Was braucht man für einen erfolgreichen Schwimmbadtag? Richtig: Sonne, einen großen Vorrat an Eis, Pommes am Schwimmbadkiosk und Badegäste - dazu ausreichend Schwimmaufsichten und Bademeisterinnen und Bademeister, damit auch alles sicher und reibungslos ablaufen kann. Beim letzten Punkt gibt es dieses Jahr aber massive Schwierigkeiten. Und die Auswirkungen sind spürbar.
Freibäder tageweise geschlossen
Das Naturerlebnisbad Bingen und das Freibad in Ingelheim haben ihre Öffnungszeiten eingeschränkt. Beide Bäder sind seit vergangener Woche während des Regelbetriebs zwei Tage in der Woche geschlossen. Ähnlich im Taubertsbergbad in Mainz: Hier bleibt das Hallenbad während des Sommers geschlossen. Es könnten eben nicht Freibad und Hallenbad gleichzeitig mit Personal ausgestattet werden, so ein Sprecher. Die Stadt Kaiserslautern gibt an, dass sie größere Personalausfälle, zum Beispiel durch Krankheit, in ihren Bädern nicht kompensieren könne. Dort könne es dann auch zu Einschränkungen im Bäderbetrieb kommen.
Personal händeringend gesucht
Der Schwimmbadbetreiber der Bäder in Ingelheim und Bingen, Dirk Osterhoff, sagt, dass es schon seit Jahren zu wenig Fachpersonal für Schwimmbäder gebe. Es mangele an Schwimmaufsichten und darüber hinaus auch an Fachkräften für Bäderbetriebe. Wer etwas nachforscht, stößt schnell auf die Info: Das, was man umgangssprachlich zumeist einfach Bademeister nennt, ist seit vielen Jahren ein Ausbildungsberuf, in dem es um mehr geht, als am Beckenrand zu stehen.
Rettungsschwimmer werden ohne Training geht nicht
Um als Schwimmaufsicht arbeiten zu können, braucht man das Rettungsschwimmabzeichen in Silber. Das kann man zum Beispiel bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, kurz DLRG, machen. Der Sprecher des DLRG Landesverbands Rheinland-Pfalz, Marco Vogt, sagt im Gespräch mit dem SWR, es gebe durchaus Kooperationen, bei denen die DLRG das Schwimmbad-Personal mit Rettungsschwimmern unterstütze. Vor Corona hätten Sportstudentinnen und -studenten den 450 Euro Job am Beckenrand gerne mal übernommen, sagt der Sprecher des Taubertsbergbads. Das habe sich geändert.
Vogt macht im Gespräch klar, dass ein großes Problem bei der Ausbildung der Rettungsschwimmer fehlende Wasserflächen seien. Während immer mehr Schwimmbäder geschlossen würden, mache man gleichzeitig immer seltener Flächen in noch bestehenden Schwimmbädern für Trainings frei. Dem Problem könne nur entgegengewirkt werden, wenn wieder mehr Wasserflächen geschaffen würden. "Ohne Schwimmflächen und Schwimmzeiten ist es nicht möglich, die Ausbildung zu machen. Wir können auf dem Trockenen keine Rettungsschwimmer ausbilden."
Eine Hand wäscht die Andere
Wenn man auf den Sachverhalt schaut, kommt man zu dem Schluss: Die Ausbildung von Rettungsschwimmern müsste auch im Interesse der Bäder liegen. Dennoch werden, laut Vogt, von den Betreibern immer seltener Flächen für den DLRG und andere bereit gestellt. Es gebe das Kooperationsmodell, bei dem Schwimmvereine umsonst ins Bad dürften und als Gegenleistung dafür Schwimmaufsichts-Personal stellten. Daneben gebe es aber auch Modelle, bei denen der normale Eintritt gezahlt werde, dann aber eine Bahn zum Trainieren reserviert sei. Offenbar werden solche Modelle aber immer weniger angewendet.
Ein Schwimmbad ist eine teure Angelegenheit
"Nur eine ganz geringe Anzahl von Bädern kann ihre Kosten decken", sagt Lutz Thieme, Sportwissenschaftler an der Hochschule Koblenz. Er forscht zur Bäderlandschaft in Deutschland. Auf die Frage, ob Betreiber von Schwimmbädern sich möglicherweise selbst ein Bein stellen, wenn sie den Vereinen keine Schwimmflächen zur Verfügung stellen, weil dadurch auch keine potenziellen Schwimmaufsichten ausgebildet werden können, sagt Thieme: "Rheinland-Pfalz ist nicht gesegnet mit Schwimmflächen und von daher ist es für die Betreiber immer eine Abwägungsentscheidung." Wichtig für die Bäder sei, dass kein zu großes Betriebskostendefizit entstehe. Das müsse dann von den Kommunen ausgeglichen werden.
Zahlende Kundschaft vs. Schwimmvereine
Wer mache die Kassen voll? Das sei die zahlende Bevölkerung, nicht die Schulen oder die Vereine, so Thieme. Er glaubt hingegen auch, dass den Betreibern bewusst sei, dass sie Wasserflächen für die Ausbildung von Rettungsschwimmern zur Verfügung stellen sollten. "Ob die Entscheidung darüber, wie viel Schwimmzeit wer bekommt, dann schlussendlich für alle Seiten in einer sichtbaren und verträglichen Balance ist, ist fraglich."
Keine einfach Lösung in Sicht
Wenn jeder seine Schwimmzeiten bekommt, haben wir also mehr Rettungsschwimmer? Das hält Thieme für eine zu einfache Rechnung. Da würden noch ganz viele andere Faktoren eine Rolle spielen: Wie verbringe ich meine Freizeit? Möchte ich nach der Ausbildung zum Rettungsschwimmer wirklich regelmäßig Aufsicht machen? Mich auch weiterbilden und fit bleiben? Möchte ich die Verantwortung, die mit der Tätigkeit einhergeht, tragen? Der geforderte Einsatz sei seiner Einschätzung nach größer als in vergleichbaren Ämtern, schließt der Sportwissenschaftler.
Letztlich gehe es auch nicht nur um fehlende Rettungsschwimmer. Ein Bad könne nur betrieben werden, wenn auch genügend ausgebildete Fachangestellte da seien. Die sinkenden Ausbildungszahlen führt Thieme auf zwei Faktoren zurück: Zum einen auf fehlendes Wissen über den Beruf und zum anderen auf das allgemein nachlassende Interesse an Ausbildungsberufen, vor allem auch im Handwerk.