Muhterem Aras, Bündnis 90Die Grünen), Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, eröffnet mit einer Glocke die Landtagssitzung mit einer aktuellen Debatte zu Medienüberwachung im Plenum. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Debatten im Landtag

Umgangston in der Politik: Auch in Baden-Württemberg immer rauer

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Knut Bauer

Grüne, CDU, SPD und FDP machen die AfD für einen raueren Umgangston im BW-Landtag verantwortlich. Über die drohende Verrohung in der Politik und was man dagegen tun kann. 

Die rechtspopulistische AfD erlebt derzeit ein Umfragehoch und stellt nun sogar den ersten Landrat in Deutschland. Von den anderen Parteien wird dies als Alarmzeichen gewertet. Gleichzeitig führt das Erstarken der AfD zu einem raueren Ton in der politischen Auseinandersetzung. Und das könnte zunehmen - auch in Baden-Württemberg.

Dass sich AfD-Abgeordnete bei ihren Reden im Ton vergreifen und zur Ordnung gerufen werden müssen, ist im baden-württembergischen Landtag eher die Regel als die Ausnahme - so auch bei einer Debatte am Mittwoch, als der AfD-Abgeordnete Emil Sänze einem anderen Abgeordneten zurief, er solle den Mund halten. Daraufhin wurde er ermahnt.

Regelmäßige Ermahnungen für die AfD im Landtag

Von der AfD werden solche Ermahnungen regelmäßig mit höhnischem Gelächter quittiert. Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Anton Baron, will die Wortwahl seines Kollegen nicht überbewerten. Er glaube, dass sein Kollege einfach etwas aufgeregt gewesen sei. Das sei nicht die Art, wie seine Partei im Parlament streiten wolle, so Baron.

Doch bei der Landtagsdebatte am Donnerstag zum Thema Wasserstoff wählte der AfD-Fraktionsvorsitzende dann selbst drastische Worte. "Reden wir also über Wasserstoff, das uns der politische Hochstapler, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, vorhin so euphorisch verkaufen wollte." Daraufhin wies Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ihn zurecht: "Hochstapler bezeichnen sie nicht noch einmal irgendjemanden in diesem Haus."

SPD sieht zivilisierten Streit verloren gehen

Dass der Ton rauer wird, dafür sorge die AfD bereits seit ihrem Einzug ins Parlament, findet SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. "Das hat sehr stark mit den Abgeordneten dieser Fraktion zu tun, die sich nicht scheuen, andere Parteien und Abgeordnete zu beleidigen", sagt er. "Zivilisierter Streit geht uns zunehmend verloren."

Querdenker, Impfgegner, Reichsbürger - der Sozialdemokrat stellt seit der Corona-Krise und den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs deutliche Veränderungen im politischen Diskurs fest. Die Hemmschwelle bei Beleidigungen und Aggressionen sinke, so Stoch. Das merke man auch bei Mails, die Abgeordnete bekämen. Die Politik müsse die Sorgen der Menschen ernster nehmen und dürfe sie mit ihren Ängsten nicht allein lassen, meint Stoch. Sonst drohe in Deutschland eine ähnliche Entwicklung wie in anderen Ländern Europas.

Grüne in BW fordern andere Fehlerkultur

Mehr Sachlichkeit fordert Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz als Mittel gegen den wachsenden Populismus. Die Politiker müssten deutlich machen, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen haben: "Dass man klarer auftreten muss, dass man Entscheidungen besser erklären muss. Und wenn es zu einem Fehler gekommen ist, dass man sich auch zu diesem Fehler bekennen kann", sagt er. Vor allem aber müsse die Brandmauer nach rechts stehen: "Keine Handbreite zur AfD."

Hans-Ulrich Rülke von der FDP sieht die Flüchtlingspolitik als Hauptursache für die Verschärfung im politischen Ton und den Aufschwung der AfD. "Wir sollten nicht Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland für Flüchtlinge attraktiver machen als das andere EU-Staaten sind", sagt er.

CDU will Migrations-Debatten in politischer Mitte führen

In der CDU bewertet man dies ähnlich. Problematische Themen müssten angesprochen werden, fordert Fraktionschef Manuel Hagel. Gleichzeitig spricht er sich gegen verbalen Populismus aus. "Man darf sich nicht der Rhetorik dieser Rechten bedienen", sagt er. Probleme löse man nicht dadurch, dass man sie tabuisiere. Man müsse Migrations-Debatten in der politischen Mitte führen, damit die Menschen nicht zur AfD gingen.

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