Ein Wohnmobil steht auf dem Stellplatz in Ober-Hilbersheim. (Foto: SWR)

Keine Übernachtungsdaten gemeldet

Streit um Wohnmobil-Stellplatz: Ober-Hilbersheim prüft rechtliche Schritte

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Alexander Dietz
Alexander Dietz ist Reporter im SWR Studio Mainz. (Foto: SWR)
Leo Colic

Weil die Gemeinde Ober-Hilbersheim (Kreis Mainz-Bingen) keine Übernachtungsdaten für den Wohnmobil-Stellplatz liefern kann, soll sie Bußgelder zahlen. Jetzt will sich die Gemeinde einen rechtlichen Beistand holen.

Der Wohnmobil-Stellplatz im kleinen Örtchen Ober-Hilbersheim liegt direkt an einem Tennisplatz und kann ohne Anmeldung gegen eine Spende genutzt werden. 40 Stellplätze gibt es hier - eine Schranke oder Umzäunung allerdings nicht und das ist für die Gemeinde zu einem Problem geworden.

Das Beherbergungsstatistikgesetz des Bundes sieht nämlich vor, dass auch Betreiber von Campingplätzen mit mindestens zehn Stellplätzen erheben müssen, wie viele Gäste dort übernachten und ob sie aus anderen Ländern stammen.

Ich habe diese Daten einfach nicht!

Diese Daten habe die Ortsgemeinde aber nicht, sagt Heiko Bieser (parteilos), der seit Sommer 2022 Bürgermeister von Ober-Hilbersheim ist. "In meinem ersten Monat im Amt habe ich Angaben gemacht und habe beim Eingeben gemerkt, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, was ich eingebe." Zu diesem Zeitpunkt sei er sogar noch relativ häufig auf dem Stellplatz gewesen.

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Bieser habe dann direkt das zuständige Statistische Landesamt kontaktiert und sein Problem geschildert: "Ich muss die Daten eingeben - vollständig und wahrheitsgemäß. Auf der anderen Seite kann ich es aber nicht. Ich habe die Daten einfach nicht."

Ober-Hilbersheim soll mehrere hundert Euro Bußgeld zahlen

Vom Statistischen Landesamt habe er dann aber nur mehrere Mahnschreiben bekommen, die Daten abzugeben. Außerdem sei gegen ihn - für jeden Monat, in dem er die Übernachtungsdaten nicht abgegeben hat - ein Bußgeld in Höhe von 124 Euro verhängt worden.

Um die Daten allerdings realistisch zu erfassen, müsste Bieser nach eigenen Angaben mehrmals in der Woche selbst auf den Stellplatz kommen und mit den Gästen dort sprechen. "Das wäre schon ein echt großer Aufwand." Eine Schranke sei für die Gemeinde aber auch nicht rentabel und auch nicht umsetzbar, erklärt Bieser, weil die Zufahrt zum Tennisplatz über den Wohnmobil-Stellplatz führt.

Andere Kommunen "schummeln" bei der Wohnmobile-Statistik

Von anderen Kommunen habe der Bürgermeister gehört, dass sie einfach irgendwelche Zahlen in die Statistik eingeben, um ihre Ruhe zu haben. Für ihn selbst kommt das aber nicht in Frage: "Es ist eine statistische Eingabe, die völlig falsch ist. Dann kann ich es auch sein lassen."

Statistisches Landesamt: Ansonsten keine Probleme mit Stellplatz-Daten

Das Statistische Landesamt teilte auf SWR-Anfrage mit, dass die Übernachtungszahlen vielen Akteuren im Bereich Tourismus als Grundlage für ihre Entscheidungen diene. Und dabei komme es auf möglichst kleinräumige Ergebnisse an, heißt es in der Stellungnahme. "Diese lassen sich mit Stichproben in der Regel nicht ermitteln."

Man habe auch gar kein Interesse daran, Bußgelder zu verhängen. Das sei aber nötig, wenn sich eine Gemeinde wie beispielsweise Ober-Hilbersheim weigere, die Daten zu liefern. Ober-Hilbersheim sei der einzige Fall dieser Art. Sonst würden alle Betreiber von Wohnmobil-Stellplätzen ihre Daten liefern.

Bußgelder gegen Ober-Hilbersheim ausgesetzt

Die Bußgelder gegen den Ober-Hilbersheimer Bürgermeister Bieser sind mittlerweile ausgesetzt worden, weil dieser laut Landesamt angestoßen hat, dass das ganze Vorgehen rechtlich überprüft wird. Bieser hat nach eigenen Angaben auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Michael Ebling (beide SPD) über sein Problem informiert.

Ober-Hilbersheim will sich jetzt auch einen rechtlichen Beistand holen

Am Donnerstagabend war der Streit mit dem Statistischen Landesamt auch nochmal im Thema im Gemeinderat. Laut Bürgermeister Bieser wurde auch darüber gesprochen, ob der Stellplatz deshalb möglicherweise geschlossen werden muss. Der Rat habe aber beschlossen, dass der Stellplatz weiterhin geöffnet bleibt. Stattdessen will die Gemeinde die Meinung einer Anwältin oder eines Anwalts einholen und gegen die Bescheide oder das Gesetz möglicherweise rechtlich vorgehen.

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