2022/23: Rück- und Ausblick mit dem Mannheimer Oberbürgermeister

Peter Kurz: "Wir müssen als Industriestandort raus aus fossilen Energien"

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Zum Jahresende zieht der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) Bilanz. Schaut zurück. Aber auch nach vorne - in ein Jahr voller Aufgaben für die Stadt.

SWR Aktuell: Wie blicken Sie ganz persönlich jetzt auf dieses Jahr zurück?

Peter Kurz: Ja, das war natürlich ein Jahr, wie wir es uns alle nicht gewünscht haben. Ein Jahr mit großen Belastungen, Herausforderungen, Unvorstellbarem. Das muss man ja wirklich sagen. Also auch am 23. Februar hat man vielleicht Sorge gehabt, aber hat es doch nicht für denkbar gehalten, dass es wirklich einen Angriffskrieg in Europa geben würde.

"Die ganzen Hoffnungen, die wir für 2022 hatten, zerstört."

Die (Hoffnungen) waren ja auf Überwindung der Pandemie gerichtet, endlich aus einer Krisenphase herauskommen. Stattdessen haben wir jetzt multiple Krisen, also ein ganz außergewöhnliches, und das muss man dann auch sagen, negatives Jahr.

Im Interview mit SWR-Redakteur Patrick Figaj blickt Peter Kurz sorgenvoll zurück, aber auch positiv auf das kommende Jahr voraus:

Bundesgartenschau als Spiegel der Stadt-Zukunft

SWR Aktuell: Wie schauen Sie denn jetzt voraus? Mit diesen Krisen auch mit Hinsicht auf jemanden, der dieses Amt dann von Ihnen übernimmt. Wie ist die Stadt Mannheim fürs kommende Jahr aufgestellt?

Kurz: Wir haben ja im nächsten Jahr eine ganz besondere Veranstaltung, die Bundesgartenschau. Die große Themen einer weiteren Krise, nämlich der ökologischen Krise, behandelt. Die Fragen: Wie gehen wir mit unserer Natur in den Städten um? Wie findet Städtebau in Zukunft statt? Zum anderen ist es ein Stück Rückblick und Quintessenz aus dem, wie sich die Stadt in den letzten Jahren verändert hat. Die Konversion der ehemals amerikanischen Militärflächen in unserer Stadt. Deswegen hoffe ich, dass das auch eine Veranstaltung ist, die die Stimmung hebt und jetzt schon etwas Vorfreude entstehen lässt.

SWR Aktuell: Werden wir Sie vielleicht auch selbst persönlich immer mal wieder auf der BUGA23 als Gast sehen?

Kurz: In offizieller Funktion, weil da werden so viele Termine sein, dass da wahrscheinlich zum Schlendern als Gast nicht mehr viel Luft bleiben wird.

SWR Aktuell: Es ist wirklich so, dass auch zum Ende Ihrer Amtszeit dann im kommenden Jahr sehr viel jetzt sichtbar, greifbar, wird. Hinterlässt das bei Ihnen auch ein gutes Gefühl?

Kurz: Jetzt muss man wirklich sagen, dass das natürlich im Nachhinein eine glückliche Fügung war, dass wir so viel neu gestalten konnten. Dass man als Stadt noch einmal neues Gelände bekommt, das ist ja in diesem Umfang auch ungewöhnlich. Dass man das in der Zeit gestalten konnte, die ja auch durchaus von ökonomischen Rahmenbedingungen positiv war. Dass man Veränderung dann eben, wie Sie gesagt haben, greifbar hat, ganz unmittelbar.

"Natürlich ist das auch ein Geschenk, etwas Besonderes, was einen natürlich auch zufrieden zurückblicken lässt."

SWR Aktuell: Wie beobachten Sie im Moment, wie sich potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl in Mannheim im kommenden Jahr aufstellen?

Kurz: Es gibt noch keine offiziell benannte Kandidatur. Im Moment geht es mir wie irgendwie allen, dass sich noch ganz viele Fragezeichen mit der Frage verbinden, wie denn eine Nachfolge aussehen wird. Es deutet sich manches an, aber definitiv ist eben auch noch nicht mal die Kandidatur geklärt.

Fehlende Spielstätten: Extreme Herausforderung

SWR Aktuell: Eines, was in den letzten Wochen immer wieder hoch geschwappt ist, war in der Kulturszene das Nationaltheater. Wie nehmen Sie diese Entwicklung des Theaters und der Ausweichspielstätten als Oberbürgermeister wahr?

Kurz: Das ist natürlich eine extreme Herausforderung. Wir haben mit der Pandemie schon für den gesamten Kulturbereich die Situation gehabt, dass in Teilen auch eine Entwöhnung stattgefunden hat. Dann will man genau in der Phase eigentlich durchstarten. Dann mussten wir in dieser Phase eine Sanierung planen, die ja fünf Jahre umfasst. Fünf Jahre nicht im angestammten Haus. Es kommen ganz praktische Umsetzungsprobleme dazu, die auch die Ersatzspielstätten jetzt nicht zu den vorgesehenen Zeitpunkten zur Verfügung stellen lässt. Da muss man wirklich sagen: Das ist schwer für das Haus.

Ich bin mit dem Blick nach Vorne und deswegen optimistisch, weil man diese Phase jetzt natürlich auch wieder überwinden wird. Insofern bin ich für die mittelfristige Perspektive der Institution optimistisch. Aber die Zeiten aktuell, auch für die Künstlerinnen und Künstler am Haus, die überhaupt nicht die Arbeitsbedingungen finden und vor allen Dingen die Präsentationsbedingungen, die sie gewohnt sind, die sie brauchen, ist das ganz bitter.

SWR Aktuell: Das Thema Nachhaltigkeit ist eines, dass sie besonders beschäftigt. Wie wird es in nächster Zukunft greifbarer?

Kurz: Es muss greifbar werden. Das ist ja der Grund, warum wir uns auf den Weg gemacht haben, um dort vielleicht auch in besonderer Weise Vorreiterfunktion einzunehmen. Gerade in einer Stadt, die industriell geprägt ist, die von hoher Diversität geprägt ist. Wenn Städte wie Mannheim nicht die Umstellung auf ein nachhaltigeres Wirtschaften schaffen, dann wird das insgesamt nicht funktionieren.

"Das ist dann eben auch gerade für die Zukunft des Industriestandorts Mannheim zentral, genau diese wesentlichen Zukunftsaufgaben in Richtung Klimaneutralität zu verstehen."

Dass es nicht nur um Klimaneutralität geht, sondern auch generell, um Schonung von Ressourcen.

Weg von den fossilen Brennstoffen

SWR Aktuell: Kann dann so eine Entscheidung wie aktuell beim Großkraftwerk in Mannheim nur eine vorübergehende Entscheidung aus Ihrer Sicht sein?

Kurz: Ja, wir haben jetzt für uns lokal die klare Perspektive, dass wir bis Ende des Jahrzehnts die Fernwärmeversorgung unabhängig von der Steinkohle gestalten wollen. Da laufen die konkreten Planungen. Das wird ein Mix von Energiequellen sein.

Strom kann man tatsächlich nicht allein lokal beantworten. Sondern das ist eine nationale Aufgabe, oder regionale Aufgabe. Deswegen ist der Betrieb eines Kohlekraftwerks jetzt - noch durch den russischen Überfall - eine stärker notwendige Übergangstechnologie. Aber klar ist auch: Wir müssen so schnell wie möglich aus den fossilen Brennstoffen raus.

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