Bayern, Kaufbeuren: Verschiedene Energy Drinks der Discounter Aldi, Lidl und Edeka.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand/dpa | Karl-Josef Hildenbrand)

Lidl bezieht teilweise Stellung

foodwatch wirft Lidl bei Energydrinks "Doppelmoral" vor

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Jan Arnecke
Jan Arnecke (Foto: SWR)

In anderen Ländern hält sich Lidl freiwillig an eine Altersbeschränkung beim Verkauf von Energydrinks, in Deutschland nicht. Das bemängelt foodwatch und fordert politische Lösungen.

Die Verbraucherschutzorganisation foodwatch e. V. wirft dem Discounter Lidl mit Sitz in Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) beim Verkauf von Energydrinks eine "Doppelmoral" vor. Denn in anderen Ländern achtet das Unternehmen freiwillig darauf, die aufputschenden Getränke nicht an Minderjährige zu verkaufen.

In Deutschland allerdings können in fünf von sechs Fällen auch Elf- und Zwölfjährige bei dem Discounter Energydrinks ohne Begleitung der Eltern kaufen. Das zeigten Testkäufe von foodwatch in Berlin. Lidl bezieht Stellung, drückt sich aber um die angesprochene "Doppelmoral".

foodwatch: "Doppelmoral" bei Lidl als Beispiel

Generell gehe es um eine politische Lösung, erklärt Rebekka Siegmann von foodwatch im SWR-Interview. foodwatch fordert eine Altersbeschränkung bei Energydrinks von 18 Jahren. Lidl habe man sich aufgrund der "Doppelmoral" als Beispiel ausgesucht, auch weil eine politische Lösung in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu erwarten sei.

In Großbritannien, den Niederlanden oder Dänemark gebe es beispielsweise, wie auch in Deutschland, noch keine gesetzliche Regelung zum Verkauf von Energydrinks. Doch in diesen Ländern hält sich Lidl freiwillig daran, die Getränke nicht an Jugendliche zu verkaufen. Wieso also nicht auch in Deutschland, fragt sich foodwatch.

Lidl bezieht Stellung - teilweise

Auf SWR-Anfrage teilt Lidl schriftlich mit, man verkaufe Energydrinks an Kunden aller Altersklassen, da es in Deutschland keine Altersbegrenzung gebe. Wieso in anderen Ländern, in denen es ebenfalls keine gesetzliche Regelung gibt, freiwillig eine Altersgrenze eingehalten wird, dazu macht das Unternehmen keine Angabe. Man weise aber bei einem erhöhten Koffeingehalt (ab 150mg pro Liter) auf den Etiketten darauf hin, dass das Getränk "für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen (Koffeingehalt 30mg/100 ml)" sei.

Zudem werde auf der Verpackung darauf hingewiesen, dass das Getränk nicht für Diabetiker und koffeinempfindliche Personen geeignet ist, im Zusammenhang mit dem Genuss von alkoholischen Getränken oder intensiver sportlicher Betätigung vom Verzehr abgeraten wird und aufgrund des erhöhten Koffeingehaltes nur in begrenzter Menge verzehrt werden soll.

Keine Vermarktung, aber trotzdem Verkauf?

Hinzu kommt, dass sich Lidl, wie es heißt, seit 2023 "medienwirksam" dazu bekenne, ungesunde Produkte nicht an Minderjährige zu vermarkten. Auch dazu bezieht das Unternehmen in seiner schriftlichen Mitteilung Stellung. Das umfasse Werbeaktivitäten im Fernsehen, Radio und auf Social-Media-Kanälen sowie in den Prospekten. Bis spätestens Ende 2025 soll darüber hinaus an Kinder gerichtete Werbung auf den Eigenmarkenverpackungen entfernt werden. "Diese Regelungen gelten für alle Lebensmittel unserer Eigenmarken, die nach den Kriterien der WHO als ungesund für Kinder eingeschätzt werden", heißt es in dem Statement.

Doch die Werbung übernehmen im Fall der Energydrinks inzwischen ohnehin ganz andere: nämlich Influencerinnen und Influencer. Studien zeigten, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Energydrinks in Deutschland seit 2018 um 66 Prozent zugenommen habe, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung von foodwatch. Man beruft sich auf statista.

Durch den süßen Geschmack und das gezielte Marketing über Social-Media-Influencer:innen sind Energydrinks gerade bei Kindern und Jugendlichen beliebt.

Ebenso hätten Analysen gezeigt, dass rund ein Drittel der Konsumenten die Eigenmarke von Lidl bevorzugen würden. Der Discounter stellt die koffeinhaltigen Süßgetränke also auch selbst her, bewirbt diese zwar nicht an Minderjährige, profitiert so aber sicherlich vom Hype um Energydrinks im Internet. Zuletzt hatte beispielsweise auch der Influencer MontanaBlack einen eigenen Energydrink herausgebracht.

Einzige Altersbeschränkung in Deutschland bei Rossmann

Doch Lidl ist nicht allein. Dass man mit einer Online-Petition aber genau dieses Unternehmen auffordere, umzudenken und auch in Deutschland eine Altersbeschränkung für den Verkauf dieser Getränke einzuführen, habe gleich mehrere Gründe.

Zum einen die angesprochene "Doppelmoral". Für foodwatch gehe die Schere zwischen Altersbeschränkungen im Ausland, dem Vermarktungsstopp und gleichzeitigem Verkauf in Deutschland an Jugendliche zu weit auseinander. Darüber hinaus erhofft man sich, sollte Lidl einlenken, dass andere Handelsketten unter Druck geraten und nachziehen könnten. Denn eine Abfrage im Handel hat ergeben: Nur Rossmann hat eine verbindliche Altersbeschränkung von 16 Jahren, Edeka überlasse es den einzelnen Händlern selbst, alle weiteren Unternehmen haben keine Altersbeschränkung und planen auch keine Einführung.

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Energydrinks gelten als gesundheitsgefährdend

Dabei seien Energydrinks gerade für Jugendliche besonders gefährlich. Energydrinks werden etwa mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen und Angstzuständen in Verbindung gebracht. Polen, Lettland, Litauen und Rumänien haben bereits Altersgrenzen für die Getränke eingeführt. Neben foodwatch sprechen sich auch die Gesellschaft der Europäischen Kinderkardiologen, der Verbraucherzentrale Bundesverband sowie Expertinnen und Experten der Weltgesundheitsorganisation für eine Altersgrenze aus.

Andere Länder machen es vor

In anderen Ländern gibt es bereits gesetzliche Regelungen: In Polen dürfen seit Anfang 2024 Energydrinks nicht mehr an Jugendliche unter 18 Jahren verkauft werden. In Schweden und Norwegen ist der Verkauf für Jugendliche unter 15 Jahren untersagt, in Litauen dürfen Energydrinks nicht an Personen unter 14 Jahren verkauft werden. In Estland gilt dies für Jugendliche unter 16 Jahren und in Lettland für Jugendliche unter 18 Jahren.

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