Angeblich soll es ja ganz einfach gehen - der Wechsel von einem Stromanbieter zum anderen. Doch viele Stromkunden, die angesichts saftiger Preiserhöhungen gerne wechseln würden, machen aktuell ganz andere Erfahrungen. Für Michael Hildwein aus Remchingen (Enzkreis) wurde der Versuch eines Anbieterwechsels zur beinahe unendlichen Geschichte mit immer neuen kuriosen Wendungen.
Bis zu 50 Euro Stromkosten - pro Tag
Michael Hildwein führt ein privates Telefonmuseum. Unzählige Telefone aus allen Epochen zeigt er in einem ehemaligen Stellwerk der Deutschen Bahn in Remchingen. Jetzt im Winter muss er mit dem Nachtspeicherofen alles beheizen, damit nichts kaputt geht. Bei den Temperaturen der vergangenen Tage können das täglich bis zu 70 Kilowattstunden sein.
Und dann noch das: Im vergangenen Herbst hat sein bisheriger Anbieter - ebenfalls die Deutsche Bahn - den Strompreis mehr als verdoppelt. Der liegt jetzt bei rund 70 Cent pro Kilowattstunde, erzählt er. Für sein Museum, das allein von Spenden lebt, bedeutet das momentan bis zu 50 Euro Stromkosten - pro Tag!
Wechsel zum regionalen Grundversorger EnBW? Fehlanzeige!
Der 55-Jährige beschloss, zum regionalen Grundversorger EnBW zu wechseln. Er kündigte seinen bisherigen Stromvertrag und füllte die entsprechenden Formulare des neuen Anbieters aus. Doch bis zum heutigen Tag ist nichts passiert.
Seit zwei Monaten versucht Michael Hildwein verzweifelt, zur EnBW zu wechseln. Ein Ding der Unmöglichkeit, so scheint es. Ständig werden ihm neue Gründe mitgeteilt, warum ein Wechsel nicht möglich ist. Mal habe er falsche Zählernummern übermittelt, mal angeblich das falsche Formular ausgefüllt. Doch Michael Hildwein beteuert, alles richtig gemacht zu haben. Er schickt sogar Fotos vom Zählerkasten an den Stromkonzern. Doch von dort kommt jedes Mal die Auskunft: "Falsche Angaben".
Geschätzte 40 Telefonate und ein Dutzend Emails später behauptet ein Mitarbeiter in der EnBW-Hotline sogar, den Netzbetreiber Deutsche Bahn gar nicht zu kennen. Michael Hildwein ist am Verzweifeln.
Verbraucherschützer kritisiert Hinhaltetaktik von Stromanbietern
Michael Hildwein aus Remchingen ist kein Einzelfall. Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Stuttgart weiß von vielen ähnlichen Erfahrungen mit Grundversorgern. Dabei sollte der Wechsel des Stromanbieters eigentlich unkompliziert funktionieren, sagt er.
Doch der Verbraucherschützer stellt in jüngster Zeit häufig fest, dass Grundversorger versuchen, neue Kunden abzuschrecken. Sie müssten bei zu vielen Neukunden zusätzlichen Strom zu deutlich höheren Kosten einkaufen. "Diese Kunden sind sozusagen nicht eingeplant", erklärt Bauer.
Nach SWR-Anfrage: EnBW verspricht Abhilfe
Sind Neukunden deswegen gar nicht erwünscht? Die EnBW weist derlei Mutmaßungen weit von sich. Der Grund, warum der Vertrag bislang nicht zustande kam, beteuert Konzernsprecher Heiko Willrett auf Nachfrage des SWR, habe allein mit den besonderen Eigenheiten der Deutschen Bahn und deren Stromnetz zu tun. Man sei der Sache inzwischen auf den Grund gegangen und haben den Fehler gefunden: Der Stromzähler im Telefonmuseum sei falsch gekennzeichnet gewesen. Hildwein können nun rückwirkend zum 1. Januar 2023 als Stromkunde aufgenommen werden.
Also alles gut am Ende? Michael Hildwein hofft es sehr. Denn trotz seiner Leidenschaft für Telefone hat er auf eines ganz sicher keine Lust mehr: auf Service-Hotlines, Callcenter und Warteschleifen.