Der Sitzungssaal im Landgericht Kaiserslautern ist am Dienstagmorgen bis auf den letzten Zuschauerplatz besetzt. Das Interesse am Prozess zu den mutmaßlichen Polizistenmorden von Kusel ist riesig. Die Verhandlung beginnt etwas später, da der Verteidiger des 33-jährigen Mitangeklagten noch etwas an der Sitzordnung auszusetzen hat.
Hauptangeklagter kommt in Handschellen ins Landgericht Kaiserslautern
In Handschellen kommt der Hauptangeklagte in den Saal. Im Gesicht eine FFP2-Maske, in der Hand einen dicken Ordner, geht er zum Tisch. Er trägt ein graues Hemd, eine rote Hose und darf zum Verhandlungsbeginn die Handschellen ablegen. Der angeklagte 33-Jährige ist da schon länger im Saal. Er hat einen schwarzen Pullover an, Jeans und Turnschuhe. Der 33-Jährige steht vor Beginn des Prozesses hinter den Stühlen und berät sich mit seinem Anwalt. Er hält die Hände hinter dem Rücken verschränkt und wirkt an allem etwas unbeteiligt.
Anklage zum mutmaßlichen Polizistenmord wird verlesen
Zum Beginn des Prozesses verliest die Staatsanwaltschaft die Anklage: Dem Hauptangeklagten werden zweifacher Mord, versuchter Mord, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gewerbsmäßige Jagdwilderei vorgeworfen. Der 33-Jährige ist wegen gewerbsmäßiger Jagdwilderei und der Vereitelung von Straftaten angeklagt.

Die Angeklagten sollen laut Anklage mit einem Kastenwagen, der zum Transport von Wildtieren umgebaut war, im Kreis Kusel umhergefahren sein, um dort Dam- und Schwarzwild zu jagen. Das Wild wollten sie im saarländischen Sulzbach weiter verarbeiten und verkaufen. Der 39-Jährige habe dabei mehrere Waffen mit sich geführt, die zum Teil mit Wärmebildkamera ausgerüstet waren.

Der Mitangeklagte habe die Tiere aufspüren und nach dem Erlegen verladen sollen. In der Tatnacht sollen die beiden insgesamt 22 Wildtiere getötet haben. Der Mitangeklagte soll für jedes erlegte Tier eine Prämie von zehn Euro erhalten haben. Beide hätten davon einen wesentlichen Teil ihres Lebensunterhaltes bestritten.
Staatsanwaltschaft: Hauptangeklagter schießt Polizistin in Kopf
Kurz nach 4 Uhr gerieten sie laut Staatsanwaltschaft bei Ulmet in eine Polizeikontrolle. Die Polizeianwärterin soll die Personalien überprüft haben, während ihr Kollege zum Auto zurückgegangen sein soll, um einen ersten Funkspruch abzusetzen. Unter einem Vorwand habe der Hauptangeklagte sich zur Fahrertür gedreht und dort eine Schrotflinte genommen und der jungen Polizistin in den Kopf geschossen. Ihr Kollege hatte bereits einen Notruf abgesetzt, als er am Gesäß großflächig von den Schrotkugeln getroffen wurde.
Danach soll der Angeklagte zum Jagdgewehr gegriffen haben. Mit diesem soll er drei Schüsse auf den flüchtenden Polizisten abgegeben haben, mit denen er ihn tödlich im Brust-, Bauch- und Kopfbereich traf. Sein Komplize habe sich in Deckung begeben und soll anschließend vom 39-Jährigen aufgefordert worden sein, nach den Ausweispapieren zu suchen. Währenddessen soll der Hauptangeklagte den Transporter gewendet haben. Als er wieder am Tatort eintraf, soll er die junge Polizistin auf den Rücken gedreht und bemerkt haben, dass sie noch lebte. Dann soll er ihr mit der Schrotflinte aus kurzer Distanz ins Gesicht geschossen haben.
Erklärung des Verteidigers des Hauptangeklagten
Nachdem die Staatsanwaltschaft die Anklage vorgetragen hat, gibt der Verteidiger eine Erklärung im Namen des Hauptangeklagten ab. Darin geht es unter anderem darum, wie der 39-jährige Hauptangeklagte den 33-jährigen Mitangeklagten kennengelernt hatte. Außerdem sollen die beiden im Kreis Kusel früher "halblegal" gejagt haben, mit Einverständnis des Jagdpächters. Erst im November sollen sie den Entschluss zur Wilderei gefasst haben. Der Hauptangeklagte blickt während der Erklärung auf seine gefalteten Hände und wirkt äußerlich ruhig.
39-Jähriger will die tödlichen Schüsse nicht abgegeben haben
Den Tatablauf schildert der Verteidiger in seiner Erklärung wie folgt: Beide hätten bei ihrer Jagd eine Pause gemacht, dann sei das Zivilfahrzeug mit den Polizisten erschienen. Der Hauptangeklagte habe seine Tür nicht öffnen können, weil das Auto der Polizisten zu nah an seinem Wagen stand. Als er im Handschuhfach nach seinen Papieren gesucht habe, habe er zwei Schüsse gehört. Eine Person sei vor dem Fahrzeug zu Boden gefallen und es sei mehrmals geschossen worden.
Hauptangeklagter belastet Mitangeklagten schwer
Der 39-Jährige soll dann in Richtung des Mündungsfeuers geschossen haben, damit die andere Person mit dem Schießen aufhört. Als die Schüsse aufhörten, habe er das Licht des Autos angeschaltet und erst dann erkannt, dass einer der Polizisten einen Kopfschuss erhalten hatte. Es habe einen Streit mit dem Mitangeklagten gegeben, der Hauptangeklagte habe den Wagen gewendet - und dann einen weiteren Schuss gehört. Damit habe der Mitangeklagte die Polizistin getötet.
Der Hauptangeklagte habe sich nach Angaben des Verteidigers der Polizei stellen wollen, der 33-jährige Mitangeklagte habe aber gesagt, dass er nicht ins Gefängnis wolle. Sein Verteidiger sagt am ersten Verhandlungstag nur, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zutreffend seien. Es werde keine Einlassung seines Mandanten geben. Während der Anwalt des Hauptangeklagten die Einlassung zur Tatnacht vorliest, schüttelt der Mitangeklagte mehrfach leicht mit dem Kopf.
Polizistenmord löste bundesweites Entsetzen aus
Nach etwa einer Stunde vertagt das Gericht den Prozess auf nächsten Montag. Insgesamt hat das Landgericht Kaiserslautern 14 Verhandlungstage bis September angesetzt.

Der Fall der getöteten Polizisten hatte bundesweites Entsetzen ausgelöst. Dementsprechend groß war das öffentliche Interesse an diesem ersten Prozesstag.