Eine Gewerkschaft, die das Pflegepersonal der Uniklinik Straßburg vertritt, erhebt Vorwürfe der unterlassenen Hilfeleistung und Fremdgefährdung. Mit diesem Schritt will die Gewerkschaft die Uniklinik Straßburg dazu zwingen, bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal zu schaffen. Die Klage wird als letzter Ausweg angesehen. Ein verzweifelter Hilferuf eines Sektors, der schon lange über das Zumutbare hinaus arbeitet.
Uniklinik Straßburg: Belegung über 150 Prozent
Die Betten an der Uniklinik Straßburg sind durchschnittlich zu 150 Prozent belegt. Hunderte Betten könnten nicht belegt werden, weil Personal fehle. Dieser Notstand könne Menschenleben kosten: Im Jahr 2022 starb eine Person unerwartet in der Notaufnahme des Krankenhauses, vermutlich wegen Personalmangels.
Mit am Verhandlungstisch sitzt Christian Prud’homme. Er ist Generalsekretär bei der Gewerkschaft Force ouvrière, die das Pflegepersonal an der Uniklinik Straßburg vertritt. Christian Prud’homme sagt, die Arbeitsbedingungen seien zusätzlicher Stress. Das Pflegepersonal solle überall gleichzeitig sein, immer schneller und bestmöglich arbeiten. "Da verstehen wir, dass Menschen kündigen und aufgeben", sagt Christian Prud’homme von Force ouvrière.
Die Gewerkschaft habe das Krankenhaus mehrfach auf die eklatanten Missstände hingewiesen, ohne Ergebnis. Jetzt will sie bessere Arbeitsbedingungen vor Gericht durchsetzen, mit einer Klage wegen unterlassener Hilfeleistung und Fremdgefährdung. Matthieu Airoldi ist Rechtsanwalt der Gewerkschaft Force ouvrière. Er geht davon aus, dass die Untersuchungsrichterin verpflichtet sei der Gewerkschaft zu antworten. Auch habe sie die Verpflichtung eine Untersuchung einzuleiten, so Airoldi weiter. In jedem Fall müsse sich die Klinik rechtfertigen.
Innerhalb von zwei Jahren hat die Force ouvrière 85 Mal das Warnrecht ausgerufen. Sie hofft mit der Klage nun von der Justiz gehört zu werden. Die Krankenhausdirektion möchte dazu im Moment keine Stellung nehmen.
Situation in Baden-Württemberg
Auch in Baden-Württemberg arbeiten Pflegekräfte am Limit. Dass - wie in Straßburg - eine Gewerkschaft vor Gericht bessere Arbeitsbedingungen erstreitet, wäre denkbar. Jedoch sei die Berufsgruppe der Pflegekräfte noch nicht so politisch organisiert, sagt Andrea Kiefer. Sie ist Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). "Das ist auch immer die Problematik, wenn wir irgendentwas durchsetzen wollen, dann kommt natürlich die Frage, wie viele Mitglieder sind denn organisiert und da schwächeln wir, ganz einfach", sagt Andrea Kiefer.
In Nordrhein-Westfalen sieht das anders aus: Ende 2023 hat dort eine Pflegekraft ein Krankenhaus verklagt. Der Vorwurf: Ihre Beschwerden über Arbeitsüberlastung und Personalmangel seien nicht ernst genommen worden. Das Urteil könnte bundesweit richtungsweisend sein.
Weitere Themen in der Sendung Dreiland Aktuell vom 20.4.2024:
In den Vogesen ist das Gesundheitsmobil das einzige, das in die ländlichen Gebiete fährt. Das Team besteht aus einem Sozialarbeiter, einer Krankenpflegerin und einer Hilfskraft. Wie aus einem Wohnmobil eine fahrende Sozialstation wurde.
Auf dem Grund des Bodensees liegt das Dampfschiff "Säntis" seit mehr als 90 Jahren. Mithilfe von ferngesteuerten Tauchrobotern war es dem Schiffsbergeverein Romanshorn gelungen, eine Leine unter dem Schiff hindurchzuschießen. Vergangenes Wochenende sollte die "Säntis" vom Grund des Bodensees eigentlich gehoben werden.
Theater verbindet. Auch über Grenzen und Sprachen hinweg. Deshalb fördert die Europäische Union ein Theater-Projekt an dem Auszubildende aus Baden-Württemberg und dem Elsass Bühnen-Stücke gemeinsam entwickeln. In dieser Woche haben sich Bäcker-Azubis in Karlsruhe getroffen.