Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich auch in Deutschland bemerkbar gemacht: In Deutschland sind Gas und Strom knapp geworden, die Preise dafür sind gestiegen. So sehr, dass die Befürchtung im Raum stand, dass sich das viele Menschen nicht mehr leisten können.
Nothilfe von Bistum und Stadt Mainz
Als Reaktion darauf haben unter anderem die Stadt Mainz und das Bistum Mainz Nothilfefonds eingerichtet. Die Stadt stellte eine Million Euro zur Verfügung, das Bistum 1,2 Millionen Euro. Über Wohlfahrtsverbände wie die Caritas können Menschen, die ihre Strom- oder Gasrechnungen nicht bezahlen können, finanzielle Unterstützung beantragen.
Kaum Geld abgerufen
Doch von dem Geld ist nur ein Bruchteil abgerufen worden, obwohl die Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2022 mittlerweile vorliegen müssten. Bei der Stadt sind nach Angaben einer Sprecherin bislang etwa 64.000 Euro an Hilfen abgerufen worden, das Bistum hat nach eigener Aussage 135.000 Euro an Betroffene überwiesen. Insgesamt ging das Geld an 357 Haushalte.
Menschen fanden andere Lösungen
Auch wenn die große Nachfrage ausgeblieben ist, "ist das kein Indikator, dass es keine Not gab oder gibt", so Antje Kahlheber von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Im vergangenen Jahr haben sich im Vergleich zu 2019 viel mehr Menschen im Zusammenhang mit Strom- und Gaspreisen beraten lassen.
Die Lösung sah aber oft anders aus als der Griff zum Nothilfefonds. "Menschen, die wenig Geld haben, konnten wir an die Sozialbehörden verweisen. Ihnen standen oft Hilfen zu, von denen sie nichts wussten", nennt Kahlheber einen Grund für die geringe Nachfrage nach den Nothilfefonds. Denn bevor ein Fonds in Anspruch genommen werden kann, müssen diese Sozialleistungen in der Regel ausgeschöpft worden sein.
Ein weiteres Problem mit den Fonds sei, dass viele Geldgeber erwarteten, dass der Fall mit einer einmaligen Zahlung erledigt ist. "Das war aber nicht immer gewährleistet", so Kahlheber. Also gab es aus diesem Topf dann kein Geld.
Der Fonds der Stadt Mainz ist außerdem zum Beispiel so eng gefasst, dass nur Geld auszahlt wird, wenn den Menschen konkret eine Stromsperre angedroht worden ist. So lange wollen die meisten aber nicht warten.
Ratenplan von Energieversorgern
Viele Menschen nutzten auch eine sogenannte Abwendungsvereinbarung. Das ist gesetzlich vorgesehener, kostenloser Ratenplan, den die Energieversorger anbieten müssen, um Kunden beispielsweise eine Zahlung zu stunden. Die Verbraucherzentrale findet dieses Mittel besonders hilfreich und kritisiert, dass diese Sonderregelung im April auslaufen soll.
Arme Menschen sparen an Essen und Gesundheit
Das Bistum Mainz erklärt sich die geringe Nachfrage nach seinem Nothilfefonds auch damit, dass Menschen, die arm sind, oft eigene Strategien und Ressourcen entwickeln, um finanzielle Engpässe abzufedern. "Das meist auf Kosten von Ernährung, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe", so Julia Gaschik vom Caritasverband der Diözese Mainz.
Die vielfältigen Lösungsansätze scheinen gegriffen zu haben. Bei den Energieversorgern stapeln sich offenbar keine offenen Rechnungen. Auf SWR-Nachfrage sagte ein Sprecher des Wormser Energieversorgers EWR: "Wir haben keine größeren Ausfälle zu verzeichnen als sonst - auch wegen der Energiepreisbremse der Bundesregierung."
Ewig stehen die Nothilfefonds nicht mehr zur Verfügung. Das Bistum schließt seinen Fonds in dieser Form Ende Juni. Der Fonds der Stadt Mainz kann noch bis Ende des Jahres genutzt werden. Warum dieser Fonds so wenig genutzt wurde, will man dort nicht bewerten.
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