Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 37-Jährige seine Frau mit 26 Messerstichen getötet hat. Der Ehemann wurde wegen Totschlags zu einer Gefängnisstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft sahen die Richter allerdings kein Mordmerkmal. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Messerattacke die Folge eines Streits gewesen sei, so das Gericht.
Matthias Hörster, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, nach dem Urteil:
Im Prozess gab es als Beweismittel nur den Leichnam. Weder eine Tatwaffe noch ein Geständnis des Täters war vorhanden. Der daraus folgende Indizienprozess ist selbst für den erfahrenen Richter ungewöhnlich: Es gab fast nur digitale Indizien.
Neben der Fitnessuhr der Toten und den Smartphones wurde auch eine Überwachungskamera aus der Nähe des Tatorts als Indiz verwendet.
Die Indizien zeichneten für die Richter ein genaues Bild, wie der Vorsitzende in der Urteilsbegründung erklärte. So muss der Ehemann noch im Haus gewesen sein, als der Angriff auf das Opfer schon vorbei war. Das schloss das Gericht aus der Kamera, die aufzeichnete, wann sich das Hoftor öffnete und aus der Schrittmessung der Fitnessuhr der Toten.
Auch die Verletzungen des Täters wurden klar als Abwehrverletzungen des Opfers gewertet und deuteten damit auf die Täterschaft hin. Als letztes sogenanntes "starkes Indiz" bezeichnete das Gericht die Tatsache, dass der Täter schon bei der Befragung am Tattag widersprüchliche Angaben machte, die später widerlegt wurden.
Der Vorsitzende Richter Fernando Sanchez Hermosilla stellte die Frage, warum man der Polizei Lügen auftischt, wenn man gerade seine Frau verloren hat. Und gibt darauf selbst die Antwort: "Natürlich nur, wenn man selbst der Täter ist."
"Entsetzlich, fürchterlich, unbegreiflich": Staatsanwältin sieht Mordmerkmale
26 Stiche, mutmaßlich mit einem Küchenmesser, haben die Mutter von zwei Kindern in ihrem Haus in Philippsburg umgebracht. Das sei eine emotionale Tat gewesen, sagte die Staatsanwältin Ilona Finger in ihrem Plädoyer. Er habe weder seine Geliebte, noch die Kinder oder sein Ansehen verlieren wollen und da sei die Ehefrau im Weg gestanden, so die Staatsanwältin. Deshalb sieht die Staatsanwaltschaft die niedrigen Beweggründe als Mordmerkmal bestätigt, das Gericht hingegen nicht.
Prozess sorgt für viel Aufsehen über Philippsburg hinaus
Die junge Familie war in Philippsburg gut integriert. Sie war Mitglied in verschiedenen Vereinen und hatten einen großen Freundeskreis. Die getötete Mutter arbeitete im Rathaus. Das ist wohl auch der Grund, weshalb an jedem Verhandlungstag die Zuschauerplätze voll besetzt waren.
Auch am letzten Verhandlungstag mussten Leute abgewiesen werden. Menschen, die sich um den Einlass drängten und schubsten - die Stimmung war schon beim Einlass emotional aufgeheizt. Als der Richter dann Aussagen des Angeklagten wiederholte kam, es zu Rufen aus dem Publikum. Diese wusste der Richter einzudämmen und drohte mit sofortigem Rauswurf von Störern.
Das Gericht diskutierte nach eigener Aussage lang, ob das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe ohne Zweifel erfüllt werden kann. Allerdings ließ sich die plausible Erklärung eines eskalierenden Streits am Tattag nicht vollkommen ausschließen. Deshalb wurde der Angeklagte wegen Totschlags verurteilt. "Es ist dem Gericht schwergefallen, diese schreckliche Tat abzustufen."
Zum Schluss würdigte der Richter die Zusammenarbeit der Familien der toten Mutter und des verurteilten Vaters der Kinder. Sie würden sich alle bemühen, das Leben für die Kinder, die zum Tatzeitpunkt erst zwei und vier Jahre alt waren, erträglich zu machen. Mit einer unglaublichen Brutalität habe der Verurteilte das Leben der Kinder zerstört, so Sanchez Hermosilla.