Zerstörte Weinberge nach dem Hochwasser an der Ahr (Foto: SWR)

Winzer sollen entschädigt werden

Hochwasserschutz: Weinbau am Ufer der Ahr größtenteils verboten

Stand

Viele Winzer im Ahrtal hatten es lange befürchtet - jetzt haben sie Gewissheit: Im Uferbereich der Ahr dürfen insgesamt zehn Hektar Weinanbaufläche nicht mehr bewirtschaftet werden.

Grund für das Verbot sei der Hochwasserschutz, erklärten Vertreter mehrerer Behörden auf einer Informationsveranstaltung des Weinbauverbandes Ahr in Dernau. Mit welcher Summe die Grundstückseigentümer entschädigt werden, ist noch unklar.

Die Landkarten, auf denen die Flächen eingezeichnet waren, die künftig wegfallen, waren vor Beginn der Veranstaltung dicht umlagert. Rund 100 Winzer und ihre Angehörigen aus Dernau, Rech und Mayschoß waren gekommen, um zu schauen, ob ihre Grundstücke pinkfarben markiert sind. Pink auf der Landkarte bedeutet: Hier dürfen künftig keine Reben mehr stehen.

Großes Interesse an Informationsveranstaltung des Weinbauverbandes Ahr in Dernau (Foto: SWR)
Etwa 100 Winzer sind zur Veranstaltung des Weinbauverbandes Ahr in Dernau gekommen, um sich darüber zu informieren, wie es mit den Rebflächen direkt an der Ahr weitergeht.

Weinreben am Ahr-Ufer hindern Wasser am Abfließen

Dirk Wollersheim aus Dernau ist einer der Betroffenen. Für ihn war es keine Überraschung, dass Parzellen von ihm dabei sind. "Ich kann auf den Anbau auf diesen Flächen gerne verzichten, wenn es der Allgemeinheit dient. Wenn es den Menschen in den Orten etwas bringt."

Das tut es auf jeden Fall, erklärte Joachim Gerke, der die Abteilung Wasserwirtschaft bei der Aufsichtsbehörde SGD Nord leitet. Rebzeilen direkt am Ahr-Ufer hemmten den Abfluss des Wassers bei Überschwemmungen. Deshalb müssten die zehn Hektar aufgegeben werden.

"Der Anbau von Wein an der Ahr wird dadurch unwirtschaftlicher."

Rebzeilen müssen um 90 Grad gedreht werden

Weitere rund sieben Hektar werden komplett umgestaltet. Die Weinbergzeilen müssen um 90 Grad gedreht werden, dürfen also nicht mehr quer zum Fluss stehen, sondern in Längsrichtung, damit die über die Ufer getretene Ahr nicht gestaut wird. "An der Mosel hat sich dieses Verfahren bewährt", berichtete Joachim Gerke.

Die Rebzeilen in Längsrichtung dürfen außerdem nicht mehr so eng stehen. Bisher pflanzten die Winzer die Rebstock-Zeilen in einem Abstand von 1,80 Meter. Künftig muss der Platz zwischen den Zeilen 2,20 Meter betragen. "Dadurch kann man allerdings pro Hektar rund 1.000 Reben weniger pflanzen", gab ein Winzer auf der Versammlung in Dernau zu bedenken. "Der Anbau von Wein an der Ahr wird dadurch unwirtschaftlicher."

Großes Interesse an Informationsveranstaltung des Weinbauverbandes Ahr in Dernau (Foto: SWR)
Wo dürfen wieder Reben angepflanzt werden und wo nicht? Karten zeigen, wie sich das Weinbaugebiet an der Ahr nach der Flutkatastrophe verändern soll.

"Ich möchte damit nicht reich werden. Aber ich erwarte eine angemessene Entschädigung."

Unklar ist, mit welcher Summe die Winzer entschädigt werden. Dirk Wollersheim aus Dernau, der mehrere Weinberge aufgeben muss, sagt: "Die Fläche haben wir irgendwann mal gekauft, um damit Geld verdienen zu können. Die ist dann ersatzlos weg. Ich möchte damit nicht reich werden. Aber ich erwarte eine angemessene Entschädigung."

Landesregierung sucht nach Lösung

In den vergangenen Wochen kursierten im Ahrtal Gerüchte, für aufgegebene Weinberge bekämen die Winzer nur 50 Cent pro Quadratmeter. Für den Kauf neuer Fläche werden im Ahrtal zwischen 12 und 23 Euro pro Quadratmeter verlangt

Christoph Platen vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Mayen versuchte die Winzer zu beruhigen. Er wisse, dass die Landregierung nach einer Lösung suche. "Vergangenen Montag haben in Mainz Staatssekretäre mehrerer Ministerien beraten", berichtete er.

Winzer sollen für Mehrkosten entschädigt werden

Außerdem wies Platen auf die Entschädigungen aus dem Wiederaufbaufonds hin. Winzer, die für aufzugebene Flächen nur einen geringen Betrag bekämen und neues Land zu einem höheren Preis kaufen müssten, könnten die Differenz beim Wiederaufbaufonds geltend machen und sich entschädigen lassen.

"Stimmt das wirklich, wissen Sie das genau?", fragte ein Winzer skeptisch. Bei Wohnbauflächen sei das so, sagte Platen. Er gehe davon aus, dass das auch beim Weinbau gelte. Der Experte musste aber einräumen, dass das eine Vermutung sei.

"Alle bemühen sich redlich. Weil die Leute sehen, dass hier wirklich Hilfe nötig ist."

Der Präsident der Weinbauverbandes Ahr, Hubert Pauly, ist optimistisch, dass es für alle betroffenen Winzer eine zufriedenstellende Lösung gefunden wird. "Das Ministerium hat es uns versprochen", sagte Pauly dem SWR. "Alle bemühen sich redlich. Weil die Leute sehen, dass hier wirklich Hilfe nötig ist."

Beschleunigtes Verfahren: 2023 könnte Reben neu gepflanzt werden

Für die Weinanbauflächen, deren Rebzeilen künftig in Längsrichtung ausgerichtet werden, hat das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum ein beschleunigtes Flurbereinigungsverfahren gestartet. Schon im nächsten Winter solle feststehen, welchem Winzer künftig welche Parzellen gehören und wo die Wege verlaufen, sagte Christoph Platen vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum. "Dann können im Frühjahr 2023 die Reben gepflanzt werden", versprach er.

Durch den Wegfall der zehn Hektar Weinberge verliert das Anbaugebiet Ahr zwei Prozent seiner Fläche. Weitere zehn bis fünfzehn Prozent würden in absehbarer Zeit frei, weil Winzer altersbedingt aufhören und keine Nachfolger haben, berichtete ein Teilnehmer der Veranstaltung in Dernau. Parzellen kämen dann auf den Markt und könnten von Winzern gekauft und künftig bewirtschaftet werden, die jetzt wegen des Hochwasserschutzes ihre Fläche im Uferbereich der Ahr verlieren.

Heimersheim

"Trinken für den Wiederaufbau" Spendenaktion: Getränkehändler aus Heimersheim verkauft Flutbier

Es ist eine etwas andere Spendenaktion: Getränkehändler Michael Juchem aus Heimersheim hat 75.000 Flaschen Bier brauen lassen und verkauft es unter dem Motto: "Trinken für den Wiederaufbau" als Flutbier.

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