Thomas Steiger (Foto: SWR, Peter Binder)

Gottesdienste, Workshops und Diskussionsrunden

Katholikentag 2022: Medienpfarrer Thomas Steiger aus Tübingen rechnet nicht mit Veränderungen

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Peter Binder
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Luisa Sophie Klink

Zum Start des Katholikentags am Mittwochabend in Stuttgart gibt der SWR-Beauftragte der katholischen Kirche, Thomas Steiger, im Interview ein paar Einblicke vorab.

Bis Sonntag sind 1.500 Veranstaltungen wie Gottesdienste, Workshops oder Diskussionsrunden geplant. Aktuell laufen die letzten Vorbereitungen.

SWR: Themen werden unter anderem der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und die Klimakrise, aber auch die Kirche selbst sein. Herr Steiger, ist es für Sie eine Pflichtveranstaltung oder freuen Sie sich darauf?

Thomas Steiger: Ich will und muss zugleich - tatsächlich ist es diesmal für mich hauptsächlich eine Arbeitsaufgabe. Im Grunde genommen bin ich seit einem halben Jahr damit beschäftigt, Dinge für den Katholikentag vorzubereiten. Ich habe die Verantwortung für die Übertragung der beiden großen Gottesdienste übernommen und werde für den SWR, aber auch für den WDR und NDR sowie den Deutschlandfunk den Kommentar im Hörfunk übernehmen.

SWR: Was können wir erwarten, wer ist zu Gast?

Thomas Steiger: Als Kirche im SWR haben wir ein kleines Zelt auf der sogenannten Kirchenmeile, wo wir unsere Arbeit präsentieren und auch der ein oder andere Moderator vom SWR zu Gast sein wird. Wir wollen darüber sprechen, was die Menschen von uns als Kirche erwarten. 

SWR: Organisiert wird der Katholikentag nicht nur von Priestern und Bischöfen, sondern auch von nicht Geweihten. Kommen deshalb beispielsweise Themen wie "Gleichberechtigung für Frauen in der Katholischen Kirche" oder "Toleranz gegenüber Menschen mit anderer sexueller Orientierung" zur Sprache?

Thomas Steiger: Das ganze Gremium ist dennoch ein ganz schöner Tanker - sehr viele Offizielle. Die ziehen alle zwei Jahre von Ort zu Ort. Der nächste Katholikentag 2024 in Erfurt beispielsweise ist schon in Vorbereitung. Aber die Organisatoren setzen sich natürlich schon mehr dafür ein, dass diese Themen auch tatsächlich zur Sprache kommen. Das ist anders als bei der Bischofskonferenz. Es wird viele Gesprächsrunden und entsprechende Gottesdienste dazu geben. Unterschiedliche Menschen werden vertreten sein, darunter beispielsweise ukrainische Gemeinden, ein Pfarrer aus dem Irak oder eine Gruppe von Menschen mit anderer sexueller Orientierung. Sie alle werden Gelegenheit zur Mitsprache bekommen.

SWR: Nützt das was, wenn in Stuttgart viel darüber geredet wird? Hören das die richtigen und nehmen sich das auch zu Herzen? 

Thomas Steiger: Das ist eine schwierige Frage. Und ich bin, was die Veränderungsbereitschaft und die Strukturen in meiner Kirche angehen, sehr frustriert. Ich erhoffe mir von dem Katholikentag keine strukturellen Veränderungen, dennoch ist es für alle wichtig, dass die Themen nicht verschwiegen, sondern offen diskutiert werden. Denn steter Tropfen höhlt den Stein. Ob sich daraus aber tatsächlich strukturelle Veränderungen ergeben werden, bezweifle ich, obwohl ich es mir sehr wünschen würde.

SWR: Und was ist mit den anderen Themen, wie zum Beispiel dem Krieg in der Ukraine? Was hilft es dort, wenn sich in Stuttgart viele Menschen einig darüber sind, dass Frieden viel besser wäre? 

Thomas Steiger: So ein Thema ist ja nicht nur ein politisches, sondern auch ein gesellschaftliches und ich halte da die christliche Botschaft von der Gewaltlosigkeit und der Nächstenliebe, im extremsten Fall sogar zum Feind, für eine Botschaft, die einfach nicht verstummen darf. Ich bin mir auch darüber im klaren, dass man den politischen Konflikt in der Ukraine nicht durch ein Friedensgebet lösen kann. Es ist aber wichtig, ein Zeichen zu setzen.

SWR: Würden sie auch Ukrainern nahelegen, ihren Feind zu lieben? Es gibt ja die Forderung, seid doch ein bisschen pazifistischer - was beharrt ihr auf eurem Land? 

Thomas Steiger: Also die Frage, wie man auf Gewalt reagiert, ist eine der großen Dilemma-Fragen, eigentlich eine tragische Frage. Das wäre Hohn, wenn ich einem Ukrainer sagen würde, er solle seinen Feind lieben. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass man Gewalt nicht durch Gegengewalt löst, sondern dass man dadurch immer wieder in die Spirale von Gewalt kommt. Ich würde sagen, am wichtigsten ist, dass man alle anderen Möglichkeiten nicht darüber vergisst, auch wenn man sich manchmal mit Gewalt wehren muss. Im Dialog zu bleiben ist wichtig.

Es gibt auch ein paar schöne Bilder, die aus der Ukraine zu uns kommen, beispielsweise als Ukrainer einen zurückgebliebenen russischen Soldaten freundlich in ihr Haus aufgenommen haben. Ich denke, dass solche Bilder ebenso wichtig sind, damit wir nicht vergessen, wo letztlich der Kern unseres menschlichen Seins liegt.

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