Der Rhein in RLP: Am Fähranleger in Altrip herrscht Niedrigwasser. (Foto: SWR, Christoph Heck)

Klimawandel in der Pfalz

Überhitzter Rhein - Folgen der Wassererwärmung und was dagegen hilft

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Birgit Baltes

Das Wasser im Rhein ist zu warm. Das rheinland-pfälzische Umweltministerium hat deshalb vergangene Woche für den Rhein eine Warnstufe ausgerufen. Doch was bedeutet das konkret für die Pfalz?

26 Grad Wassertemperatur im Rhein sind am Samstag bei Worms gemessen worden. Das ist zu warm, vor allem für manche heimische Fischarten. Denn die starke Sonneneinstrahlung regt das Algen- und Wasserpflanzenwachstum an. Und diese verbrauchen viel Sauerstoff. Damit droht einigen Fischen über kurz oder lang der Erstickungstod, andere könnten in ihrem Immunsystem geschwächt werden und deshalb schneller aufgrund von Krankheiten oder Parasitenbefall sterben, heißt es beim Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz.

Das Umweltministerium rechnet damit, dass die Temperatur im Rhein in den kommenden Tagen weiter steigen und auch die kritische Marke von 28 Grad erreichen könnte. Es hat deshalb eine erste Warnstufe von insgesamt vier Warnstufen ausgerufen. Damit sind vor allem Industriebetriebe, wie der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF gefragt.

BASF nutzt Wasser aus dem Rhein unter anderem zum Kühlen

Die BASF gilt laut Umweltministerium als "größter Wärme-Einleiter in den Rhein in Rheinland-Pfalz". Der Grund: Der Chemiekonzern nutzt das Rheinwasser vor allem, um seine Produktionsanlagen zu kühlen. Das dadurch aufgewärmte Wasser werde dem Rhein normalerweise wieder zugeführt und sorge dafür, dass der Fluss sich weiter aufheize, erklärt Jürgen Decker, Leiter des Bereiches Wasserwirtschaft bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) in Neustadt. Aber auch das gereinigte Wasser aus der betriebseigenen Kläranlage läuft in den Rhein. Und das Wasser aus Kläranlagen ist laut Decker ebenfalls wärmer als das in Fließgewässern.

Die Kläranlage der BASF in Ludwigshafen (Foto: Pressestelle, BASF SE)
Die Kläranlage der BASF in Ludwigshafen. Dort werden laut Unternehmen jährlich fast 100 Millionen Kubikmeter Produktionsabwässer geklärt, außerdem noch 20 Millionen Kubikmeter Abwässer aus Ludwigshafen, Frankenthal und Bobenheim-Roxheim. Insgesamt besitze die Anlage die Kapazität für eine Abwassermenge von etwa drei Millionen Menschen.

BASF kühlt Wasser zu 40 Prozent mit Hilfe von Luft

Der Chemiekonzern entnimmt am Standort Ludwigshafen im Jahresdurchschnitt zum Kühlen seiner Produktionsanlagen deutlich weniger Wasser aus dem Rhein, als er gesetzlich dürfte, teilte eine Unternehmenssprecherin auf SWR-Anfrage mit. Etwa 40 Prozent der Kühlwasserversorgung läuft demnach inzwischen über sechs sogenannte Rückkühlwerke. Dabei werde das Wasser auf sechs 21 Meter hohe Kühlzellen gepumpt und dort im Luftstrom großer Ventilatoren durch Verdunstungskühlung um bis zu 9 Grad abgekühlt. Anschließend werde das abgekühlte Wasser zur erneuten Nutzung in das Kühlwassernetz eingespeist. Gegenüber 2018 habe BASF die Kühlleistung durch diese Anlagen mehr als verdreifacht.

Die zentrale Kühlwasserversorgung am Standort besteht zudem aus drei Wasserwerken. Dort werde Wasser aus dem Rhein entnommen, aufbereitet, in ein Rohrnetz von fast 200 Kilometern Länge eingespeist und zum Kühlen der Produktionsanlagen genutzt, so die Sprecherin. Dabei dürfe das Wasser sich auf maximal 33 Grad erwärmen. Danach werde es über Kanäle wieder in den Rhein eingeleitet.

Wann muss BASF Produktion drosseln?

Obwohl wärmesensible heimische Fischarten wie das Bachneunauge oder die Bachforelle laut Landesamt für Umwelt bereits ab Wassertemperaturen von 20 bis 25 Grad Probleme bekommen, sind BASF und andere rheinland-pfälzische Industriebetriebe erst bei einer Temperatur ab 29 Grad verpflichtet, weniger warmes Wasser in den Rhein einzuleiten und deshalb gegebenenfalls auch ihre Produktion zu drosseln. Ab 28 Grad werden die Betriebe lediglich "aufgefordert, die Wärmeeinleitungen durch betriebliche Umstellungen einzuschränken

  • ."
  • Die BASF teilte dazu mit: "Um solche Vorgaben einzuhalten, müsste BASF die Produktion am Standort Ludwigshafen sukzessive anpassen."

    Kühlen von Atommeilern in Frankreich

    Ein großes Thema bei der Erwärmung des Rheinwassers sind auch die Atomkraftwerke in Frankreich. Sie benötigen ebenfalls große Mengen Rheinwasser, um ihre Meiler zu kühlen. Laut Decker von der SGD Süd haben sich auch die anderen Länder in einer Internationalen Kommission zum Schutz des Rheines (IKR) dazu verpflichtet, einen Handlungsplan zu erstellen. Wie genau der aussieht und wann Frankreich seine Atommeiler etwa über Kühltürme belüften muss, konnte Decker nicht sagen.

    Das Leben im Rhein wird sich verändern

    Durch den Klimawandel haben sich bereits in den vergangenen Jahren sogenannte invasive Arten im Rhein angesiedelt, die deutlich besser als die heimischen Arten mit höheren Wassertemperaturen zurecht kommen, sagt Hans Jürgen Hahn, Umweltwissenschaftler an der Universität in Landau. So hätten sich beispielsweise die einst im schwarzen Meer beheimatete Fischart Schwarzmund-Grundel und auch einige Krebsarten wie der nordamerikanische Kalikokrebs explosionsartig im Rhein ausgebreitet und würden heimische Fisch- und Krebsarten verdrängen.

    Bei Hitze und Niedrigwasser mehr Schadstoffe im Rhein

    Die durch den Klimawandel zunehmende Trockenheit und Hitzewellen in der Pfalz führten zudem immer häufiger dazu, dass der Rheinpegel sinke und Niedrigwasser führe, so Hahn. Damit erhöhe sich auch die Schadstoffkonzentration im Rhein bei Niedrigwasser auf bis zu 50 Prozent, vor allem ausgelöst durch Kläranlagen, die ihr Wasser in den Rhein einleiten.

  • Gibt es einen Ausweg?
  • Ja und nein. Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten, sagt Wasserwirtschaftsexperte Decker aus Neustadt. Deshalb bestehe dringender Handlungsbedarf. Am Rhein müsse das - wie schon jetzt in der IKR - grenzüberschreitend erfolgen.

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