Pflegerinnen und Pfleger versorgen die Menschen im Krankenhaus.  (Foto: SWR)

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Letzter Ausweg: Warum eine Gewerkschaft gegen die Uniklinik Straßburg klagt

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Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg (Foto: SWR)

Eine Gewerkschaft will bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal der Uniklinik Straßburg erreichen und zieht vor Gericht. Denn die Lage sei unzumutbar.

Eine Gewerkschaft, die das Pflegepersonal der Uniklinik Straßburg vertritt, erhebt Vorwürfe der unterlassenen Hilfeleistung und Fremdgefährdung. Mit diesem Schritt will die Gewerkschaft die Uniklinik Straßburg dazu zwingen, bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal zu schaffen. Die Klage wird als letzter Ausweg angesehen. Ein verzweifelter Hilferuf eines Sektors, der schon lange über das Zumutbare hinaus arbeitet.

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Uniklinik Straßburg: Belegung über 150 Prozent

Die Betten an der Uniklinik Straßburg sind durchschnittlich zu 150 Prozent belegt. Hunderte Betten könnten nicht belegt werden, weil Personal fehle. Dieser Notstand könne Menschenleben kosten: Im Jahr 2022 starb eine Person unerwartet in der Notaufnahme des Krankenhauses, vermutlich wegen Personalmangels.

Mit am Verhandlungstisch sitzt Christian Prud’homme. Er ist Generalsekretär bei der Gewerkschaft Force ouvrière, die das Pflegepersonal an der Uniklinik Straßburg vertritt. Christian Prud’homme sagt, die Arbeitsbedingungen seien zusätzlicher Stress. Das Pflegepersonal solle überall gleichzeitig sein, immer schneller und bestmöglich arbeiten. "Da verstehen wir, dass Menschen kündigen und aufgeben", sagt Christian Prud’homme von Force ouvrière.

Eine Pflegerin kann ihr Privatleben kaum drei bis vier Wochen im Voraus planen, weil Dienstpläne immer wieder umgeworfen werden.

Pflegerinnen und Pfleger versorgen die Menschen im Krankenhaus.  (Foto: SWR)
Christian Prud’homme ist Generalsekretär bei der Gewerkschaft Force ouvrière, die das Pflegepersonal an der Uniklinik Straßburg vertritt.

Die Gewerkschaft habe das Krankenhaus mehrfach auf die eklatanten Missstände hingewiesen, ohne Ergebnis. Jetzt will sie bessere Arbeitsbedingungen vor Gericht durchsetzen, mit einer Klage wegen unterlassener Hilfeleistung und Fremdgefährdung. Matthieu Airoldi ist Rechtsanwalt der Gewerkschaft Force ouvrière. Er geht davon aus, dass die Untersuchungsrichterin verpflichtet sei der Gewerkschaft zu antworten. Auch habe sie die Verpflichtung eine Untersuchung einzuleiten, so Airoldi weiter. In jedem Fall müsse sich die Klinik rechtfertigen.

Innerhalb von zwei Jahren hat die Force ouvrière 85 Mal das Warnrecht ausgerufen. Sie hofft mit der Klage nun von der Justiz gehört zu werden. Die Krankenhausdirektion möchte dazu im Moment keine Stellung nehmen.

Pflegerinnen und Pfleger versorgen die Menschen im Krankenhaus.  (Foto: SWR)

Situation in Baden-Württemberg

Auch in Baden-Württemberg arbeiten Pflegekräfte am Limit. Dass - wie in Straßburg - eine Gewerkschaft vor Gericht bessere Arbeitsbedingungen erstreitet, wäre denkbar. Jedoch sei die Berufsgruppe der Pflegekräfte noch nicht so politisch organisiert, sagt Andrea Kiefer. Sie ist Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). "Das ist auch immer die Problematik, wenn wir irgendentwas durchsetzen wollen, dann kommt natürlich die Frage, wie viele Mitglieder sind denn organisiert und da schwächeln wir, ganz einfach", sagt Andrea Kiefer.

In Nordrhein-Westfalen sieht das anders aus: Ende 2023 hat dort eine Pflegekraft ein Krankenhaus verklagt. Der Vorwurf: Ihre Beschwerden über Arbeitsüberlastung und Personalmangel seien nicht ernst genommen worden. Das Urteil könnte bundesweit richtungsweisend sein.

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