Der Schausteller Georg Spreuer ist traditionell ein fester Bestandteil des Mainzer Weihnachtsmarkts. Sein Großvater hat diesen Markt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen - und auch Georg Spreuer hatte viele Jahre hier seine Stände.
Aber in der Corona-Krise sei ihm sein gesamtes Personal abhandengekommen, erzählt Spreuer: "Man sieht, dass sich viele umorientiert haben, die sind in den Supermarkt an die Kasse gegangen oder in den Sicherheitsdienst."
Zwanzig Mitarbeiter hatte Spreuer früher auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt, jetzt aber finde er keine geeigneten Leute mehr. "Wir müssen jeden Mitarbeiter erstmal anlernen, der muss auf die speziellen Dinge reagieren können, die der Markt so mitbringt, und das kann man nur über die Zeit liefern", sagt Spreuer. "Und wenn ihnen die Mitarbeiter wegbrechen, dann können sie die nicht so einfach wieder ersetzen."
Personal aus Rumänien
Ebenfalls auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt betreibt der Onkel von Georg Spreuer, Manfred Spreuer, einen Imbissstand. Auch er weiß wie es ist, wenn Personal fehlt, an seinem Stand aber kocht und brutzelt jede Menge Personal - dank einer glücklichen Fügung: "Ich habe das seltene Glück, dass meine Schwiegertochter in Rumänien ist. Und unsere Mitarbeiter sind zu 90 Prozent aus Rumänien", sagt der Onkel.
Das seien alles Bekannte und Freunde aus dem Ort, aus dem seine Schwiegertochter komme, erklärt Spreuer. "Die arbeiten in der Saison beim Spargelbauern, das heißt die können schon deutsch, das ist dann für uns ein Vorteil." Und im Winter, "wenn die beim Bauern keine Arbeit haben, kommen die hierher arbeiten".
Auch Busfahrer werden händeringend gesucht
Ähnlich wie den Marktbetreibern geht es den Verkehrsunternehmen. Auch Geschäftsführer Uwe Hiltmann von der Kommunalverkehr Rhein-Nahe GmbH (KRN) in Mainz plagen Personalnöte - denn die gesamte Busbranche in Deutschland sucht händeringend Fahrer. "Es ist in den letzten Jahren wenig an jungen Leuten in die Branche gekommen, das ist sicherlich auch ein Thema, wo man ganz selbstkritische sagen muss, dass wir insgesamt als Branche zu wenig ausgebildet haben", sagt Hildmann.
KRN-Flottenmanager Johannes Koffas, der schon lange im Geschäft ist, zeigt sich nicht verwundert darüber, dass nur so wenige Menschen Busfahrer werden wollen: "Der Job selbst ist ja nicht gerade einfach", sagt Koffas. Denn hinterm Lenkrad seien Stress und Zeitdruck auf der Tagesordnung. "Das geht auch gesundheitlich an die Substanz - der Rücken, die Knie, der Magen."
Und auch die Bezahlung für die Busfahrer sei nicht die beste, beklagt Koffas. Das will Geschäftsführer Hiltmann aber so nicht stehen lassen: "Wenn Sie sich den Lohnzettel angucken von einem Fahrer mit Schicht-Zuschlägen, der geht monatlich mit 3.000 Euro brutto vom Hof.“ Das sei zwar aus dem individuellen Blick heraus immer zu wenig, so Hiltmann. "Aber im Vergleich zu anderen gewerblichen Berufen ist das nicht der Punkt."
Zehn Prozent der Fahrer aus dem Ausland
Etwa zehn Prozent der Fahrer beim Kommunalverkehr Rhein-Nahe seien Fachkräfte aus dem Ausland, sagt Hiltmann. Mehr gehe kaum, weil ausländische Qualifikationen in Deutschland oft nur schwer anerkannt würden.
"Wir haben auch ukrainische Bewerber, die hier vor Ort sind, die auch schon sehr gut vorangekommen sind mit der Sprachausbildung, die viele Jahrzehnte auch schon Bus gefahren sind in der Ukraine, die ich gerne einsetzen würde“ - mit den Behörden gebe es aber noch Probleme bei der Anerkennung der Führerscheine. Da wünsche er sich ein bisschen mehr Flexibilität und ein bisschen mehr Schnelligkeit, betont Hiltmann. Das sei viel wichtiger als ein neues Einbürgerungsgesetz, wie es die Bundesregierung jetzt vorschlägt.
Sprache ganz wichtig
Auch Imbissbetreiber Spreuer sagt, dass das geplante Einbürgerungsrecht ihm erstmal nicht weiterhelfe, um Fachkräfte zu gewinnen. "Selbst ein Koch muss die speziellen Anforderungen erstmal erlernen, dafür muss man kommunizieren können, da ist die Sprache ganz wichtig“, sagt Spreuer. Einen Vorteil der geplanten Neuregelung zur Einbürgerung sehe er eher langfristig, "kurzfristig ist das kein Vorteil".
Die Personalnot bedeutet für Georg Spreuer, dass er den Mainzer Weihnachtsmarkt verlassen musste. Zu seinem Glück hat er noch ein Standbein auf dem Weihnachtsmarkt in Wiesbaden - und für einen Markt, sagt er, reiche sein Personal aus.