnen und Schüler orientieren können, was sie nach der Schule machen möchten. Aber was spezielle Werbung der Bundeswehr angeht, mit Plakaten oder Ähnlichem: Da sind wir dagegen.

SWR Aktuell: Übungen an Schulen - so die Idee - sollen für den Ernstfall wappnen. Gibt es die Sorge vor dem Ernstfall Krieg bereits unter den Schülerinnen und Schülern?

Emma Lucke: Dadurch dass wir seit zwei Jahren Krieg in Europa haben, ist das Thema hin und wieder hochgekommen, dahingehend, dass man sich fragt: Was passiert eigentlich, wenn Krieg ist, was ändert sich für uns? Wie ist es eigentlich, in einem Land zu leben, das nicht mehr sicher ist?

Die Weiterbildung zum Thema Militär und Krieg ist ja an sich nichts Schlechtes, aber nicht im Umfeld Schule.

SWR Aktuell: Dennoch sagen Sie, ist die Schule der falsche Ort, sich darauf vorzubereiten. Was wäre für Sie der richtige Ort?

Emma Lucke: Zum Beispiel ein freiwilliges Programm nach der Schule, bei dem man sich eigenständig dazu entscheiden kann, und nicht dazu verpflichtet ist wie im Schulunterricht. Die Weiterbildung zum Thema Militär und Krieg ist ja an sich nichts Schlechtes, aber nicht im Umfeld Schule.

SWR Aktuell: Wie wird das Thema Krieg zurzeit in der Schule behandelt? Müsste sich daran etwas ändern?

Emma Lucke: Im Unterricht wird Krieg momentan immer mal wieder sporadisch thematisiert, vor allem, wenn etwas Einschlägiges passiert. Es wird versucht, Fragen zu beantworten. Das ist aber nicht immer in der Gänze möglich, die es bräuchte, um die Hintergründe vollends zu verstehen. Es ist, finde ich, okay so, wie es ist. Es gibt leider aber auch Schulen, an denen das Thema komplett vermieden wird und den Schüler*innen gar nicht die Möglichkeit gegeben wird, sich über das Thema zu informieren, und sie deshalb gar keine Grundlage haben, sich zu entscheiden, auf welcher Seite sie stehen.

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