Der Angeklagte (2.v.r), dem vorgeworfen wird, 1991 einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis verübt zu haben, steht zu Prozessbeginn zwischen seinen Anwälten. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Thomas Frey)

Mordprozess am Oberlandesgericht Koblenz

Anschlag auf Asylbewerberheim 1991: Fast sieben Jahre Jugendhaft verhängt

Stand

Im Prozess um einen tödlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim 1991 in Saarlouis ist der Angeklagte zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt worden.

Die Verurteilung erfolgte nach Jugendstrafrecht, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt erst 20 Jahre alt war. Damit lag die Höchststrafe in diesem Prozess bei zehn Jahren. Verurteilt wurde der heute 52-Jährige unter anderem wegen Mordes, versuchten Mordes in mehreren Fällen und besonders schwerer Brandstiftung.

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Brandanschlag auf Asylbewerberheim war heimtückisch

Laut Gericht habe S. heimtückisch, mit einem gemeingefährlichen Mittel – nämlich mit Benzin – und aus einem besonders verachtenswerten Motiv getötet. Er habe aus Ausländerhass im September 1991 das Feuer in der Saarlouiser Asylbewerberunterkunft gelegt und dabei den Tod der meist schlafenden Bewohner billigend in Kauf genommen.

Zum Gedenken an den ermordeten Samuel Kofi Yeboah eine Gedenktafel, durch Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis kam er ums Leben. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Harald Tittel)
Eine Gedenkschrift erinnert Samuel Kofi Yeboah, der durch den Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim 1991 ums Leben kam.

OLG-Richter: Angeklagter hatte mit seiner Tat geprahlt

Der Vorsitzende Richter sagte in der Urteilsbegründung, der Angeklagte habe selbst den Hinweis auf seine Tat gegeben. Der heute 52-Jährige habe 2007 auf einer Grillparty damit geprahlt, nie erwischt worden zu sein. Eine Zeugin erstattete daraufhin Jahre später Anzeige. So waren die Ermittlungen rund um den Brandanschlag auf das Asylbewerberheim 1991 wieder ins Rollen gekommen.

Laut Richter war der jetzt Verurteilte davon ausgegangen, dass die Skinhead-Szene in Saarlouis "zusammen und dicht halten" würde.

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Urteil im Yeboah-Fall hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft

Die Anklage hatte Ende September neun Jahre und sechs Monate Haft gefordert. Die Verteidigung hatte hingegen gefordert, den Mann nur wegen Beihilfe zum Mord zu verurteilen. Er hatte im Prozess ausgesagt, bei dem Brand dabei gewesen zu sein, das Feuer habe aber ein damaliger Bekannter gelegt.

Samuel Yeboah starb an Verbrennungen und an einer Rauchgasvergiftung

Im Treppenhaus soll der damals 20-Jährige Benzin verschüttet und angezündet haben. Im Flur des Dachgeschosses erfasste das Feuer den 27 Jahre alten Samuel Yeboah aus dem westafrikanischen Ghana. Er starb an Verbrennungen und einer Rauchvergiftung. Zwei weitere Bewohner konnten sich nur durch Sprünge aus dem Fenster retten, wobei sie sich Knochen brachen. Die übrigen 18 Bewohner konnten sich unverletzt in Sicherheit bringen.

Wohnungsdurchsuchung 2021 wegen Brandanschlag in Saarlouis 1991

Nach dem Anschlag blieben die Ermittlungen zunächst ohne Erfolg und wurden eingestellt. Der Fall galt als bekanntester ungelöster extremistischer Mordfall Deutschlands. Erst vor rund drei Jahren wurden die Ermittlungen wegen neuer Erkenntnisse wieder aufgenommen, die Bundesanwaltschaft übernahm den Fall. Im Januar 2021 wurden die Wohnung und der Arbeitsplatz von S. durchsucht. Anfang April 2022 folgte die Festnahme, seit November 2022 stand er vor dem Oberlandesgericht Koblenz.

Die ursprünglichen Ermittlungen hatte die saarländische Polizei vor rund 30 Jahren zunächst eingestellt - und sich später für Defizite ihrer Arbeit entschuldigt.

38 Verhandlungstage vor dem Oberlandesgericht Koblenz

Der Prozess nahm seitdem mehrere Wendungen. Im März bot das Gericht S. einen Deal an. Zwischen den Prozessbeteiligten fand ein Verständigungsgespräch statt. Dabei ging es um eine Absprache für einen Strafrahmen bei einem "qualifizierten" Geständnis. Der Deal platzte wenige Wochen später.

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Durch eine Verständigung zwischen den Beteiligten hätte der Prozess gekürzt werden können. S. gestand später, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein. Jedoch beschuldigte er einen Dritten, den Brand gelegt zu haben. Dieser habe den Brandbeschleuniger besorgt und im Treppenhaus ausgegossen. Nach einer kurzen Unterbrechung seien beide an den Tatort zurückgekehrt. Der ehemalige Kamerad von S. habe das Benzin entzündet. Anschließend seien beide in unterschiedliche Richtungen davon gelaufen.

Weitere Ermittlungen wegen Brandanschlags auf Asylbewerberwohnheim

Zu einer überraschenden Wendung kam es im Juni, als ein weiterer Verdächtiger in dem Fall festgenommen wurde. Die Bundesanwaltschaft wirft Peter St. Beihilfe zum Mord und Beihilfe zum versuchten Mord in 20 Fällen vor. Bei ihm handelt es sich nicht um den ehemaligen Kameraden, den S. in seinem Geständnis beschuldigte. St. soll den Haupttäter S. in seinem Vorhaben beeinflusst und bestärkt haben.

St. soll zum damaligen Zeitpunkt eine herausragende Rolle in der regionalen Skinheadszene gespielt haben. Er habe in einem Gespräch verdeutlicht, dass er eine Begehung eines Anschlags auf ein Flüchtlingsheim wie in Ostdeutschland auch in Saarlouis gut heiße. Davon soll S. bestärkt worden sein.

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