Ab Juli soll es keine kostenlosen Bürgertests mehr geben. Stand jetzt. Doch angesichts der anrollenden "Sommerwelle" hat auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) inzwischen Bedenken geäußert.
Sieben-Tage-Inzidenz steigt - auch in RLP
Die Sorge kommt nicht von ungefähr: Die Sieben-Tage-Inzidenz ist zuletzt wieder hochgegangen. Für Deutschland liegt die Zahl der bundesweiten Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bei 488,7 (Stand 22.6.2022). In Rheinland-Pfalz lag die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt bei mehr als 470 (Stand 21.6.).
"Wir verhandeln im Moment über die kostenlosen Bürgertests. Ich persönlich hielte es für richtig, dass wir zumindest für bestimmte Bereiche diese Tests weiter zur Verfügung stellen", sagte Lauterbach im SWR. Wie genau das aussehen könnte, darüber gibt es noch keine offiziellen Angaben.
Herbst-Maßnahmen werden am 1. Juli verkündet
Nach Beratungen der Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern wurde für den 1. Juli eine Sonderkonferenz anberaumt. Erst dann wird klarer sein, mit welchen Maßnahmen Bund und Länder in den Corona-Herbst gehen wollen.
Bis dahin liege ein Gutachten zur Wirksamkeit der Maßnahmen in der vergangenen Winterwelle vor, sagte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Sachsen-Anhalts Ressortchefin Petra Grimm-Benne (SPD), in Magdeburg. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte Einschränkungen bei den kostenlosen Corona-Tests an. Anlasslose Corona-Tests wolle er einschränken, so Lauterbach.
Corona-Tests nur noch für bestimmte Personengruppen?
Möglicherweise können sich künftig dann nur noch gefährdete Personengruppen auf Kosten des Staates testen lassen. Das berichten WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung." Das könnten etwa ältere Menschen oder Patienten mit beeinträchtigtem Immunsystem sein.
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Nach drei Jahren Corona sind alle Regeln außer Kraft, die Zahlen relativ niedrig. Im Vordergrund stehen nun die Folgen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Alle News dazu in unserem Blog.
Die Bundesregierung will die Tests offenbar auch nicht mehr alleine finanzieren. Die Länder sollen die Hälfte der Kosten übernehmen. Mit der Verschwendung von Steuergeld solle Schluss sein, sagte Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Mehr als zehn Milliarden Euro hat der Bund für die kostenlosen Bürgertests inzwischen ausgegeben und dabei vermutlich auch zahlreiche Betrüger finanziert. Bundesweit laufen mehrere hundert Ermittlungsverfahren gegen Betreiber von Testzentren.
Weiter kostenlose Bürgertests? Ministerium sieht Bund in der Pflicht
Das Gesundheitsministerium in Rheinland-Pfalz sieht vorerst keinen Handlungsbedarf. Ob und in welchem Umfang die kostenlosen Corona-Bürgertests weitergeführt werden, obliege der Entscheidung des Bundes, teilte eine Pressesprecherin des Ministeriums dem SWR mit. Einen eigenen Weg werde Rheinland-Pfalz in dieser Frage nicht anstreben. "Das Land wird hier die Aufgabe des Bundes nicht substituieren."
Stich: "Wir brauchen Testmöglichkeiten für Herbst und Winter"
Impfkoordinator Daniel Stich (SPD) sagte dem SWR, man brauche allerdings Testmöglichkeiten für den Herbst und den Winter. Der Expertenrat des Bundes habe dazu eine entsprechende Stellungnahme abgegeben. Wichtig sei es jetzt, wegzukommen vom Massentesten nicht-symptomatischer Personen hin zu einer Möglichkeit, Menschen mit Symptomen systematisch zu testen. Daran sollte sich auch die Test-Strategie des Bundes orientieren.
Schließlich sei das Testen auch immer eine Kostenfrage, so Stich. Im vergangenen Jahr seien in Rheinland-Pfalz 8 Millionen Bügertests gemacht worden, allein in diesem Jahr seien es bereits 26 Millionen Tests gewesen.
Testpflicht in Alten- und Pflegeheimen bleibt
Eine besondere Belastung stellt das Auslaufen der kostenfreien Tests für die Angehörigen von Pflegeheim-Bewohnern dar. In Alten- und Pflegeheimen gilt seit Ende Mai in den meisten Fällen keine Maskenpflicht mehr.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Bereichen des Lebens schreiben aber alle Bundesländer mit Ausnahme von Brandenburg eine Testpflicht für den Besuch im Pflegeheim vor. Besucherinnen und Besuchern drohen somit kostenpflichtige Tests vor jedem Besuch bei ihren Angehörigen.
Protest aus dem Pflegebereich
Gegen das Auslaufen der kostenlosen Corona-Tests regt sich heftiger Widerspruch vor allem aus dem Patienten- und Pflegebereich: Der Sozialverband VdK appelliert an die Bundesregierung, die kostenlosen Bürgertests bis in den Winter zu verlängern. Das fordert auch die Stiftung Patientenschutz: "Es reicht nicht aus, dass der Bundesgesundheitsminister von einer Sommerwelle redet. Damit die steigenden Infektionszahlen sich nicht zu einem Tsunami für Pflegebedürftige und Schwerstkranke entwickeln, muss Karl Lauterbach jetzt gegensteuern", forderte Vorstand Eugen Brysch.
Mit einem Ende der kostenlosen Tests würde die Vorfeldbeobachtung in der Pandemie abgeschaltet. Brysch nannte Bürgertests die "Einflugschneise für eine faktenbasierte Pandemiebekämpfung".