Ein US-Soldat in Schwäbisch Gmünd? Die Zeiten sind doch eigentlich längst vorbei! Nicht bei Robin Kuchers "Rendezvous durch die Zeiten". In seinem Theater- und Musicalstück kehrt der vor 30 Jahren in der Stauferstadt stationierte Soldat Bobby zurück nach Deutschland, um nach seiner großen Liebe Marie zu suchen. Dabei reist er nicht nur durch die Gmünder Innenstadt, sondern auch durch verschiedene Epochen.
Regnerische Premiere der Stadtführung
Ein kalter Wind weht bei der Premiere am 11. September durch den Spitalhof. Der Himmel wolkenverhangen und grau. Kleine Regentropfen klatschen geräuschvoll auf die Regenschirme, die die rund 50 gespannt wartenden Zuschauerinnen und Zuschauer vor der Nässe schützen sollen. Eine melancholische Stimme ertönt plötzlich aus einem Lautsprecher. Suchende Blicke. Es ist Bobby, der US-Soldat. Traurig sitzt er am Fenster im 1. Stock der Stadtbibliothek.
Bobby wurde vor 30 Jahren aus Schwäbisch Gmünd abgezogen, hat seine große Liebe Marie zurückgelassen. Das erfahren die Zuschauer aus einem kleinen Monolog im Spitalhof, in dem sich der verzweifelte Bobby über seine Dummheit aufregt, damals einfach gegangen zu sein. Er macht sich auf die Suche, quer durch die Innenstadt, quer durch viele verschiedene Epochen. Überall dorthin, wo die Liebe ihre Spuren in Gmünd hinterlassen hat. Und immer mit dabei: Die gespannten Zuschauer.
Gmünder Stadtgeschichte per Gesang
Die Masse macht sich auf, geführt von den sogenannten Liebesbegleitern, die die Zuschauer von Spielort zu Spielort bringen, vorbei an neugierigen Passanten. Die erste Station: ein eindrucksvoller Gewölbekeller, Zeitsprung in die 1920er Jahren. Hier findet sich Bobby mitten in einem Geheimtreffen homosexueller Männer wieder, inklusive einer Musicaleinlage.
Von Marie aber keine Spur. Also geht es weiter. Weiter zum nächsten Ort, noch weiter zurück in der Zeit. Schon hier zeigen sich die ersten Zuschauer angetan von der Idee, eine Stadtführung mit Musical und Theater zu verbinden. Für Silke Hörner ist es mal "was ganz anderes", für Thomas Daley "eine schöne Gelegenheit, das alles mal genauer unter die Lupe zu nehmen."
Theater und Musical vor den Gotteshäusern
Vor der Johanneskirche wartet die verzweifelte Herzogin Agnes von Hohenstaufen. Sie hat ihren Ehering in einem Wald verloren - auch schon damals, im späten 11. Jahrhundert, natürlich eine absolute Katastrophe. Ein Spielort weiter, mittlerweile ist es zwar dunkler, dafür aber auch trockener, gibt es wieder eine Musicaleinlage - dieses Mal zu einer verpönten Liebe.
So geht es von Station zu Station, zwei Stunden durch die Gmünder Innenstadt, bis zum großen Finale am Rokokoschlösschen im Stadtgarten. Bei jetzt strömendem Regen übernimmt dann auch Regisseur Robin Kucher noch eine Rolle, bringt die Zuschauer trotz des ungemütlichen Wetters mehrmals zum lautstarken Lachen.
Von Sekten, Irren und Hundehaufen
Am Ende hagelt es sogar - aber "nur" Applaus. Die Proben seit Juni scheinen sich gelohnt zu haben. "Die größte Herausforderung ist immer, dass alle Schauspielerinnen und Schauspieler und auch die Technik am Platz sind", erklärt ein sichtlich erleichterter Robin Kucher. Das ist manchmal gar nicht so einfach bei insgesamt 1,5 Kilometer Strecke. Da gab es dann auch die ein oder andere Extra-Runde in der Innenstadt für die Zuschauer, bis der nächste Spielort fertig vorbereitet ist.
Kucher ist überzeugt von seiner Idee, denn "wir schaffen hier Kulissen, die man so am Theater gar nicht nachbauen kann." Dadurch, dass die Führung in der Öffentlichkeit stattfindet, gibts aber auch immer wieder komische Situationen. So musste bei den Proben ein Spielort erstmal von einem Hundehaufen befreit werden, manche Passanten hielten die Darsteller für eine Sekte, oder es gab auch "Menschen, die gedacht haben, da ist ein Irrer unterwegs, der mit sich selber spricht."
Mehrere Stadtführungen noch im September
Es ist kein Problem, wenn vorbeigehende Passanten an einer Station mal mitlauschen, so Kucher, für das ganze Programm braucht es aber ein Ticket, wie bei einer "normalen" Theateraufführung eben auch. An dem Stück sind viele verschiedene Gmünder Kulturvereine beteiligt. Ein bunter Mix und generationenübergreifend. "Das macht auch Gmünd aus, dass man Hand in Hand für die Kultur arbeitet."
Ob Bobby bei seiner Reise durch Ort und Zeit noch seine große Liebe Marie findet? Das zeigt das "Rendevous durch die Zeiten"-Team an sieben weiteren Terminen im September - inklusive Twist in der Handlung. "Mit dieser Führung wollen wir zeigen, so schön ist Gmünd und das steckt auch an Geschichte mit dahinter", sagt ein zufriedener Robin Kucher nach einer gelungenen Premiere.