Einsatz für Vielfalt, Toleranz und Demokratie

"Omas gegen Rechts" aus Neustadt mit Brückenpreis ausgezeichnet

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Autor/in
Felicitas Reichold

160 Omas kämpfen in Neustadt für eine tolerante, demokratische und gleichberechtigte Gesellschaft - ohne Rechtsextremismus und Rassismus. Für ihr Engagement haben sie am Samstag den Brückenpreis des Landes Rheinland-Pfalz bekommen.

Anfang des Jahres gab es im Neustadter im Casimirianum einen folgenreichen Vortrag: Die "Omas gegen Rechts" aus Kandel stellten ihre Arbeit vor. Eingeladen worden waren sie schon Monate zuvor von Pfarrerin Martina Horak-Werz.

Omas gegen Rechts NeustadtWeinstraße
Die "Omas gegen Rechts" im Gespräch mit Passantinnen bei einer ihrer samstäglichen Mahnwachen gegen Rechtsextremismus

Kurz vor dem Vortrag im Januar war die Correctiv-Recherche zu einem geheimen Treffen Rechtsextremer in Potsdam bekannt geworden, in ganz Deutschland gingen tausende Menschen für die Demokratie auf die Straße. Dementsprechend gut besucht war die Veranstaltung.

Und unter den Zuhörenden war schnell klar: Auch in Neustadt wollen viele etwas gegen den politischen Rechtsruck unternehmen.

"Wir in Neustadt müssen auch was tun"

Eine von ihnen ist Kerstin Neurohr. Sie erzählt, dass an dem Abend viele gesagt haben, "das ist toll, was die in Kandel machen, wir müssen uns auch organisieren, wir müssen auch was tun." Und ihr ging es genauso.

Ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten, mich im Wohnzimmer darüber aufzuregen, ich hatte einfach das Bedürfnis mich dagegen zu engagieren.

160 engagierte Omas und Mitstreiterinnen

Aus anfänglich 30 Mitstreiterinnen und Mitstreitern - zu den Omas gehören nämlich auch Opas, Mütter wie Kerstin Neurohr und andere - sind ein Dreiviertel Jahr später rund 160 geworden. Manche waren vorher noch nie politisch aktiv, andere schon ihr ganzes Leben.

"Ich finde, das ist für eine Kleinstadt wie Neustadt schon richtig, richtig toll", meint Kerstin Neurohr. Grundsätzlich sei die Resonanz bei den samstäglichen Mahnwachen vor allem positiv, erzählt die 47-Jährige: "Oft gehen die Leute vorbei und machen die Daumen hoch, nicken, lachen und signalisieren so Zustimmung."

Sieben Frauen der Gruppe "Omas gegen Rechts" aus Neustadt posieren bei einem Orga-Treffen
Sieben der 160 "Omas" aus Neustadt: Gudrun Dörlich, Ute Cramer, Kerstin Neurohr, Pfarrerin Martina Horak-Werz, Rosalia Michel, Monika Krack und Gabi Stuckenberg (v.l.n.r.)

Trotzdem werde die Arbeit der Omas in Neustadt gebraucht: Viele dort wählen die AfD, manche würden auch rechtsextreme Positionen vertreten.

"Omas gegen Rechts" mahnen vor Gefahren des Rechtsextremismus

Die "Omas gegen Rechts" organisieren in Neustadt regelmäßig Infostände und Mahnwachen, um auf die Gefahren des Rechtsextremismus aufmerksam zu machen. Außerdem besuchen sie regelmäßig die Stadtratssitzungen, in den im Sommer erstmals auch die AfD mit sieben Sitzen eingezogen ist.

Sie gehen gemeinsam zu Demonstrationen und vernetzen sich mit anderen Mitstreiterinnen - in der Region, aber auch landes- und bundesweit.

Die Neustadter "Omas gegen Rechts" demonstrieren im August 2024 in Frankeneck gegen die AfD
Die "Omas gegen Rechts" bei einer Demo gegen die AfD im August 2024 in Frankeneck

Omas kämpfen auch für Frauenrechte

Auch das Thema Frauenrechte bewegt die "Omas gegen rechts". Viele sind auch deswegen dabei, weil sie durch den politischen Rechtsruck einen Roll-Back fürchten. Zum Beispiel Rosalia Michel. Die 77-Jährige war ihr ganzes Leben politisch, feministisch und sozial engagiert. Die Motivation dafür war ihre Tochter. Die sollte nicht mit den Einschränkungen leben müssen, wie sie damals für Frauen üblich waren.

Diese Motivation, so erzählt es Rosalia Michel, ist inzwischen 50 Jahre alt. Als sie beobachtete, dass die Gleichwertigkeit, für die sie und ihre Mitstreiterinnen ihr ganzes Leben gekämpft haben, durch den politischen Rechtsruck wieder in Frage gestellt wird, wusste sie, ihr Engagement kann nicht in Ruhestand gehen: "Das war ein grund nochmal aktiv zu werden."

Buttons mit der Aufschrift "Omas gegen Rechts" und "Oma schickt mich" liegen in herzförmigen Plastikdosen
Sticker und Anstecker für den nächsten Einsatz: Eine Mahnwache zum möglichen AfD-Verbotsverfahren

Brückenpreis für Bürgerschaftliches Engagement

Das Engagement von Rosalia Michel und den anderen "Omas gegen Rechts" wurde nun am Samstag vom Land Rheinland-Pfalz mit dem Brückenpreis ausgezeichnet.

Für die Omas ist das eine große Wertschätzung - und Motivation, sagt Gabi Stuckenberg: "Dieser Preis ist für uns ein neuer Motor, weiterzumachen. Auch jetzt in den kalten Wintermonaten auf die Straße zu gehen und für Demokratie und Vielfalt zu kämpfen. Damit die Bundestagswahlen gut ausgehen für die Demokratie."

Der Preis macht uns stolz und kämpferisch.

Brückenpreis auch für Südpfälzer Projekt "tous ensembles"

Ein Brückenpreis ging auch an das Projekt "tous ensembles" des Vereins "Progress e.V." mit Sitz im südpfälzischen Barbelroth. "Tous ensembles" will Menschen mit Behinderung in die Fußball-Fankultur integrieren, auf Barrieren in deutschen und französischen Fußballstadien aufmerksam machen und Fußballfans mit und ohne Behinderung miteinander vernetzen.

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Felicitas Reichold