Leonie Beyer pendelt zwischen Karlsruhe und Pforzheim mit den Bussen des SEV. (Foto: SWR, Annika Jost)

Verspätete, alte und laute Busse

Die Reise im Schienenersatzverkehr zwischen Karlsruhe und Pforzheim

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Mirka Tiede
SWR-Reporterin steht in einem Großraumbüro (Foto: SWR)
Annika Jost
Reporterin Annika Jost (Foto: SWR)

Sie sind alt, laut und manchmal fahren sie gar nicht: Die Busse des Schienenersatzverkehrs zwischen Karlsruhe und Pforzheim stellen Berufspendlerin Leonie Beyer bei fast jeder Fahrt auf die Probe.

Seit Anfang April fährt wegen Bauarbeiten statt des Zuges der Schienenersatzverkehr (SEV) zwischen Pforzheim und Karlsruhe. "Es ist eine Überraschung, was passiert", erzählt Leonie Beyer in Karlsruhe am Hauptbahnhof. Sie ist auf dem Weg nach Pforzheim in ihre Anwaltskanzlei. "Ich hoffe, dass alles gut klappt und ich pünktlich zur Arbeit komme."

SWR-Reporterin Annika Jost war mit Leonie Beyer unterwegs:

Busse fallen teilweise komplett aus

Sehr laute und teilweise stinkende Busse, genervte Fahrgäste, Verspätungen - Leonie Beyer hat in der Zeit schon einiges erlebt. Auch, dass der Bus gar nicht gefahren ist. "Der Bus war rappelvoll", erinnert sich die Anwältin. Gleichzeitig wäre der Bus aber schon alt und reif für den Schrottplatz gewesen. Dann sei die Tür nicht mehr zugegangen. "Wir mussten dann alle wieder aussteigen und auf den nächsten Bus warten." Insgesamt habe sich dadurch alles um eine Stunde verzögert.

Am Ende des Tages ist man einfach froh, wenn man angekommen ist.

Der Busfahrer hat Leonie Beyer in der Situation am meisten Leid getan. "Er konnte gar nichts mehr machen. Er hat den Groll der ganzen Fahrgäste abbekommen, die alle zur Arbeit wollten und angespannt waren." Dabei sind für Leonie Beyer die verständnisvollen Busfahrer etwas Positives am SEV. Denn die kümmern sich um die Fahrgäste, geben - wenn möglich - Auskünfte oder warten auch mal länger.

Hilflosigkeit bei den Fahrgästen des SEV

Wenn der Bus ausfällt oder nicht rechtzeitig kommt, fühle man sich als Fahrgast hilflos, erzählt die Anwältin. Weil man dann keine Informationen bekomme. "Man sitzt mindestens eine halbe Stunde im Bus herum. Es passiert nichts, eigentlich hätte er schon längst losfahren sollen." Durch den Frust komme man aber auch immer mal wieder mit anderen Fahrgästen ins Gespräch. "Das schweißt irgendwie auch zusammen", sagt Leonie Beyer.

Wenn nichts fährt, fährt auch gar nichts mehr nach Pforzheim.

Durch die Baustelle fährt aktuell fast ausschließlich der SEV und kaum noch ein Zug nach Pforzheim. Leonie Beyer habe noch das große Glück, im Notfall doch noch auf das Auto ausweichen zu können. Aber das versuche sie eigentlich zu vermeiden. Der SEV ist aber zu unzuverlässig, weswegen das nicht immer ginge.

Wenn ich Gerichtstermine oder dergleichen habe, muss ich pünktlich sein. Da wartet niemand auf mich.

Der private Bahnbetreiber "Go-Ahead" ist zuständig für die Linie zwischen Karlsruhe und Pforzheim – und damit auch für den Ersatzverkehr. Das Unternehmen teilt mit: Die Bahn habe die Baustelle sehr kurzfristig angekündigt. So sei es schwierig gewesen überhaupt ein Busunternehmen für den Ersatzverkehr zu finden. Dieser solle für die nächste Streckensperrung aber besser werden.

Bus steht zwischen Karlsruhe und Pforzheim häufiger im Stau

Der Bus kommt pünktlich. Leonie Beyer kann aufatmen. "Ich bin jetzt erst mal ganz froh, dass wir überhaupt mal losgefahren sind, dass wir auf der Autobahn sind." Mit dem Linienbus auf der Autobahn unterwegs zu sein, hinterlässt bei der Anwältin dennoch ein mulmiges Gefühl. "Das ist doch ein bisschen unnormal."

Die Autobahn sei auch ein Faktor, der den SEV zusätzlich unzuverlässig mache. Das Risiko mit dem Bus auf der Strecke im Stau oder in einer Vollsperrung zu stecken sei groß. Anders sei das mit dem Zug: der fährt bekanntlich nicht über die Autobahn. Obendrauf könne im Zug auch die Zeit besser zum Lesen oder Arbeiten genutzt werden.

Neben den Verspätungen und Ausfällen ist ein großer Kritikpunkt von Leonie Beyer am SEV aber auch die Beschilderung. "Gerade am Karlsruher Hauptbahnhof ist die Situation ein bisschen unübersichtlich, weil man eben nicht weiß, ob sie von Südeingang oder vom Haupteingang aus abfahren. Dann muss man durch den kompletten Bahnhof rennen, um noch den Bus zu kriegen." Mittlerweile ist zwar der SEV ausgeschildert, aber nicht die Richtung, in die der Bus fährt.

Der Bus des SEV am Hauptbahnhof in Pforzheim. (Foto: SWR, Annika Jost)
Der Bus des SEV am Hauptbahnhof in Pforzheim.

Fahrgäste in Pforzheim machen verschiedene Erfahrungen

Manche Fahrgäste an den Hauptbahnhöfen in Pforzheim und Karlsruhe haben Verständnis für die Situation. Andere haben teilweise dieselben Erfahrungen wie Leonie Beyer gemacht. "Die Busse fahren, wann sie wollen", beschwert sich Bajram Morina.

Die Bahn hat 30 Jahre Zeit gehabt, die Schienen auszubauen. Jetzt geht es halt Knall auf Fall und da müssen dann alle mitmachen und auch Schienenersatzverkehr benutzen.

"Da kam der Bus mal 20 Minuten zu spät oder fünf Minuten zu früh, da hat man sich dann schon geärgert, weil da nicht die Zeiten eingehalten wurden", sagt Julius Schmidt. "Ich glaube sowas passiert öfter mal bei sowas." Ansonsten sei die Fahrt für Julias Schmidt mit dem SEV aber immer entspannt gewesen. Auch Angelika Langer hat bisher immer Glück gehabt: "Ich bin bisher immer angekommen, wenn ich wollte."

Diesmal hat auch Leonie Beyer Glück: Am Ende kommt Sie in Pforzheim an und das - ausnahmsweise - ganz ohne Verspätung und ohne überfüllte Busse. Heute ist alles glatt gelaufen.

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