Schulalltag in Kriegszeiten in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg (Foto: Fotograf: Slavik Wagner)

Deutsche Schule in Lwiw

Lernen im Bunker: Ukrainischer Schulalltag in Kriegszeiten

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Charlotte Schönberger
Charlotte Schönberger, Redakteurin und Reporterin beim SWR (Foto: Katja Madžar)

Ständig droht Luftalarm den Schulalltag zu stören. Jugendliche an der Deutschen Schule in Lwiw, Freiburgs Partnerstadt, entwickeln Strategien.

Jeden Morgen hofft Luba Kuzminska auf einen ruhigen Schultag. Ohne Luftalarm. Ohne Gang in den Bunker. Oft geht ihr Wunsch nicht in Erfüllung. Kuzminska ist Deutschlehrerin und stellvertretende Direktorin in der Westukraine, an der Deutschen Schule Nr. 8 in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg. Für sie und die Kinder ist der Luftalarm Teil des neuen Lebens in Kriegszeiten geworden. Sich davon beirren lassen, kann und will sie nicht.

"Ich muss stark bleiben. Wenn sie sehen, dass ich sicher bin, dann kriegen sie auch den Mut, weiterzumachen."

Was passiert, wenn der Luftalarm während des Unterrichts losgeht? Wie lernen die Schülerinnen und Schüler im Bunker? Hier der Fernsehbeitrag zum Nachschauen:

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Obwohl die Altstadt von Lwiw bisher weitgehend von Luftangriffen verschont geblieben ist, müssen die Schülerinnen und Schüler bei jedem Luftalarm in den Bunker. Es gibt Tage, da heulen die Sirenen gleich mehrmals täglich. Für die Kinder und Jugendlichen ist das belastend: Sie müssen Referate abbrechen, Prüfungen noch einmal schreiben. Der sonst so durchgetaktete Schulalltag lässt sich nicht mehr planen.

Schulalltag in Kriegszeiten in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg (Foto: Fotograf: Slavik Wagner)
Seit 30 Jahren unterrichtet Luba Kuzminska an der Deutschen Schule Nr. 8 in Lwiw. Als erste Lehrerin reiste sie nach der Aufnahme der Städtepartnerschaft 1991 mit Schülerinnen und Schülern nach Freiburg. Bild in Detailansicht öffnen
Schulalltag in Kriegszeiten in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg (Foto: Fotograf: Slavik Wagner)
Ein Schultag ohne Luftalarm ist selten. Die zwölfjährige Roksoljana stört es, ständig beim Lernen gestört zu werden. Bild in Detailansicht öffnen
Schulalltag in Kriegszeiten in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg (Foto: Slavik Wagner)
In der Kantine der Schule versorgen sich die Schülerinnen und Schüler mit Pausensnacks. Bild in Detailansicht öffnen
Schulalltag in Kriegszeiten in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg (Foto: Fotograf: Slavik Wagner)
Rund 200 Schülerinnen und Schüler lernen in dem Schulgebäude, nicht alle haben in den Bunkern Platz. Die älteren Jugendlichen müssen in das Nachbargebäude ausweichen. Bild in Detailansicht öffnen
Schulalltag in Kriegszeiten in Lwiw, der Partnerstadt von Freiburg (Foto: SWR)
Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn zu Besuch. Er plant, die Schulpatenschaften zwischen Freiburg und Lwiw zu intensivieren. Bild in Detailansicht öffnen

Hampelmänner und Singen gegen den Wartefrust im Bunker

Auch an diesem Vormittag, gegen halb zwölf, fangen die Sirenen an zu heulen. Rund 200 Schülerinnen und Schüler laufen die Treppen im Schulgebäude herunter, rein in die alten Gewölbekeller des 200 Jahre alten Gebäudes. Oft machen sie hier Hausaufgaben. Oder "Hampelmänner", wenn die feuchte Kälte des Kellers durch die Kleidung kriecht, erzählen sie. Auch Liedersingen lenkt sie ab von der Warterei, der Ungewissheit.

"Das ist unser Alltag, unsere Realität. Wir müssen damit leben. Das verstehen die Kinder."

Dieses Kriegsjahr hat die Schülerinnen und Schüler zusammengeschweißt, sagt Luba Kuzminska. Teilweise würden sie mehr Zeit hier unten verbringen als im Klassenzimmer. Nach einer Stunde schließlich kommt die Entwarnung. Danach geht der Unterricht im Klassenzimmer wieder weiter. Dann umso konzentrierter. Ein normaler Schultag in Zeiten des Krieges.

OB Martin Horn will Schulpatenschaften mit Freiburg intensivieren

Immerhin: Als der Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn die Schule vor gut einer Woche besucht hat, gab es keinen Alarm. Schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres war er in Lwiw. Horn plant, Patenschaften mit Freiburger Schulen zu stärken. "Gerade jetzt ist es so wichtig, diese Freundschaft zu intensivieren," betont Horn.

Diese Pläne kommen bei den ukrainischen Schülerinnen und Schülern gut an. Auch wenn sie vorsichtig damit geworden sind, zu weit in die Zukunft zu schauen. Nun stehen erst einmal Deutschprüfungen in der Deutschen Schule Nr. 8 bevor. Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte hoffen, dass sie dabei nicht von Sirenen wegen Luftalarms gestört werden.

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