Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), hat Papst Franziskus massiv für dessen Äußerungen zu Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland kritisiert. Er sei in keiner Weise mit der Äußerung des Papstes einverstanden, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart.
Kretschmann findet Papst-Aussagen "höchst befremdlich"
Im Gegenteil, er "finde sie höchst befremdlich", so Kretschmann, der sich selbst zur katholischen Kirche bekennt. Denn Äußerungen des Papstes stellten den Aggressor und den, der die Aggression erleide, quasi auf eine Stufe - "und das geht nicht".
Das Christentum sei zwar zweifelsohne eine pazifistische Religion, sagte Kretschmann. Aber nur ein Individuum könne pazifistisch sein, nicht aber ein Staat. Ein Staat müsse wehrhaft sein und sich verteidigen, so der Regierungschef. Die Passionsgeschichte lehre auch: "Wenn man sich nicht wehrt, landet man am Kreuz", gab Kretschmann zu bedenken.
Papst sprach von der "weißen Fahne" - Vatikan rudert zurück
Der Papst hatte mit einem missverständlichen Appell zu Friedensverhandlungen in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine heftige Kritik ausgelöst. Der 87-Jährige gebrauchte in einem Interview des Schweizer Fernsehens auch die Formulierung von der "weißen Fahne" - in Kriegszeiten das Erkennungszeichen von Unterhändlern oder aber auch das Zeichen der Kapitulation. Der Kern der Kritik entzündete sich daran - ähnlich wie es Kretschmann formulierte - dass der Papst nicht Russland als Aggressor und die Ukraine als Opfer des Angriffskrieges benannte.
In der Folge ruderte der Vatikan mehrfach zurück. Ein Sprecher ordnete kurz nach den Äußerungen ein, dass der Papst "vor allem zu einem Waffenstillstand aufrufen und den Mut zu Verhandlungen wiederbeleben" wollte. Am Montag ging der Heilige Stuhl noch einen Schritt weiter: Die erste Bedingung für Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine sei, dass Russland seine Aggression einstelle, ließ ein Sprecher verlautbaren. Auf die Frage, warum sich Franziskus nur an die ukrainische Seite gewandt habe, entgegnete der Kardinal, dies sei dem Kontext der Fragestellung geschuldet gewesen.