Der Dom in Mainz  (Foto: dpa Bildfunk, M.Weber)

Ein Jahr nach Studie zu sexualisierter Gewalt

43 weitere von Missbrauch Betroffene melden sich beim Bistum Mainz

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Lucretia Gather

Sexueller Missbrauch wurde im Bistum Mainz jahrzehntelang vertuscht. Das war das Ergebnis der Missbrauchsstudie, die vor einem Jahr veröffentlicht wurde. Das hat sich seitdem getan.

43 weitere mutmaßlich Betroffene hätten sich seit der Vorstellung der Missbrauchsstudie im vergangenen Jahr gemeldet, so eine Sprecherin des Bistums Mainz. Auch zwei Täter zeigten sich selbst beim Bistum an. Diese Informationen seien an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet worden.

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In der Mehrheit der Fälle gehe es um Vorwürfe sexualisierter Gewalt durch Priester oder ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter der Kirche. 17 der angezeigten Vorfälle lägen schon mindestens 30 Jahre zurück.

Bistum sieht Aufarbeitung des Missbrauchs als zentrales Themas

Die Veröffentlichung der Studie am 3. März 2023 habe in der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Mainz vieles ins Rollen gebracht, sagt die Bevollmächtigte des Bistums für die Aufarbeitung des Missbrauchs, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth. Die Studie sei damit ein entscheidender Beitrag, "im Bistum eine Kultur der Achtsamkeit zu etablieren".

Der Mainzer Bischof Kohlgraf betont, der Missbrauchsskandal bleibe ein Dauerthema, das noch lange nicht zu Ende sei. Die vor einem Jahr veröffentlichte Studie hatte unter anderem dem langjährigen Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann schwere Fehler und jahrzehntelange Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen.

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Bistum muss Entschädigungen für sexuellen Missbrauch zahlen

Bisher hat das Bistum Mainz nach eigenen Angaben insgesamt rund 1,7 Millionen Euro als Entschädigung an Betroffene von Missbrauch ausgezahlt - für Therapien zusätzlich rund 280.000 Euro. Allein im vergangenen Jahr hätten 23 Menschen neue Anträge auf Leistungen in "Anerkennung des Leids" gestellt. An 13 von ihnen seien in Summe 300.000 Euro ausgezahlt worden.

Woher kommt das Geld für die Betroffenen?

Wie viel Geld die Betroffenen bekommen, wird bundesweit einheitlich durch die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) entschieden. Diese setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die von einem mehrheitlich nicht kirchlichen Gremium vorgeschlagen und von der Deutschen Bischofskonferenz berufen wurden.

Das Geld für die Missbrauchsopfer nimmt das Bistum Mainz nach eigenen Angaben nicht aus Kirchensteuer-Einnahmen, sondern aus einem Fonds, der sich aus Zinseinnahmen der Kirche speist.

Kirchenrechtler: Aufarbeitung des Missbrauchs im Bistum Mainz besser als anderswo

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller, Direktor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität in Münster, findet, dass im Mainzer Bistum ein "Mentalitätswandel" stattgefunden habe. Dieser sei vor allem Bischof Peter Kohlgraf und der Bevollmächtigten des Bistums für die Aufarbeitung des Missbrauchs, Stephanie Rieth, zu verdanken.

"Frau Rieth geht das schwierige und immer belastende Thema mit Sachverstand und Beharrlichkeit an und ist in der Lage, das Leid der Betroffenen auch an sich heranzulassen", findet der Theologe. Bischof Kohlgraf habe das Thema zur "Chefsache" gemacht, "im Unterschied zu seinem übel vertuschenden Vorgänger Kardinal Lehmann".

Auch die Entschädigungsleistungen aus Zinserträgen aus Anlagevermögen des Bistums sieht der Theologe positiv, da das Bistum auf diese Einnahmen bewusst verzichte und sie für die Betroffenen bereitstelle. Im Unterschied etwa zum Bistum Trier sei Mainz "inzwischen auf allen Ebenen der Thematik gut aufgestellt" und behandele das zentrale Thema Missbrauch mit der nötigen Sorgfalt und Überzeugung.

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