Es war der Morgen des 5. Dezember 2022: Ein Mann sticht in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) mit einem Messer mehrmals auf zwei Mädchen ein. Wenig später stirbt eine 14-Jährige im Krankenhaus. Ihre 13 Jahre alte Begleiterin wird bei dem Angriff schwer verletzt.
Wenn von der 5.000-Einwohner-Gemeinde südlich von Ulm die Rede ist, fällt oft das Wort "beschaulich". Eine "beschauliche Gemeinde" sei Illerkirchberg also gewesen, der Duden kennt dafür Synonyme wie "friedlich" oder "geruhsam".
Und jetzt? "Es ist nichts mehr so, wie es vorher war", sagt Martina Gutmann. Die Tat "hat alle verändert, hat den ganzen Ort verändert". Entsprechend froh ist sie, dass der Prozess am Dienstag endet. Die Hoffnung: "Dass wir alle wieder zur Ruhe kommen können."
Landgericht Ulm Illerkirchberg: Angeklagter muss lebenslang in Haft
Im Fall der tödlichen Messerattacke von Illerkirchberg muss der Angeklagte lebenslang in Haft. Er hatte im vergangenen Dezember ein 14-jähriges Mädchen mit einem Messer erstochen.
Illerkirchberg will zur Ruhe kommen
Die Gemeinde hat in den vergangenen Monaten einiges dafür getan. Es gab einen Bürgerdialog, um die Geschehnisse aufzuarbeiten. Ein Selbstschutzseminar sei bezuschusst worden. Und nicht zuletzt: Die drei in die Jahre gekommenen Häuser, die als Flüchtlingsunterkünfte mit 20 Plätzen dienten, gibt es nicht mehr. Der Ort, an dem der mutmaßliche Täter auf die Straße gestürmt sein und auf die Mädchen eingestochen haben soll.
Prozess in Ulm Messerangriff in Illerkirchberg: Eine Chronologie der Ereignisse
Am 5. Dezember 2022 kam es in Illerkirchberg im Alb-Donau-Kreis zu einem tödlichen Messerangriff. Ein 14-jähriges Mädchen starb. Der Tatverdächtige steht seit Juni vor Gericht.
Die Gemeinde hat sie abreißen lassen. Das war unter anderem der Wunsch des Vaters des getöteten Mädchens. Das biete "ein bisschen Erleichterung", findet Martina Gutmann. Man blicke nicht mehr direkt auf den Tatort, aber die Tat werde es nicht ungeschehen machen.
"Wir haben knapp zwei Monate fast nichts anderes gemacht als uns mit den Folgen dieser furchtbaren Tat auseinanderzusetzen." So fasst Bürgermeister Markus Häußler (parteilos) die Zeit nach der Tat vor Prozessbeginn zusammen. Jetzt will er sich dazu nicht mehr äußern, heißt es aus der Gemeinde.
Alle Artikel Tödliche Messerattacke auf 14-Jährige in Illerkirchberg
Eine 14-Jährige und eine 13-Jährige werden in Illerkirchberg von einem Mann aus Eritrea mit einem Messer attackiert, die Ältere stirbt. Hier sind die Ereignisse zusammengefasst.
Fall Illerkirchberg: Was macht die Tat mit den Menschen?
Aber wie verändert eine Tat wie diese einen Ort und was macht sie mit den Menschen? "Wir sind schon vorsichtiger geworden", so beschreibt es Claudia Steinhauser, die im Nachbarort wohnt. Auch vorsichtiger mit dem, was man sagt. Trotzdem räumt sie offen ein, dass "die Menschen zwar einerseits ergriffen" seien, die Tat andererseits aber "auch so ein bisschen den Hass" schüre - "gerade auf die Ausländer". Der mutmaßliche Täter kommt aus Eritrea, das hatte schon kurz nach der Tat die AfD auf den Plan gerufen, die vor Ort zu einer Demonstration aufrief.
Auf die Flüchtlingshilfe habe sich die Gewalttat nicht ausgewirkt, sagte vor Kurzem Bürgermeister Häußler. "Wir haben nach wie vor einen sehr engagierten Helferkreis." Und auch kurz nach der Tat hätten sich die Menschen im Ort einer politischen Instrumentalisierung mit einem stillen Protest in den Weg gestellt. Darauf sei er sehr stolz.
Mordprozess vor Landgericht Ulm Illerkirchberg: Staatsanwältin fordert lebenslange Haft
Im Mordprozess von Illerkirchberg sind am Dienstag die Plädoyers gehalten worden. Ein Mann aus Eritrea soll eine 14-Jährige getötet und ihre 13-jährige Freundin schwer verletzt haben.
Prozess: Staatsanwältin fordert lebenslange Haftstrafe
Was zu der Tat bekannt ist, ist schon lange veröffentlicht. Der Ablauf beruht auf dem, was der Angeklagte selbst ausgesagt hat, Monate vor Prozessbeginn. Der Fall lag so klar auf der Hand, dass Staatsanwältin Nadine Schmelzer schon zu Prozessbeginn ankündigte: "Die Anklage fordert eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten."
Auch die Verteidigung hat auf lebenslang plädiert. Ungewöhnlich, aber vielleicht unumgänglich nach dem psychiatrischen Gutachten, das der Verteidigung keinerlei Spielraum ließ. So gesehen wird das Urteil möglicherweise keine große Überraschung sein. Der Angeklagte hat angekündigt, nicht gegen seine Abschiebung nach Eritrea vorzugehen, wenn er jemals wieder auf freien Fuß kommt.
Zurück bleiben die Angehörigen und viele tief betroffene Illerkirchberger. An der Stelle der abgerissenen Unterkunft hat die Gemeinde eine Wiese anlegen lassen. Die ist jetzt schon ziemlich grün. Allerdings: Gras über die Angelegenheit wächst damit noch lange nicht.