Schnell und routiniert reißt Thomas Kaltenbach bei Katze Cookie ein kleines Haarbüschel aus dem Fell. Dafür steht Besitzerin Corinne Hettich zusammen mit anderen Tierhalterinnen und Tierhaltern Schlange bei ihm, dem "Bauerndoktor" vom Wisdishof im Simonswäldertal (Landkreis Emmendingen). Denn durch seine bemerkenswerte Methode sollen bei Hunden, Katzen, Hasen, Kühen und auch Pferden Warzen und andere Hautkrankheiten verschwinden. Auch die Besitzerin von Patientin Cookie setzt auf die Künste des Bauerndoktors. Die Katze leidet an Schuppenflechte.
Bauerndoktor hilft Tieren - wie, bleibt sein Geheimnis
Absolut unerlässlich: Das Zupfen der Haare in der Mitte des Rückens muss bei abnehmendem Mond passieren. Was mit den Haaren dann passiert, das bleibt Thomas Kaltenbachs Geheimnis - der für das, was er da tut, übrigens keinerlei medizinisches Wissen braucht. Er arbeitet eigentlich bei einer Bank und macht das alles nebenbei und ehrenamtlich. Wer möchte, kann eine Spende da lassen.
Eine alte Familientradition mit erstaunlichen Ergebnissen
Klingt unglaublich? Findet Thomas Kaltenbach selbst auch. Obwohl er die alte Familientradition nun schon seit Jahren weiterführt, scheint er selbst immer wieder überrascht. "Warum ist es jetzt in unserer Familie so, dass wir das offensichtlich können?", fragt er sich bis heute. "Wir haben schon oft gesehen, dass wir was bewegen können, obwohl wir sowas kaum glauben können."
Die vierteilige SWR-Serie in der Landesschau BW lief in der Kalenderwoche 32. Hinter das Geheimnis des Bauerndoktors hat SWR-Reporterin Viola Maury versucht zu kommen:
"Warzen wegmachen" jahrhundertealte Tradition
Auf dem Wisdishof werden seit mindestens 100 Jahren Warzen und andere Hautkrankheiten auf diese Art und Weise "weggemacht". Andreas Kaltenbach, Thomas Urgroßvater, war der erste sogenannte Sympathie- oder Bauerndoktor des Wisdishofs.
Im 19. Jahrhundert gab es kaum Schulmediziner im ländlichen Raum und so übernahmen die Bauerndoktoren die Betreuung kranker Tiere. "Früher hat es in jedem Ort einen gegeben", erzählt Thomas Kaltenbach. "Das war ganz normal und hat einfach zum Dorf dazugehört."
Stark! Die Tauzieher von Simonswald
Einfach ganz normal zum Dorf dazugehören - und doch sehr besonders: Das trifft auch auf die Simonswälder Tauzieherinnen und Tauzieher zu. Die waren unter anderem mit der Nationalmannschaft schon bei einer Weltmeisterschaft erfolgreich und haben einen Titel geholt. Einmal im Jahr richten sie ein Hobbyturnier aus, für alle, die sich auch mal versuchen wollen beim traditionellen Kräftemessen am Seil.
SWR-Reporterin Viola Maury war beim Tauziehen dabei:
Damit die Tradition des Tauziehens in Simonswald lebendig und stark bleibt, hoffen die Profis natürlich, dass aus dem ein oder anderen Amateur ein aktiver Tauzieher von morgen wird. Schließlich ist die Gemeinde eine der Hochburgen des Tauziehens in Deutschland. Und wenn es nach den Simonswälderinnen und Simonswäldern geht, soll das auch noch lange so bleiben.
Walnussöl pressen wie vor 300 Jahren
Eine weitere Tradition in Simonswald: die Ölmühle, das Schmuckstück von Simonswald. "Verschlafen darf man da nicht am Morgen, sonst klappt es nicht", sagt Franz Weis vom Brauchtumsverein Simonswald. Es ist sechs Uhr morgens und wie jeden Donnerstag feuert er den Ofen im Backhäuschen des Brauchtumsvereins an, direkt an der Ölmühle. Mit Hilfe von Bäcker Uwe Wölfle wird hier frisches Holzofenbrot gebacken und an die Besucherinnen und Besucher verkauft. Außerdem bieten die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer Striebele an, die original badische Spezialität aus in Fett gebackenem Pfannenkuchenteig. Der Duft nach Fettgebackenem und frischem Brot lockt Touristinnen und Touristen zum Backhaus und zur alten, traditionsreichen Ölmühle.
SWR-Reporterin Ina Held hat sich in der 300 Jahre alten Ölmühle umgeschaut:
Dank des Engagements des Brauchtumsvereins pressen die Simonswälderinnen und Simonswälder dort seit 2002 wieder Walnussöl wie vor 300 Jahren. Wie Franz Weis helfen alle im Verein mit, um das Dorf und die Mühle mit Leben zu füllen.
Musiker zwischen Indie-Rock und Blasmusik
Tradition hat auch die Trachtenkapelle Simonswald: Seit 225 Jahren gibt es sie, Nachwuchsprobleme hat sie keine und tut auch einiges dafür, dass das so bleibt. 65 Musikerinnen und Musiker sind mit dabei. Der Altersdurchschnitt liegt, anders als bei vielen Blukapellen, bei 31 Jahren.
SWR-Reporterin Ina Held hat sich die musikalische Seite von Simonswald angeschaut:
Mittendrin sind Lukas Guth und Daniel Weis: Die beiden spielen nicht nur in der Trachtenkapelle Simonswald beziehungsweise im Musikverein Obersimonswald, sondern haben auch eine eigene Band gegründet. Stilrichtung Indie-Rock mit deutschen Texten. "Im Endeffekt haben wir zwei verschiedene Sparten", erzählen die beiden. "Wir können beides unter einen Hut bekommen und das macht Spaß. So hat man immer von einer Seite ein bisschen was."
Musik machen mit anderen, das haben sie im Verein von der Pike auf gelernt. Dass die beiden mal rocken und dann wieder ganz traditionell unterwegs sind - für sie kein Widerspruch. Sie leben Tradition und Moderne ganz im Simonswälder Sinne.