Kombilösung Zwischenbilanz (Foto: SWR)

Ein persönlicher Erfahrungsbericht

Probleme der Karlsruher Kombilösung - Kinderkrankheiten oder Planungsfehler?

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Rebekka Plies
Ein Bild von Rebekka Plies (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Seit genau zehn Monaten ist die Karlsruher U-Bahn inzwischen in Betrieb. Doch nach wie vor gibt es Probleme und Kritik - war das alles nicht vorhersehbar?

Es ist kurz nach 8 Uhr am Morgen. Unter dem Karlsruher Marktplatz spuckt jede einfahrende Bahn Schüler, Studenten und Berufstätige aus. Viele laufen im morgendlichen Trott routiniert in Richtung der unterirdischen Haltestellenausgänge. Doch statt wie geplant mit der Rolltreppe ein Stockwerk höher zu fahren, müssen einige laufen - eine der Rolltreppen funktioniert nicht. Ein Fahrgast flucht leise vor sich hin, die anderen nehmen es teilnahmslos hin.

Unterirdische Orientierung stellt manche vor Herausforderungen

Immer wieder stehen Fahrgäste vor den digitalen Anzeigetafeln, vergleichen die Infos mit denen auf ihren Smartphones, auf der Suche nach Orientierung. Einige gehen hinunter zum Gleis, um wenig später wieder oben aufzutauchen und einen anderen Abgang zu suchen, in der Hoffnung, dass dieser der richtige sein wird.

"Wo muss ich denn hin? Hier fährt meine Bahn gar nicht!"

An diesem Morgen weiß nicht jeder, wie er zwischen den Gleisen richtig navigieren soll. Andere Fahrgäste werden angesprochen - so hilft man sich weiter.

Probleme im Karlsruher Untergrund dauern an

Nicht funktionierende Rolltreppen. Aufzüge, die der Hitze des Sommers nicht standgehalten haben. Mehrere Fehlalarme. Ausgefallene Anzeigetafeln. Nicht ausreichende Barrierefreiheit.

Eine Momentaufnahme, die viel der Kritik und Probleme enthält, die seit Monaten rund um den Straßenbahntunnel der Kombilösung zu hören und zu lesen sind.

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Da stellt sich die Frage: Waren diese Probleme in den jahrelangen Planungen und Tests nicht vorhersehbar?

Kombilösung erneut Thema im Gemeinderat

Die Probleme der Kombilösung haben zuletzt auch den Gemeinderat erreicht. Die FDP-Fraktion fordert in einem Antrag externe Unterstützung und Beratung bei der Behebung der anhaltenden Probleme. Andere Fraktionen winken ab und behaupten, die Probleme seien erkannt, teilweise seien sie sogar bereits behoben oder in Bearbeitung.

"Die Kinderkrankheiten der Kombilösung können schon bald als erledigt betrachtet werden."

Das sei Sache des Aufsichtsrats der Verkehrsbetriebe (VBK) und dort bereits angekommen, hört man von der CDU-Fraktion. Der Karlsruher Oberbürgermeister und VBK-Aufsichtsratsvorsitzende Frank Mentrup (SPD) räumte in der vergangenen Sitzung des Hauptausschusses des Gemeinderats immerhin ein, dass einige der Probleme nicht so schnell zu lösen seien und man die Öffentlichkeit detaillierter über die Maßnahmen und geplanten Verbesserungen informieren müsse.

Nun soll in der nächsten Gemeinderatssitzung Ende Oktober erneut über den Antrag diskutiert werden. Der Ausgang ist vorhersehbar, sitzen doch die meisten Fraktionen auch im Aufsichtsrat der Verkehrsbetriebe - außer die FDP.

Probleme erkannt, aber nur teilweise gelöst

In der Stellungnahme der Verkehrsbetriebe zum Antrag der FDP werden detailliert anhaltende Probleme und bereits in Angriff genommene Maßnahmen aufgelistet. Es geht unter anderem um fehlende Lautsprecheransagen, überlastete Anzeigebildschirme, unzureichende Wegweiser:

"Die gemachten Anregungen bezüglich Fahrgastinformation und Wegeleitung werden umgesetzt. Sitzgelegenheiten und Blindenleitsystem befinden sich in interner Prüfung und werden dem VBK-Aufsichtsrat zur Entscheidung vorgelegt."

Nicht die einzige Nachrüstung, die notwendig ist. Performance- und Software-Probleme der Anzeigetafeln müssen laut VBK aufwändig durch Software-Updates und neue "Module" angepasst werden. An allen Haltestellen werden digitale Lautsprecher notwendig, um beispielsweise einfahrende Bahnen anzukündigen.

Zwischenbilanz Kombilösung (Foto: SWR)
Die Lesbarkeit der Anzeigetafeln wurde laut VKB zuletzt verbessert


Höhe der Kosten für Nachrüstung im Tunnel unklar

Der Zeitplan vieler Maßnahmen ist nach wie vor offen. Bei all diesen angestrebten Nachrüstungen bleibt die Frage: Was ist eigentlich mit den zusätzlichen Kosten? Auf eine entsprechende SWR-Anfrage antwortet die VBK: "Wer die Kosten trägt, ist abhängig davon, ob es sich um Mängelbeseitigung oder um Nachrüstungen handelt. Software-Fehler bei den Anzeigetafeln fallen beispielsweise unter die Gewährleistungspflicht. Kosten für Sitze in den Haltestellen oder zusätzliche Schilder zur besseren Orientierungsmöglichkeit der Fahrgäste tragen die KASIG und die Verkehrsbetriebe Karlsruhe." Weiter heißt es, dass eine Gesamtsumme aufgrund des laufenden Prozesses nicht bezifferbar sei, die Kosten aber über das laufende Budget finanziert würden.

Fahrgastvertretung mit Nachbesserungen zufrieden

Der Fahrgastbeirat der VBK als Sprachrohr der Bahnnutzer sieht sich inzwischen nach einigen Kritikpunkten auf einem positiven Weg im Austausch mit den Verkehrsbetrieben - Hinweise würden ernstgenommen. Die Verkehrsbetriebe betonen außerdem immer wieder, dass sie im Rahmen des mehrmonatigen Probebetriebs und diverser Testläufe im vergangenen Jahr die Technik auf Herz und Nieren geprüft hätten.

Trotz vermeintlich guter Vorplanung beim Bau der Kombilösung tauchen auch heute noch teils länger anhaltende Probleme nicht nur bei den Anzeigetafeln auf. In wie weit können die Tücken des Realbetriebs verantwortlich gemacht werden und hätten die Probleme bei den Planungen und Tests auffallen müssen?

Auch zehn Monate nach Eröffnung des Stadtbahntunnels läuft das Milliardenprojekt alles andere als reibungslos und die Verantwortlichen halten sich bei der Frage nach Veranwortlichkeit auffallend bedeckt.

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