Ein Junge in einer 2. Klasse arbeitet in einer Grundschule im Klassenzimmer an einem Arbeitsblatt. Hier ist der Lehrkräftemangel zu spüren. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sven Hoppe)

Umfrage des Bildungsverbands VBE

Lehrermangel: Regelbetrieb an vielen Schulen in BW nicht möglich

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Jana Prochazka

Kaum hat das neue Schuljahr begonnen, spüren die Schulen in Baden-Württemberg erneut den Mangel an Lehrkräften. Eine Umfrage zeigt: An vielen Schulen ist kein Regelbetrieb möglich.

Wenige Wochen nach Beginn des Schuljahres führt der Mangel an Lehrkräften in Baden-Württemberg nach Ansicht des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) zu großen Einschränkungen bei der Unterrichtsversorgung. "Über alle Schularten hinweg kommt es zu erheblichen Unterrichtsausfällen und tiefen Einschnitten im Schulalltag", sagte VBE-Landeschef Gerhard Brand am Montag in Stuttgart. An vielen Schulen könne trotz Mehrarbeit der Lehrerinnen und Lehrer der Regelbetrieb nicht aufrechterhalten werden.

Nach Angaben des Kultusministeriums waren wenige Tage vor Beginn des neuen Schuljahres noch 565 Lehrerstellen unbesetzt - weniger als zu Beginn des Schuljahres 2022/2023. Damals hatten rund 890 Lehrerinnen und Lehrer gefehlt. Aktuelle Zahlen liegen dem Ministerium derzeit nicht vor, diese würden gerade erhoben.

Ein Drittel der Sonderpädagogischen Bildungszentren im Notbetrieb

Laut einer am Montag vorgestellten nicht repräsentativen VBE-Umfrage haben vor allem die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) einen schweren Stand. Von 133 befragten Schulleitungen an den SBBZ gaben nur drei an, zum Schulstart alle Stellen besetzt zu haben. Die große Mehrheit der Sonderpädagogischen Schulen habe erhebliche Personallücken - ein Drittel sei im Notbetrieb, so VBE-Chef Brand.

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Kritisch sieht der VBE den vermehrten Einsatz von Lehrkräften ohne ein Lehramtsstudium. Diese helfen der Umfrage zufolge an jeder vierten Haupt-, Real- und Gemeinschaftsschule aus. An den SBBZ muss fast jede zweite Schule auf solche Lehrkräfte zurückgreifen. Das sei, vor allem an den SBBZ, nicht akzeptabel, sagte Brand. Dort brauche es spezialisiertes und gut geschultes Personal. "Die jeweilige Art und Schwere der Beeinträchtigung der einzelnen Schülerinnen und Schüler muss im Unterricht eine medizinische, soziale und pädagogische Berücksichtigung finden. Dies können nur voll ausgebildete Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen leisten", so Brand.

Auch in den allgemeinbildenden Schularten komme es laut Umfrage zu Unterrichtsausfällen: Nur jede dritte Grundschule habe eine volle Personalabdeckung, jede zehnte hat Lücken von über zehn Prozent. Das habe Folgen für die Qualität des Unterrichts: Entweder er fällt aus oder Klassen werden zusammengelegt und die Kinder müssen sich in Stillarbeit beschäftigen. Brand nennt diese Lage prekär. An der nicht repräsentativen Umfrage hatten sich vom 25. bis 29. September landesweit 1008 Schulen beteiligt.

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VBE fordert kleinere Klassen und höhere Löhne für Lehrkräfte

Der Verband Bildung und Erziehung fordert daher das Kultusministerium auf, nicht nur Sonntagsreden zu halten. Taten seien angebracht, zum Beispiel das Monatsgehalt aller Lehrkräfte anzugleichen. Kleinere Klassen und eine geringere Zahl an Unterrichtsstunden der Lehrerinnen und Lehrer würden den Beruf attraktiver machen, so Brand, und dazu führen, dass mehr Menschen diesen Beruf wählen würden. Vor allem bei der Sonderpädagogik müssen aus Sicht des VBE die Studienplätze schnell weiter ausgebaut werden.

Zudem fordert der Verband den Wegfall des Numerus Clausus für Lehramtsstudiengänge. Außerdem brauche es einen schnellen Ausbau sogenannter multiprofessioneller Teams, also etwa den Einsatz von Schulsozialarbeitern, Psychologen oder Verwaltungsfachkräften.

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Die Personalsituation sei laut VBE aber etwas besser als im vergangenen Schuljahr. Damals hatte der Umfrage zufolge jede fünfte Grundschule mit Versorgungslücken von mehr als zehn Prozent zu kämpfen. An rund 84 Prozent der befragten Haupt-, Real- und Gemeinschaftsschulen waren damals Arbeitsstellen für Lehrkräfte offengeblieben. Nur rund 16 Prozent hatten demnach alle Stellen besetzt.

Bildungsgewerkschaft fordert mehr Maßnahmen, um Lehrkräfte zu gewinnen

Die Bildungsgewerkschaft GEW forderte die baden-württembergische Landesregierung dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um mehr Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen. Vom Abwarten würde der Unterrichtsausfall nicht weniger werden, so die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein.

Die Gewerkschaft hatte bereits im September vorgeschlagen, etwa die Altersermäßigung zu erhöhen, damit mehr Lehrkräfte vor dem Ruhestand bis zur Altersgrenze arbeiten können. Zu möglichen Maßnahmen zählen etwa mehr Qualifizierungsprogramme für Quereinsteigerinnen und -einsteiger. Die GEW forderte zudem, den weiteren Ausbau der Studienplätze vor allem für Sonderpädagogik und Grundschulen bereits 2023 zu starten.

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