Die marode Hochstraße Süd in Ludwigshafen. Die Stadt hat hohe Schulden (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Uwe Anspach)

Rund 600 Kommunen können Antrag stellen

Rheinland-Pfalz übernimmt drei Milliarden Euro Altschulden der Kommunen

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Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat den Entwurf für ein Gesetz beschlossen, das die Kommunen von der Hälfte ihrer Altschulden befreien soll. Es geht um drei Milliarden Euro.

Das Programm "Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz (PEK-RP)" richtet sich laut Landesregierung ausdrücklich an die von einer hohen Verschuldung besonders betroffenen Kommunen. Wie zuvor angekündigt, übernimmt das Land drei Milliarden Euro der Schulden aus Kassenkrediten. Diese sind vergleichbar mit dem Dispokredit bei Privatleuten und dienen dazu, laufende Ausgaben zu finanzieren.

Je höher die Schulden, desto mehr übernimmt das Land

Nach den jetzt vorgestellten Details übernimmt das Land in einigen Fällen sogar deutlich mehr als die Hälfte der Schulden. Dabei orientiert sich das Land am Verschuldungsgrad jeder Kommune: Je mehr Schulden eine Kommune hat, desto höher ist der prozentuale Anteil der Schulden, die das Land übernimmt.

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Im Gegenzug werden Kommunen mit geringen Schulden nicht oder wenig entlastet. Einige Beispiele: Im Dorf Abentheuer im Hunsrück übernimmt das Land rund 30 Prozent der Schulden. In der Stadt Pirmasens in der Pfalz sind es mehr als 80 Prozent. Im Kurort Bad Bertrich nahe der Mosel sind es laut Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) sogar rund 90 Prozent. Allein in der hoch verschuldeten Stadt Kaiserslautern sollen rund 430 Millionen Euro übernommen werden.

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Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach von einem "historischen Schuldenschnitt", mit dem das Land den betroffenen Kommunen einen echten finanziellen Neustart ermögliche.

Kommunen in Rheinland-Pfalz hoch verschuldet

Städte, Gemeinden und Landkreise haben nach Daten des Landesrechnungshofs von Ende 2020 eine Gesamtverschuldung von 12,4 Milliarden Euro. Davon entfielen 6,3 Milliarden auf Investitionskredite und 6,1 Milliarden auf Kassenkredite. Sie haben sich über viele Jahre hinweg angesammelt.

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Bezogen auf die Einwohnerzahl ist die Verschuldung aus Kassenkrediten in Pirmasens am höchsten: Dort liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei 8.418 Euro. Danach folgen Kaiserslautern (6.353), Zweibrücken (5.365) und Ludwigshafen (4.494). Am niedrigsten ist die Pro-Kopf-Verschuldung aus Kassenkrediten mit 24 Euro im Westerwaldkreis.

Rund 600 Kommunen können mitmachen

Laut Innenminister Roger Lewentz (SPD) profitieren nach einer Modellrechnung 552 Ortsgemeinden von dem Programm, zudem acht kreisfreie Städte, elf Landkreise, fünf verbandsfreie Gemeinden und 20 Verbandsgemeinden. "Das wird für viele Kommunen ein echter Befreiungsschlag werden“, sagte der Innenminister.

Das Land will die Schulden nach Aussagen von Finanzministerin Ahnen in den kommenden 30 Jahren tilgen. Dafür stünden in den Haushaltsjahren 2023 und 2024 jeweils Mittel in Höhe von 250 Millionen Euro für Tilgungen zur Verfügung. Allerdings muss das Parlament noch zustimmen. In den nachfolgenden Jahren werde eine Belastung von rund 100 Millionen Euro jährlich angenommen.

Städtetag: Bürger werden Entlastung kaum spüren

Der Geschäftsführende Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, Michael Mätzig, sagte dem SWR, dass die Bürger in den betroffenen Kommunen die Schuldenübernahme durch das Land kurzfristig kaum spüren würden. Die Kommunen müssten zwar weniger Zinsen zahlen, das falle aber wegen des bislang niedrigen Zinsniveaus kaum ins Gewicht. Daher warne der Verband auch vor überzogenen Erwartungen an den Wegfall vieler Altschulden. Grundsätzlich begrüße der Städtetag die geplante Teilentschuldung durch das Land allerdings.

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