Wie geht es mit der Grundsteuer in Rheinland-Pfalz weiter?

Grundsteuer wird vielerorts erhöht

Wie die Gemeinden in RLP mit der Finanznot umgehen

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch

Freisbach im Kreis Germersheim ist kein Einzelfall. Viele Gemeinden pfeifen in Rheinland-Pfalz finanziell aus dem letzten Loch. Auch Steuererhöhungen helfen oft nur bedingt.

Wie viel Geld brauchen die Kommunen tatsächlich, um ihre Aufgaben zu erfüllen? Daran sollte sich das neue Modell zur Finanzierung der Städte, Kreise und Gemeinden orientieren, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung zu Beginn des Jahres eingeführt hat. Nicht nur Ortsgemeinden beklagen, dass davon wenig zu spüren sei. Dass von ihnen verlangt wird, selbst mehr Geld aufzutreiben, kommt auch nicht gut an.

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Mehr als die Hälfte der Ortsgemeinden hat Grundsteuer erhöht

Mehr Geld auftreiben - das bedeutet bei Kommunen vor allem Steuern erhöhen: Etwa Grund- und Gewerbesteuern. Mit Hilfe einer höheren Grundsteuer versuchen immer mehr Ortsgemeinden im Land, ihren Haushalt in den Griff zu bekommen, bestätigt der Gemeinde- und Städtebund (GStB) Rheinland-Pfalz: "Ja, die Kommunen haben kaum eine Wahl", so Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, auf SWR-Anfrage.

Nach den uns vorliegenden Daten haben 1.206 der 2.260 Ortsgemeinden (Stand 07.08.2023) den Hebesatz - den Faktor mit dem die Grundsteuer berechnet wird - von 2022 nach 2023 angehoben, berichtet Frieden: "Und trotzdem haben die meisten keinen ausgeglichenen Haushalt. Die Folgen sind fatal." Für viele Bürgerinnen und Bürger dürfte das Wohnen durch die höheren Grundsteuern teurer werden.

"Kaum Gestaltungsspielraum etwa wegen hoher Umlagen"

Viele Kommunalpolitiker beklagen, dass den Gemeinden der Gestaltungsspielraum fehle. Zum einen, weil sie schon über einen längeren Zeitraum Schulden machen mussten und zum anderen wegen der Umlagen, die sie an die jeweilige Verbandsgemeinde und die Kreisverwaltung zahlen müssen. Gemeinden, die zum Kreis Germersheim und der Verbandsgemeinde (VG) Lingenfeld gehören, mussten beispielsweise im vergangenen Jahr mehr als 80 Prozent ihrer Einnahmen als Umlagen an Kreis und VG weitergeben.

Die Verbandsgemeinden und Landkreise in Rheinland-Pfalz bekommen keine Steuereinnahmen. Sie werden deshalb mit einer Umlage an den Steuereinnahmen der Ortsgemeinden beteiligt. Das Geld fließt etwa in die Verwaltung, in Schulen oder die Feuerwehr. Die Höhe der Umlagen wird vom jeweiligen Kreistag beziehungsweise den Verbandsgemeinden festgelegt.

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"Bereitschaft sich in Kommunalpolitik zu engagieren, nimmt ab"

In Freisbach dreht sich der Streit um den noch nicht genehmigten Haushalt der Gemeinde. Sie will mehr Geld ausgeben als sie einnimmt. Das wird von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt. Das erleben auch einige andere Kommunen im Land, die laut Gemeinde- und Städtebund deshalb mit "Nothaushalten" arbeiten müssen, so lange keine Genehmigung für den Haushalt vorliegt.

Wegen des fehlenden finanziellen Gestaltungsspielraums nimmt nach Angaben des GStB die Bereitschaft der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker ab, sich weiter vor Ort zu engagieren. "Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wollen im nächsten Jahr zur Wahl nicht mehr für das Amt zur Verfügung stehen", beklagt Karl-Heinz Frieden. Es fehle das Geld für Infrastrukturprojekte und Mittel für freiwillige Leistungen wie die Vereinsförderung, Schwimmbäder oder Spielplätze müssten gestrichen werden.

Forderungen nach besserer Finanzausstattung der Kommunen in RLP

Die Reform des kommunalen Finanzausgleichs gehe zu Lasten der Bürger, sagt Frieden. Der Gemeinde- und Städtebund fordere das Land auf, die Finanzsituation der Gemeinden und Städte in Rheinland-Pfalz deutlich zu verbessern und den Finanzausgleich neu aufzustellen. Die vom Land festgelegten Summen berücksichtigten weder Inflation noch steigende Personalkosten.

Ähnliche Forderungen gibt es auch von den Oppositionsfraktionen im rheinland-pfälzischen Landtag und Vertretern der Kommunen, darunter auch Mitglieder der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP. Einem Medienbericht zufolge werden sogar Klagen gegen die Landesregierung geprüft. Nach deren Plänen soll das Gesetz für den kommunalen Finanzausgleich erstmals Ende 2026 überprüft werden. Erst danach seien Anpassungen möglich.

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