Der heimische Fisch Bachforelle zählt zu den bedrohten Arten. Ulmer Fischer engagieren sich als Bruthelfer.

Artenschutz mit Brutboxen in der Blau

Ulmer Fischer päppeln Nachwuchs der bedrohten Bachforelle

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Anita Schlesak
Anita Schlesak

Früher waren viele Bachforellen in Donau, Iller und Blau unterwegs. Seit diesem Jahr aber zählt der Fisch zu den bedrohten Arten - und so werden Ulmer Fischer zu Bruthelfern.

Alle zwei Tage gehen Ulmer Angler ins eiskalte Wasser der Blau, um die Fischbrut zu pflegen. In speziellen Brutboxen kontrollieren sie den Laich der bedrohten Bachforelle, die zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald einst heimisch war. Seit diesem Jahr zählt sie erstmals zu den bedrohten Fischarten.

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Nachwuchs der Bachforelle gedeiht in Brutboxen mitten in der Blau

Wie Goldschürfen sieht es aus und wertvoll ist es auch, wenn Vater und Sohn - in ihren Wathosen wasserdicht gekleidet - die winzigen rosaroten Fischeier aussortieren. Konzentriert und achtsam inspizieren Harald und Alfred Bayler vom Fischereiverein Ulm/Neu-Ulm den Laich in der speziellen Brutbox mitten im Wasser der Blau.

Der Ulmer Fischereiverein will den Bachforellen mit so genannten Brutboxen helfen. Es werden Käfige mit zahlreichen Eiern in die Blau gesetzt.
Der Ulmer Fischereiverein will den Bachforellen mit so genannten Brutboxen helfen. Dazu werden speziell präparierte Plastikboxen mit 100.000 in die Blau gesetzt.

Die empfindlichen, rosaroten Eier der Bachforelle dürfen nicht verpilzen!

Mit Schwanenfeder und Teesieb fischen sie pilzige Eihäute aus der Box und entsorgen sie direkt im Fluss. "Mit der Feder kann man es ganz schonend machen", erklärt Alfred Bayler, der seit 60 Jahren in Ulm angelt. Aus Erfahrung weiß er: "Wenn diese Häute drin bleiben, dann verpilzen die anderen Eier und es geht sehr viel kaputt."

Vater und Sohn in Wathosen und wasserdichten Stiefeln pflegen die Brut der Bachforelle in der Blau
Vater und Sohn Bayler gehen alle zwei Tage ins eiskalte Wasser der Blau bei Ulm. Die Fischerei hat in der Familie seit Jahrzehnten Tradition.

Das wäre jammerschade, denn die Ulmer Fischer engagieren sich schon seit mehr als zehn Jahren als Bruthelfer. Seit sich die einst heimische Bachforelle auch in der Blau rar macht. Schuld daran? Verschmutzung und Verbauung, so der Freiburger Fischbiologe Ingo Kramer vom Landesfischereiverband in Baden-Württemberg.

Auch der Klimawandel stimmt Harald Bayler, den zweiten Vorsitzenden des Fischereivereins Ulm/Neu-Ulm, nachdenklich. "Unsere Gewässer werden wärmer. Man hat viel begradigt, es fehlen kiesige Untergründe, wo die Fische laichen können, das ist schade!"

Ulmer Angler in der dritten Generation, geht ins eiskalte Wasser Blau, um die Fischbrut zu pflegen
Harald Bayler, Ulmer Angler in der dritten Generation, engagiert sich als Bruthelfer für Bachforellen in der Blau

100.000 Fischeier hüten die Ulmer Angler, bis die Larven schlüpfen

Deshalb hat der Ulmer Verein in diesem Winter fast 100.000 befruchtete Eier beim Züchter in Günzburg gekauft. Für 1.400 Euro. Der teure Nachwuchs der selten gewordenen Bachforelle wächst im Fluss naturnah heran und ist durch die Box zugleich gut geschützt.

Nach einigen Wochen schlüpfen aus dem Laich im Augenpunktstadium - man sieht im transparenten Fischei schon die großen schwarzen Augen - die Larven. Samt Dottersack, von dem sich die Mini-Bachforellen anfangs ernähren, dürfen sie in die Freiheit schwimmen.

Aktion des Ulmer Fischereivereins - fünf rosarote Fischlarven sind gerade in der Brutbox geschlüpft
Frisch geschlüfte Bachforellen - samt ihrem Dottersack als Futterquelle werden sie in die Blau entlassen

Wo Reiher und Kormorane sie zum Fressen gern haben! Doch Bachforellen, die dank ihrer "Geburtshelfer" in der Natur aufwachsen, sind robuster als ihre Artgenossen aus der Zucht. Wendiger und schneller entkommen sie leichter ihren geflügelten Fressfeinden und sind auch resistenter gegen Umwelteinflüsse, beobachtet Alfred Bayler mit seinem geübten Anglerauge.

Die typisch roten Punkte zeichnen Bachforellen aus - sie war früher in Donau, Blau und Iller heimisch.
Die roten Punkte zeichnen die einst heimische Bachforelle aus - heute steht sie auf der Roten Liste

"So eine Bachforelle ist ein Traum"

Solch ein Exemplar mit den typisch roten Punkten sei "viel stärker, farbenprächtiger, einfach schöner". Ein Traum von Fisch. Ob eine in der Blau geschlüpfte Bachforelle auch besser schmeckt?

Schwer zu sagen, denn die Ulmer Fischer angeln sie hier nicht mehr, seit sie sich mit dem Brutboxen-Projekt als "Geburtshelfer" engagieren. Es geht ihnen weniger ums Anglerglück als um den Naturschutz. "Ich esse Bachforellen normalerweise nicht", beteuert Alfred Bayler, denn "die Fischart ist mir etwas wert".

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