Coronafolgen im Norden von Rheinland-Pfalz

Massiver Personalmangel: Gastronomen finden keine Mitarbeiter

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Nada Fiebes
Bild von Autorin Nada Fiebes aus dem SWR Aktuell Studio Koblenz unterwegs als Reporterin in Bad Neuenahr-Ahrweiler. (Foto: SWR)

"Geschlossen wegen Personalmangels" - vor Corona war das die Ausnahme, jetzt ist es oft Alltag: Viele Gastronomiebetriebe im Norden von Rheinland-Pfalz suchen händeringend Mitarbeiter.

Die Mittagskarte hat Gülcan Rückert inzwischen komplett gestrichen. Das Hotel Restaurant Rückert in Nistertal im Westerwaldkreis öffnet erst abends. Wenn dann kaum noch Getränke bestellt werden, läutet die Gastronomin zügig die letzte Runde ein. "Anders schaffen wir das personell einfach nicht mehr," erzählt sie. An Veranstaltungen, Stammtische oder Tagungen sei wegen des Personalmangels gar nicht mehr zu denken. "Corona hat uns alles kaputt gemacht. Keiner will mehr in dem Job arbeiten."

Fünf Festanstellungen bietet das Restaurant aktuell auf seiner Homepage an, unter anderem im Service, als Küchenhilfe oder auch als Koch oder Köchin. "Gemeldet hat sich darauf aber noch niemand", bedauert die Gastronomin aus dem Westerwald. Dabei habe sie die Anzeigen in verschiedenen Medien veröffentlicht und auch über Social Media geteilt.

"Corona hat uns alles kaputt gemacht. Keiner will mehr in dem Job arbeiten."

Auch Personaldienstleister sind an ihren Grenzen

Ähnliches berichtet auch Heinz Hürter von Buhl Personal in Koblenz. Die Zeitarbeitsfirma ist darauf spezialisiert, Personal an Gastronomen und Hotels zu vermitteln. Die Lage sei extrem schwierig, im Moment könne man nur auf ein Drittel des Personals zurückgreifen im Vergleich zu vor Corona. Pro Tag kämen aber drei bis fünf Anfragen nach Verstärkung von Hotels und Gaststätten. Fast alle müsse er absagen, sagt Hürter. Das Personal, das die Firma vermittle, sei bereits bis in den Herbst ausgebucht.

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Zudem gebe es kaum neue Bewerberinnen oder Bewerber, so Hürter. Bei sieben vereinbarten Bewerbungsgesprächen würde meist nur eine Kandidatin oder ein Kandidat auftauchen. Versucht habe es die Firma schon über sämtliche Kanäle und auch beim Arbeitsamt. Auch Studierende, die früher oft und gerne in der Gastronomie gejobbt hätten, seien seit Corona nicht mehr interessiert.

Viele Branchen sind betroffen

Eine Frage, die in den Gesprächen mit den Gastronomen immer wieder auftaucht: "Wo sind die Leute alle hin?" Das fragt sich auch Hans-Joachim Mehlhorn. Er ist Inhaber von Diehl’s Hotel in Koblenz und Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) im Kreisverband Mayen-Koblenz. "Corona war wie ein Brennglas. Es hat die Probleme, die schon da waren, extrem verstärkt."

Die Lage sei sehr angespannt. Viele Betriebe hätten aktuell die Möglichkeit, mehr Umsatz zu machen. Sie hätten dafür aber wegen des Fachkräftemangels schlicht kein Personal.

"Corona war wie ein Brennglas. Es hat die Probleme, die schon da waren, extrem verstärkt."

Ukrainische Arbeitskräfte sind meist keine Alternative

Auch die kurzzeitige Hoffnung der Gastronomen, dass Geflüchtete aus der Ukraine Arbeit suchen und den Personalmangel abmildern könnten, sei nur ein Strohfeuer gewesen, sagt Mehlhorn weiter. Dabei scheitere es meist an ganz selbstverständlichen Dingen, wie beispielsweise der Kinderbetreuung.

Diese Erfahrung hat auch Gülcan Rückert im Westerwald gemacht: Die meisten Geflüchteten seien Frauen mit Kindern - und die könnten nicht einfach bis spät abends kellnern oder in einer Restaurantküche stehen. Das Arbeiten in der Gastronomie müsse sich für Fachkräfte einfach wieder lohnen, vor allem finanziell, wünscht sie sich.

Gastronomen rund um Koblenz fordern Hilfe von der Politik

Auch der Koblenzer Hotelier Mehlhorn sieht die Politik in der Verantwortung: Es müsse vor allem Sicherheiten geben. Viele der ehemaligen Mitarbeitenden in der Gastronomie würden nicht zurückkehren, weil sie Angst vor erneuter Kurzarbeit oder Schließungen hätten. Die Politik müsse dafür sorgen, dass es nicht erneut zu einem solchen Lockdown der Betriebe komme. Und wenn, dann müsse für einen hundertprozentigen finanziellen Ausgleich gesorgt werden.

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