Familie Wagner aus Öhringen-Cappel (Hohenlohekreis) hat drei Kinder. Die älteste Tochter kommt vor zwölf Jahren mit dem Joubert-Boltshauser-Syndrom auf die Welt. Eine seltene genetische Erkrankung, bei der ein Teil des Kleinhirns teilweise oder ganz fehlt. Die Prognose der Ärzte für die Entwicklung sei damals düster gewesen, erinnert sich Mutter Irina. Sie werde geistig behindert sein, nicht laufen, nicht sprechen und nicht sehen können. Doch mit viel Ehrgeiz und Ausdauer erkämpfen sich Mutter und Tochter eine Reihe kleiner Wunder. Unterstützt werden sie dabei unter anderem von Gabriele Iven und ihrem Therapiezentrum in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt).
Baiersbronn als Wendepunkt: Inlineskaten, Einkaufen, Sprechen
Irina Wagner will nach der Diagnose für ihr Baby so viel Förderung wie möglich. Obwohl ihre Ärzte anfangs skeptisch sind und eine Überforderung der Tochter befürchten, darf sie mit neun Monaten zur Intensiv-Woche nach Baiersbronn. Im Therapiezentrum Iven wird ein besonderer Mix aus Logopädie, Ergo- und Physiotherapie mit den Kindern trainiert. Mehr als ein Dutzend Therapeutinnen und Therapeuten arbeiten hier unter einem Dach. Die Kinder kommen aus ganz Deutschland mit ihren Familien angereist.
Bereits nach dem ersten Aufenthalt habe sich ihre Tochter zum ersten Mal selbstständig drehen können, erzählt Irina. Seitdem kommen sie dreimal im Jahr, und "jedes Mal gibt es Fortschritte". Die Zwölfjährige geht heute in die fünfte Klasse einer Förderschule für das Sehen (SBBZ), kann Inlineskaten, die Balance auf einem Fahrrad halten und sogar alleine im Laden in der Nachbarschaft einkaufen. "Gut, dass die Hummel nicht weiß, dass sie physikalisch nicht fliegen kann", scherzt Irina. Nichts sei von alleine gekommen, alles habe sich die Tochter hart erarbeitet.

Das Therapiezentrum Iven
Mut und Ausdauer hat auch die Gründerin des Therapiezentrums in Baiersbronn schon oft bewiesen. Mit 75 Jahren arbeitet die Chefin Gabriele Iven noch immer mit den Kindern. Vor 25 Jahren entschied sie, ihre Praxen mit unterschiedlichen Standorten unter einem Dach zu vereinen. Doch die Investition von 2,3 Millionen Euro, um die alte Weberei in Baiersbronn entsprechend umzubauen, war für die örtliche Bank zu groß. Schließlich finanzierte eine Bank in Stuttgart das Projekt, 14 Jahre später sei alles abbezahlt gewesen, sagt Iven stolz.

Gabriele Iven ist bekannt dafür, neue Wege zu gehen. Sie kombiniert verschiedene Therapieansätze, schaut sich dafür auch im Ausland um. "Ansporn, mich weiterzubilden, sind meine Kinder, denen ich versuche zu helfen", beschreibt sie ihre Motivation. Neben dem Zentrum gründete die Unternehmerin mit ihrem Mann auch eine Stiftung. Diese finanzierte unter anderem die Logopädie-Einheiten des ersten Aufenthalts von Familie Wagner.