Pünktlich um 8 Uhr steht am Dienstag der erste Patient vor der Tür der Hausarztpraxis in Elchingen (Kreis Neu-Ulm). Eine neue Ärztin aus Roggenburg bietet in den Thalfinger Räumen des insolventen medizinischen Verwaltungszentrums Elklinik eine Notsprechstunde an. Anfang September waren 4.000 Patientinnen und Patienten plötzlich vor verschlossener Tür gestanden.
Im Sommer war der Elchinger Arzt wegen Abrechnungsbetrug und Fälschung verurteilt worden. Die Folge: Die vier Praxen in Elchingen und Senden gingen insolvent, die Kassenzulassungen erloschen und allen Angestellten wurde gekündigt. Seit Anfang September hatten die Arztpraxen zu. Für die Notversorgung waren zwei Ärzte aus Ulm eingesprungen.
Neue Hausarztpraxis: Erste Sprechstunde nach Insolvenz
Zwei Laptops, ein Kartelesegerät und ein EKG, die Arztpraxis ist im Moment nur behelfsmäßig ausgestattet. Anmeldung und Untersuchung, dafür gibt es insgesamt nur zwei Räume – die übrigen Zimmer belegt die Insolvenzverwalterin. Auch die Notsprechstunde gibt es nicht täglich. Die Patienten sind froh, dass überhaupt wieder jemand da ist. "In anderen Gegenden gibt es gar keine Hausärzte mehr", sagt Melanie Oed, die gleich die erste Sprechstunde nach der Insolvenz wahrgenommen hat.
Derzeit erlaubt die Kassenärztliche Vereinigung nur einen 20-Stunden-Betrieb. Der Hintergrund: Im Landkreis Neu-Ulm war genau eine Zulassung frei geworden, darauf hatte sich Ärztin Tamara Spreng mit ihrer Roggenburger Praxis beworben. Bekommen hat sie eine halbe Zulassung, damit zumindest die Grundversorgung in Elchingen wieder gewährleistet werden kann. In der ersten Woche unterstützt sie noch Ärztin Natalia Seibel bei der Betreuung der Patientinnen und Patienten. Ab dem 1. Oktober übernimmt dann Natalia Seibel die Sprechstunden in Elchingen, als Angestellte von Tamara Spreng.
Frühere Ärztin kann in Elchingen weitermachen
Seibel kennt die Praxisräume gut, fünf Jahre lang hatte sie bereits hier gearbeitet. Sie ist froh, dass sie weiter ihre Patienten betreuen kann. "Die Patienten sind mir ans Herz gewachsen, wie meine große Familie. Da kommen gerade hier auf dem Land Leute mit ihren Schicksalen. Mit ganzen Familienangelegenheiten. Nicht nur mit Erkrankungen. Das nimmt alles mit. Mir war dann natürlich sehr wichtig, dass ich nach Möglichkeit hier bleibe."
Wann Sprechstunde ist, steht an einem Aushang an der Tür, denn telefonisch oder übers Internet ist die Praxis noch nicht zu erreichen. Das liegt unter anderem am noch laufenden Insolvenzverfahren, erklärt Tamara Spreng.
Diesen Winter wird es bei der Übergangslösung mit den reduzierten Sprechzeiten bleiben, denn erst im Frühjahr werden neue Zulassungen von der Kassenärztlichen Vereinigung vergeben. Tamara Spreng will sich darauf bewerben. Um dann wieder mehr in der Praxis anbieten zu können als nur eine Grundversorgung.