Sie zünden Kerzen an, obwohl sie im Wind immer wieder ausgehen. Zwei laminierte Friedenstauben schweben über dem Lichtermeer. Eine Frau hat die bemalte Kerze ihrer Freundin dabei, die selbst zu krank ist, um zu kommen. Die rund 300 Menschen, die sich am Mittwochabend auf dem Paradeplatz versammelt haben, gehören jüdischen, muslimischen, alevitischen oder christlichen Gemeinden an. Manche glauben an keinen Gott oder haben sich zufällig entschieden, stehen zu bleiben. Was sie eint, ist der Wunsch nach Frieden in Nahost.
Kerzen statt Banner
"Wir können wenig daran ändern, was in Nahost und in der Ukraine passiert, aber wir können dafür sorgen, dass wir weiterhin friedlich in unserer Stadt leben können", sagt Stadtrat Gerhard Fontagnier (Grüne) zu Beginn der Mahnwache. Er steht auf einem der Mäuerchen des Paradeplatzes, hinter ihm halten drei Männer ein Transparent hoch - "Miteinander für den Frieden" steht darauf. Ansonsten haben sich alle darauf verständigt, auf Spruchbänder und Banner zu verzichten. Bis auf wenige Ausnahmen hält man sich daran. "Wir wollen keinen Antisemitismus und wir wollen auch keine Vorverurteilung und Pauschalisierung von Muslimen", so Fontagnier weiter.
Der Stadtrat ist nur einer von vielen Initiatorinnen und Initiatoren: Die Mahnwache mit Friedensgebet wurde von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis auf die Beine gestellt. Unterstützt wurde das Vorhaben von fast allen Parteien im Mannheimer Gemeinderat und dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Auch der Oberbürgermeister ist gekommen.
Talat Kamran, Leiter des Mannheimer Instituts für Integration und interreligiösen Dialog sagt: "Die entsetzlichen Bilder des Terrors, des Krieges und des Leides vieler Menschen aus Israel und Gaza treffen uns in die Herzen. Wir zünden ein Licht an für die Menschen". Der katholische Mannheimer Stadtdekan Karl Jung schließt an: "Wir stellen uns auf die Seite des Friedens". Der Dekan der evangelischen Kirche, Ralf Hartmann, ergänzt: "Wir wehren uns gegen Hass und Spaltungen, Feindbilder und Antisemitismus".
Interreligiöses Friedensgebet
Das Friedensgebet wird von Vertreterinnen und Vertretern der christlichen Kirchen, der jüdischen Gemeinde, verschiedenen muslimischen Gemeinden und den Aleviten gemeinsam gebetet. Sie beten für die Opfer und die Geisel der Hamas, sowohl auf jüdischer als auch palästinensischer Seite. Sie beten für die Hinterbliebenen des Massakers, fordern, alle terroristischen Angriffe zu beenden. Sie sprechen sich aus gegen Hass, gegen eine Spaltung der Gesellschaft in Mannheim. Und für Zusammenhalt der Religionen.
Es ist still und andächtig, die Stimmung ernst. Irgendwann beginnt es zu regnen. Nach etwas über einer halben Stunde löst sich die Veranstaltung langsam auf. "Man muss gegen das Unrecht in der Welt, gegen die Gewalt vorgehen", sagt ein Mann. Ein anderer Mann sagt: "Ich hoffe, dass wir als Gesellschaft in Mannheim zusammenstehen und nicht auseinanderbrechen." Dafür haben alle zusammen ein Zeichen gesetzt.