Ukrainische Kinder in der Schule (Foto: SWR)

Deutscher oder ukrainischer Abschluss?

Auch in Tübingen: Kinder aus der Ukraine können Schulabschluss wählen

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Ukrainischer Fernunterricht und deutscher Präsenzunterricht: Eine Doppelbelastung für Kinder aus der Ukraine. Nun können sie von der Schulpflicht in Deutschland befreit werden.

Rund 5.000 ukrainische Kinder gehen allein im Regierungsbezirk Tübingen zur Schule. Für alle galt die uneingeschränkte Schulpflicht. Da die Ukraine trotz des Krieges ihren Landeskindern weiterhin die Möglichkeit eines Online-Abschlusses per Fernunterricht anbietet, haben viele Kinder doppelt lernen müssen. Denn in Deutschland mussten sie bislang auch den deutschen Unterricht besuchen.

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Schulkinder aus der Ukraine können Abschluss frei wählen

Wenn sich ukrainische Schüler nun für den Abschluss ihres Heimatlandes entscheiden, können sie sich für zwei Jahre vom deutschen Schulsystem freistellen lassen, heißt es vom Regierungspräsidium Tübingen. Diese Neuerung sei auf eine Entscheidung der Kultusministerkonferenz der Bundesländer zurückzuführen.

Am Carlo-Schmid-Gymnasium in Tübingen werden seit März ukrainische Kinder unterrichtet. Für die Schule ist das keine leichte Aufgabe, denn oft kommen die Kinder ohne jegliche Deutschkenntnisse ins Land. Am Tübinger Gymnasium werden die Kinder zunächst in einer Klasse mit ausschließlich ukrainischen Schülern unterrichtet. Wie gut sprechen sie bereits Deutsch? Welche Erfahrungen haben sie auf der Flucht gemacht? Wollen sie langfristig in Deutschland bleiben und hier einen Schulabschluss machen? Viele Fragen gilt es in den ersten Monaten zu klären, sagt Schuldirektor Rüdiger Hocke.

"Gerade am Anfang ist es die Aufgabe zusammen mit den Eltern eben auch nochmal ein paar Tränen zu trocknen."

Ukrainische Kinder werden schnell integriert

Die Belastungssituation sei hoch: In der Schule müsse sich erstmal viel ausgetauscht werden, damit die Kinder die schrecklichen Bilder aus der Heimat besser verarbeiten könnten. Nach und nach sollen die geflüchteten Kinder dann in die normalen Klassen integriert werden. Besonders schnell gehe das beim Sport- und Kunstunterricht, sagt Rüdiger Hocke.

"Ich war neulich hier und da hatte ein Kind gemalt, so nebenher, und das Kind hat ein Haus mit einem Fenster gemalt, das gebrannt hat."

Da sehe man, dass sich Kinder nicht unbedingt im Gespräch ausdrücken könnten, aber eben durch Bilder.

"In der Ukraine wird im Unterricht mehr geschrieben"

Die Kinder selbst finden das Carlo-Schmidt-Gymnasium "cool und besonders". Sie hätten bereits viele ukrainische, aber auch deutsche Freunde gefunden. Unterschiede stellen sie aber auch fest: "In der Ukraine haben wir viel mehr geschrieben, in Deutschland sprechen wir meistens im Unterricht." Für die jüngeren Schüler ist das Thema Schulabschluss noch weit weg. Hierüber machen sie sich noch keine Gedanken.

Insgesamt leben derzeit etwa 140.000 ukrainische Flüchtlinge in Baden-Württemberg, hauptsächlich Frauen und Kinder.

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