Prozess um PFC-versuchtes Trinkwasser hat begonnen (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Uli Deck)

Schadenersatzforderung in Millionenhöhe

PFC-Umweltskandal: Schwere Vorwürfe vor dem Landgericht Baden-Baden

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Heiner Kunold
Patrick Neumann
Wolfgang Hörter

Vor dem Landgericht Baden-Baden hat am Montag der Prozess um die Verschmutzung des Trinkwassers mit dem Umweltgift PFC begonnen. Die Stadtwerke Rastatt haben erneut schwere Vorwürfe erhoben.

Die Stadtwerke klagen wegen der Vergiftung des Grundwassers mit PFC als Folge der Düngung mit der gesundheitsschädlichen Chemikalie gegen einen Komposthersteller aus Bühl (Kreis Rastatt). Bis Ende 2008 soll sein Unternehmen mit Papierschlämmen versetzten Kompost auf Äckern in der Region als Dünger verteilt haben.

Woher kam das PFC?

Der Unternehmer bestritt auch am ersten Verhandlungstag, für die Vergiftung verantwortlich zu sein. Seiner Meinung nach kann das PFC auch über andere Wege ins Grundwasser gelangt sein. Etwa über Flugbenzin oder Klärschlämme. Die Stadtwerke haben vor Gericht ihre Vorwürfe weiter konkretisiert.

Gericht hat Zweifel an den Vorwürfen

Das Gericht erklärte, es gebe ein grundsätzliches Problem zwischen Schaden und Verursacher. Der Vorsitzende Richter Frank Konrad Brede bemängelte vor allem, dass es im Jahr 2012 nur eine einzige Grundwasseruntersuchung in Sachen PFC gegeben habe. Eine Untersuchung allein reiche aber kaum aus, um eine Verunreinigung durch PFC in dem von den klagenden Stadtwerken angegebenen Zeitraum zwischen 2006 und 2008  zu belegen, weil ja der Zustand des Wassers vorher nicht bekannt gewesen sei.

Das Gericht forderte die streitenden Parteien auf, über eine gütliche Einigung nachzudenken. Einerseits, weil die Beweisaufnahme durchaus langwierig werden könnte und andererseits, weil im Fall eines Urteils die Schadensersatzforderungen tatsächlich in die Millionen gehen könnten. Das Verfahren vor dem Landgericht Baden-Baden wird voraussichtlich am 13. Juni fortgesetzt. 

Komposthersteller soll für Verunreinigung des Grundwassers haften

Rund 6,5 Millionen Euro Schadenersatz fordern die Stadtwerke Rastatt von dem Unternehmer. Das Problem in dem Zivilverfahren: Das Gericht muss dem Komposthersteller konkret nachweisen, dass er in den Jahren 2006 bis 2008 Papierschlämme angenommen hat - was grundsätzlich nicht verboten war. Weiter muss nachgewiesen werden, dass diese Papierschlämme PFC-verseucht waren und dann - wissend oder nicht wissend - auf den Böden in der Region ausgebracht worden sind.

Wasserwerk in Rastatt wegen PFC-Verseuchung stillgelegt

Durch die Verunreinigung des Bodens hatten die Stadtwerke unter anderem eines ihrer Wasserwerke stilllegen müssen und viel Geld in Filteranlagen investiert. Die Kosten dafür belaufen sich bislang auf rund 6,5 Millionen Euro - und weitere Millionen sind in Zukunft nötig, so die Stadtwerke. Diese Kosten soll der Kompostunternehmer tragen.

Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn wurden zwar von der Staatsanwaltschaft eingestellt, doch zivilrechtlich kann er dennoch belangt werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Baden-Baden werden unter anderem Mitarbeiter der Firma als Zeugen gehört. Ein erster Gerichtstermin vor knapp einem Jahr wurde wegen Corona abgesagt.

Sanierung der verseuchten Flächen teuer und zeitaufwendig

Die PFC-Sanierung ist sehr teuer. Würde man etwa alle rund 1.200 von den Verunreinigungen betroffenen Hektar Land in Mittelbaden abbaggern, entstünden astronomische Kosten, die für niemanden zu stemmen wären. Das Land sieht sich dabei nicht in der Pflicht. Erst im August vergangenen Jahres hatte es erneut Finanzhilfen für Sanierungen abgelehnt.

Rechtlich gelte das Verursacherprinzip, meint auch die am Regierungspräsidium Karlsruhe angesiedelte Stabsstelle PFC. Ein Urteil im nun anstehenden Prozess werde man bewerten, sobald es feststeht, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums.

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