Die 7a am Gymnasium in Plochingen hat sechs Wochen lang ein Gleitzeitmodell erprobt.

Erstes Fazit nach sechs Wochen

Nach Testphase: Positive Bilanz zur Gleitzeit an Schule in Plochingen

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Maxim Flößer
Maxim Flößer arbeitet im SWR Studio Stuttgart.
Frieder Kümmerer
Frieder Kümmerer

Schülerinnen und Schüler in Plochingen durften in einer Testphase an zwei Tagen in der Woche selbst entscheiden, ob sie früher oder später in den Unterricht kommen. Wie lief der Modellversuch?

Schon um 7:50 Uhr in den Unterricht? Oder erst um 9:40 Uhr? Sechs Wochen lang konnten Schülerinnen und Schüler einer 7. Klasse in Plochingen (Kreis Esslingen) an zwei Tagen in der Woche selbst über den Unterrichtsbeginn entscheiden - eine Art Gleitzeit an der Schule. Die Bilanz nach dem Testlauf sei positiv, erklärt der Deutschlehrer und Projektleiter Till Richter dem SWR. "Wir stellen fest, dass die Schülerinnen und Schüler in den sechs Wochen lieber zur Schule gegangen sind." Jetzt gelte es zu klären, wie man mit den Erfahrungen weiter macht.

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Projektleiter: Manchmal war die Hälfte da, manchmal nur zwei

Die Grundidee des Versuchs war einfach: Wer die ersten beiden Stunden zu Hause blieb, musste in Eigenverantwortung den Stoff auch alleine zu Hause durcharbeiten. Wann, das blieb den Schülerinnen und Schülern selbst überlassen. Die "Frühaufsteher" hingegen konnten vor Ort zusammen mit den Lehrkräften arbeiten. Wie diese Gleitzeit genutzt wurde, sei unterschiedlich gewesen. "Manchmal saßen nur zwei Schüler da. Und manchmal war mehr als die halbe Klasse da", sagt Projektleiter Till Richter.

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Späterer Start in der Schule bedeutet mehr Eigenverantwortung

Die Frage hinter dem Versuch sei nun aber nicht gewesen, wann die Schülerinnen und Schüler morgens in der Schule sind. Sondern ob sie, wenn sie nicht kamen, auch zu Hause ihre Hausaufgaben und Arbeiten erledigen. "Sie haben bewiesen, dass sie sich selbst gut organisieren können", sagt Richter. "Das war das Hauptziel des Projekts". Gleitzeit heiße eben nicht auch Freizeit.

Wer zu Hause geblieben ist, um dort seine Aufgaben zu erledigen, musste gleichzeitig dafür auch mehr Verantwortung tragen. Auch das war ein Learning.

Die Schülerinnen und Schülern, die zu Hause bleiben, würden natürlich auch mehr Verantwortung tragen. Sie müssen selbst feststellen, wenn sie Hilfe von der Lehrerin oder vom Lehrer brauchen. Umgekehrt habe Richter als Lehrer in den ersten zwei Stunden mehr Zeit, sich auch um die individuellen Fragen oder Probleme der Schülerinnen und Schüler zu kümmern.

Die Individuelle Entscheidung steht im Mittelpunkt

Daher könne man auch nicht sagen, ob die Schülerinnen und Schüler, die früher in die Schule gekommen sind, fleißiger seien. "Im Mittelpunkt steht, dass jeder individuell entscheiden kann: Will ich lieber zu Hause arbeiten? Kann ich da vielleicht sogar besser arbeiten? Oder brauche ich die Unterstützung des Lehrers, bin ich in der Schule weniger abgelenkt?", erklärt Richter. Jede und jeder habe so den für sich besten Weg wählen können. Wer mit der Frage überfordert war, den beriet und unterstützten die Lehrenden.

Projektleiter und Lehrer Till Richter zieht eine erste positive Bilanz von sechs Wochen, in denen er und eine 7. Klasse ein Modell von Gleitzeit an der Schule erprobt haben.
Projektleiter und Lehrer Till Richter zieht eine erste positive Bilanz von sechs Wochen, in denen er und eine 7. Klasse ein Modell von Gleitzeit an der Schule erprobt haben.

Mediales Interesse hat Schule überrascht

Schule, Lehrer und Schülerinnen und Schüler hatten nicht damit gerechnet, dass das Projekt bundesweit von großem Interesse sein würde. Zeitungen, Radio und Fernsehen berichteten über das Projekt. Davon sei man positiv überrascht gewesen. "Für die Klasse war das toll." Plötzlich war das Mailpostfach voll mit Interviewanfragen. Der Lehrer konnte dadurch viel zum Thema Medienkompetenz und Berichterstattung in seinen Unterricht aufnehmen und besprechen.

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Gleitzeit am Gymnasium: Wie geht es weiter?

Für Projektleiter Till Richter ist klar: Das war nur ein erster Testlauf. Die sechs Wochen seien zu kurz, um Rückschlüsse zu ziehen, dass sich die Gleitzeit auch langfristig positiv auf die Schülerinnen und Schüler auswirkt. Es bleiben auch Fragen zu klären, die in der kurzen Zeit gar nicht aufkamen. Was ist mit Schülerinnen und Schülern, die gar nicht mehr früh in die Schule kommen? Wie stellt man sicher, dass die trotzdem mit dem Lernstoff zurecht kommen?

Hoffen auf einen zweiten, längeren Testlauf

Um genau diese Fragen anzugehen, wäre ein längeren Testlauf nötig. Das hält Richter für möglich. "Wie es weiter geht, muss jetzt die Klasse selbst entscheiden. Denn das war ein Projekt und eine Idee der 7. Klasse." Wenn die Klasse das Projekt weiter verfolgen möchte, könnte das auf eine längere Testphase hinaus laufen, die auch wissenschaftlicher betreut wird, erklärt Richter. Darüber hinaus würde er es gerne auch in anderen Klassenkonstellationen und mit anderen Klassenstufen erproben.

Der Deutschlehrer Till Richter steht vor seiner Klasse 7: Er testet mit den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums in Plochingen ein Modell von Gleitzeit an der Schule.
Der Deutschlehrer Till Richter steht vor seiner Klasse 7: Er testet mit den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums in Plochingen ein Modell von Gleitzeit an der Schule.

Doch jetzt geht der Blick erstmal auf die nächsten Woche: Denn nach den Pfingsferien werden die ersten Klausuren seit dem Pilotprojekt geschrieben. Dort wird sich zeigen, ob sich die Gleitzeit auch auf die Noten auswirken wird - in die eine oder auch andere Richtung.

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