In Stuttgart-Weilimdorf soll ein neues Pflegeheim entstehen. (Foto: SWR)

Stiftung beklagt hohe Kosten

Neues Pflegeheim in Stuttgart steht wegen Vorschriften auf der Kippe

Stand
INTERVIEW
Magdalena Haupt
AUTOR/IN
Christian Spöcker
Christian Spöcker, SWR  (Foto: SWR, SWR/Tim Benscheid)

Eine Stiftung droht, ein Heim in Stuttgart-Weilimdorf wegen einer Auflage doch nicht zu bauen. Diese sei aber wichtig für hohe Qualität im Pflegebereich, entgegnet die Stadt.

Der geplante Bau eines neuen Pflegeheims in Stuttgart-Weilimdorf scheitert möglicherweise an einem Streit zwischen der Stadt Stuttgart und der Evangelischen Heimstiftung. Diese beklagt, die Stadt wolle Auflagen erfüllt haben, die mit zu hohen Kosten verbunden wären. Die Stadt entgegnet, wer auf einem städtischen Grundstück bauen wolle, müsse zurecht in hoher Qualität bauen, gerade bei einem Pflegeheim.

Wo im Moment Kleingärten sind, soll ein Pflegeheim entstehen. (Foto: SWR)
Wo im Moment Kleingärten sind, soll ein Pflegeheim entstehen - doch es gibt Streit.

Stiftung: Baukosten sind ohnehin schon hoch

Im Kern des Konflikts geht es darum, dass die Stadt auf geltende Regeln für den Bau auf städtischen Grundstücken verweist. Dazu gehört, dass der Bauherr oder die Bauherrin mehrere Angebote von Architekturbüros einholen muss. Das beste Konzept soll am Ende ein Preisgericht ermitteln. Von dieser sogenannten "Mehrfachbeauftragung" erhofft sich die öffentliche Hand - in diesem Fall also die Stadt Stuttgart - eine höhere Qualität der entstehenden Bauwerke. Die Evangelische Heimstiftung kritisiert jedoch, dass diese "Mehrfachbeauftragung" mit zu hohen Kosten verbunden sei.

Die Mehrfachbeauftragung dauert ein Jahr und kostet eine Menge Geld, das wir in so einer kritischen Phase einfach nicht in der Lage sind aufzubringen.

Bernhard Schneider von der Evangelischen Heimstiftung (Foto: SWR)
In Stuttgart zu bauen, mache keinen Spaß, sagt Bernhard Schneider von der Evangelischen Heimstiftung.

Bei Großprojekten sei diese Vorgabe noch einzusehen, aber nicht beim Bau von Pflegeheimen, argumentiert Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung. Er gibt zu bedenken, dass die Baukosten ohnehin bereits stark gestiegen seien, was das wirtschaftliche Risiko eines neuen Pflegeheims erhöht habe - vom Risiko durch den Personalmangel bei Pflegekräften einmal abgesehen. Stuttgarts Stadtverwaltung sei aber bei den Auflagen sehr stur, kritisiert Schneider.

Es muss wieder Spaß machen, in Stuttgart zu bauen. Im Moment ist es kein Spaß. Ganz im Gegenteil.

Heimstiftung: Andere Gemeinden sind lösungsorientierter

Die Heimstiftung teilt mit, sie bekomme aus ganz Baden-Württemberg viele Anfragen - sie baue aber nur, wenn vor Ort auch die Rahmenbedingungen stimmten, so die Stiftung. "Wir müssen merken, dass wir gewollt werden. In Stuttgart haben wir eher das Gefühl, es gibt Probleme. In anderen Gemeinden haben wir das Gefühl, da gibt es immer Lösungen", so Schneider. Und neue Pflegeheime werden dringend benötigt.

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Die Stadt Stuttgart sagte wiederum dem SWR, sie sei bereits Kompromisse eingegangen: "Beim normalen Verfahren wird eine Mehrfachbeauftragung mit zehn Büros vorgegeben, wir sind auf fünf Büros gegangen", teilt eine Sprecherin mit. Außerdem habe die Evangelische Heimstiftung das auch so bereits bei ihrem Bauvorhaben in Bönnigheim (Kreis Ludwigsburg) umgesetzt - und die Auflage für den Bau in Weilimdorf sei der Stiftung schon von Anfang an mitgeteilt worden.

Stadt Stuttgart: Pflegeheime erfordern höchste Qualität beim Bau

Trotzdem zeigt sich die Stadt weiter flexibel, wenn auch in Maßen. "Ich könnte schon verzichten, wenn wir eine andere Qualitätssicherung bringen", sagt Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) über die kritisierte "Mehrfachbeauftragung". Denn es müsse sichergestellt werden, dass das Pflegeheim qualitätsvoll werde, da es auf einem städtischen Grundstück in einer bereits stark bebauten Gegend entstehen solle. "Wir bauen da Leuten was vor die Tür", erklärt Pätzold - und gerade die Stadt bekomme bei Architektur und Städtebau immer wieder den Vorwurf zu hören, das "sieht ja alles grausig aus".

Baubürgermeister Peter Pätzold (Foto: SWR)
Wer auf einem städtischen Grundstück bauen will, müsse sich an die Beschlüsse des Gemeinderats halten, findet Baubürgermeister Peter Pätzold.

Außerdem müsse gerade ein Pflegeheim in einer hohen Qualität gebaut werden, damit die Menschen sich dort wohlfühlen, "Gerade bei Pflegeeinrichtungen ist es wichtig, dass eine qualitätsvolle Architektur, eine gute Einbindung in die Umgebung und ein guter Freiraum den Bewohnerinnen und Bewohnern ein gutes Wohnumfeld geben", betont eine Stadt-Sprecherin. Und Baubürgermeister Pätzold gibt zu bedenken, Pflegebedürftige könnten schließlich nicht einfach in eine andere Einrichtung umziehen, wenn es ihnen in einer nicht gefalle.

Die Menschen, die darin leben, tun das sehr lange - und sie haben in der Regel nicht die Möglichkeit, einfach zu gehen, wenn es ihnen dort nicht gefällt.

Vertreter der Stadt signalisierten im SWR-Interview, man könne über die Rahmenbedingungen, die der Gemeinderat für städtische Grundstücke beschlossen habe, reden. Die Stadt hat außerdem den Verdacht, dass die Stiftung das Projekt wohl eher wegen der insgesamt gestiegenen Baukosten abblasen will. Die Stiftung wiederum entgegnet auf den Vorwurf, es hänge wirklich nur an der geforderten Mehrfachbeauftragung: Wenn sie entfalle, "dann sind wir gerne bereit, in Weilimdorf ein 45-Plätze-Pflegeheim zu bauen, in schönen Wohngruppen."

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