Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)

Wie das Zusammenleben gelingen kann

Neue Dauerausstellung: "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum Schloss Großlaupheim

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In Laupheim ist die neue Dauerausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" eröffnet worden. Sie erzählt, wie Christen und Juden bis zum Dritten Reich 300 Jahre lang in der Stadt zusammenlebten.

Die neue Dauerausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Schloss Großlaupheim setzt ihren Schwerpunkt auf Gemeinsamkeiten: Bis zum Nationalsozialismus lebten Juden und Christen in Laupheim (Kreis Biberach) 300 Jahre lang zusammen. Dort war im 19. Jahrhundert sogar die größte jüdische Gemeinde im damaligen Königreich Württemberg zu finden. Die neue Ausstellung nimmt diese gemeinsame Geschichte in den Fokus. Es sind 300 Jahre Stadtgeschichte geprägt durch Freundschaft und Liebe - aber auch Trennung zwischen Juden und Christen, die am Ende zu Ausgrenzung und Verfolgung im Nationalsozialismus führten.

Die Ausstellung ersetzt die bisherige Dauerausstellung zur christlich-jüdischen Geschichte in Laupheim. Entwickelt wurde sie zusammen mit dem Haus der Geschichte in Stuttgart. Im Vergleich zur alten Dauerausstellung werden die Laupheimer Juden und Christen nun nicht mehr getrennt gezeigt, sondern gemeinsam. Darauf weist Kuratorin Cornelia Hecht-Zeiler hin.

Wir wollen nicht diese Unterscheidung: Das ist jüdisch, das ist christlich. Zunächst wollen wir schauen, was sind eigentlich die Gemeinsamkeiten.

Durch die Ausstellung ziehen sich immer wieder Fäden. Im ersten Ausstellungsraum enden einige bunte Fäden in einem Schaubild unterschiedlicher Köpfe von Menschen der Stadt. Für Paula Lutum-Lenger, Direktorin des Hauses der Geschichte, ist dies ein Sinnbild für das Beziehungsgeflecht der Stadt Laupheim, erzählt sie.

Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Wichtig für den Zusammenhalt war das Vereinsleben: Im Laupheimer Schützenverein waren jüdische und christliche Laupheimer Mitglied. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Laupheimerinnen und Laupheimer auf einem Schaubild: Die bunten Fäden sollen die Beziehungsgeflechte symbolisieren. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Auch auf geschäftlicher Ebene gab es eine Zusammenarbeit, etwa im Gewerbeverein. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Es wurde auch viel gemeinsam gefeiert: auf dem Laupheimer Kinder- und Heimatfest. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Ein sogenannter Judenstern. Den mussten auch Laupheimer Jüdinnen und Juden in der Nazizeit tragen. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Einige Ausstellungsgegenstände haben selbst eine interessante Geschichte. Etwa der Schlüssel zur Laupheimer Synagoge. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung "Jüdische Beziehungsgeschichten" im Museum im Schloss Großlaupheim  (Foto: SWR, Moritz Kluthe)
Die in den 1930er-Jahren in die USA emigrierte Laupheimer Leichtathletin Margret "Gretel" Bergmann, verheiratete Lambert, hat eine Einladung in die alte Heimat nicht angenommen. Ihre sportlichen Leistungen wurden von den Nazis nicht anerkannt, weil sie Jüdin war. Bild in Detailansicht öffnen

Viele Exponate von ehemaligen Laupheimern gestiftet

Die ersten Juden kamen vor 300 Jahren nach Laupheim. Vier Familien wurde 1724 die Niederlassung gegen Bezahlung gestattet. Im Gegenzug versprach man ihnen Schutz.

In der neuen Dauerausstellung ist der Schutzbrief für die jüdische Gemeinde aus dem Jahr 1724 zu sehen. Dazu kommen zum Beispiel auch Gruppenbilder vom Schützenverein oder von Kinder- und Heimatfesten in Laupheim. Dazwischen gibt es Ehrenabzeichen von Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg oder Schriftstücke. Einige der Exponate stammen aus dem Archiv des Museums, andere spendeten Privatleute, erklärt Museumsleiter Michael Niemetz.

Die Stücke stammen von den Nachkommen der jüdischen Gemeinde. Oft aus dem Ausland, aber auch von Laupheimer Bürgern, die einfach das Bewusstsein hatten, dass sie das Laupheimer Museum mit Exponaten ausstatten wollten.

Wunsch: Aus der Geschichte für die Gegenwart lernen

Jeder Raum ist einem anderen Thema gewidmet. In einem Raum wird beispielsweise auch die sogenannte Arisierung, die Ausbeutung jüdischen Eigentums, thematisiert - und es werden zudem die Namen der Profiteure genannt. Für Direktorin Paula Lutum-Lenger liefert die Ausstellung auch Antworten auf aktuelle gesellschaftliche Fragen. Zum Beispiel wie man Gefahren für die Demokratie erkennt oder zum zunehmenden Antisemitismus in Deutschland.

Wo sind die Gefahren? Demokratiegefährdung? Wie kann ich das erkennen? Ich habe in jedem Raum einen Ansatzpunkt, um auf diese gegenwartsrelevanten Fragen Antworten und Anknüpfungspunkte zu finden.

Früher gehörte zeitweise ein Viertel der Bevölkerung zur jüdischen Gemeinschaft in Laupheim. Auch, wenn es heute keine jüdische Gemeinschaft in Laupheim mehr gibt, so zeigt die Ausstellung doch, wie ein gutes Zusammenleben von Juden und Christen funktionieren konnte. Sie zeigt aber auch, wie die bunten Fäden der Laupheimer Stadtgesellschaft irgendwann wieder auseinander gegangen sind.

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