Vielleicht haben Sie am Sonntag die Bilder gesehen, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni Lampedusa besuchten. Ort und Zeit waren geschickt gewählt. Kleine Boote aus Holz, in denen tausende Menschen Europa erreichten, verstopfen die Zufahrt zum Hafen. Und sonntags schauen viele Menschen Nachrichten. Ursula von der Leyen steht mutmaßlich im Wahlkampf um eine zweite Amtszeit. Da nützen ihr Bilder eines europaweit zur Schau getragenen Entsetzens.
Die gerissene Regierungschefin Giorgia Meloni machte angesichts des Flüchtlingselends auf der Insel vergessen, dass Italien nach dem Dublin-Abkommen hunderttausende Geflüchtete, die aus Italien nach Deutschland weitergezogen waren, zurücknehmen müsste. Was sie nicht tut. Als Folge nimmt die Bundesregierung erst einmal keine neuen Geflüchteten aus Italien auf. Doch Frau Meloni weiß: Deutschland braucht Italien für EU-weite Abkommen mit afrikanischen Ländern.
Italien müsste Geflüchtete aus Deutschland zurücknehmen
Der Handlungsspielraum der Bundesregierung erscheint klein. Gleichwohl entsteht mal wieder der Eindruck: Regierungen, die ihre Pflicht zur Aufnahme von Geflüchteten verletzen, kommen irgendwie durch. Und die Großzügigen sind die Dummen. Die deutsche Großzügigkeit bringt Städte und Gemeinden in große Not. Und beunruhigt viele Menschen in Deutschland mutmaßlich mehr als der Ukraine-Krieg.
Angesichts dieser wachsenden Sorge finde ich es zu billig, wenn Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Sonntag ein härteres Vorgehen gegen Schlepper fordert. Ein Allgemeinplatz. Oder der bayerische Ministerpräsident Markus Söder eine Obergrenze von 200.000 Geflüchteten im Jahr. Billiger Populismus!