Ein Haus wird gebaut. (Foto: IMAGO, IMAGO / Rene Traut)

Beratungen in Stuttgart

Bauministerkonferenz: Wohnen und Bauen muss bezahlbar bleiben

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Die Wohnungsbaubranche kämpft aktuell gegen steigende Energiepreise, Materialpreise und Zinsen. Die Bauministerkonferenz in Stuttgart fordert deshalb staatliche Rahmenbedingungen.

Die Bauministerinnen und Bauminister der Länder wollen den Wohnungsbau weiter vorantreiben - trotz der Gemengelage von steigenden Energiepreisen, gestoppten Bauvorhaben und dem sich abzeichnenden Abschwung auf dem Immobilienmarkt. "Wir haben es infolge von Krieg und Energiekrise auch mit einer Krise beim Bauen und Wohnen zu tun. Denn auch hier findet die Zeitenwende statt", sagte Baden-Württembergs Ressortchefin Nicole Razavi (CDU) als Vorsitzende der Bauministerkonferenz.

Das Ziel von bundesweit 400.000 neuen Wohnungen jährlich war schon vor dem Krieg in der Ukraine ambitioniert. Nun explodieren die Preise, Baumaterial fehlt, die Zinsen steigen. Trotzdem wollen Bund und Länder daran festhalten. "Das Ziel ist das Ziel. Und das Ziel ist ja keine politische Erfindung, sondern abgeleitet vom Bedarf", sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Freitag nach der zweitägigen Bauministerkonferenz in Stuttgart.

Razavi: "Wir müssen alles für den Wohnungsbau tun."

Über diese und weitere Themen haben die Bauministerinnen und -minister der Länder seit Donnerstag in Stuttgart beraten. Am Freitagmittag wurde zum Abschluss die sogenannte Stuttgarter Erklärung verabschiedet. Unter anderem werden in dem Papier verlässliche und stimulierende staatliche Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau angemahnt. Bund und Länder müssten alles dafür tun, dass der Motor beim Wohnungsbau nicht ausgehe. "Und wir müssen schauen, wie wir die zusätzlichen Belastungen für Mieter und Vermieter in erträglichen, bezahlbaren Grenzen halten", erklärte Razavi. Bauen und Wohnen müssten bezahlbar bleiben - das sei eine Frage des sozialen Friedens. "Der Dreiklang lautet: Entlasten, Beschleunigen, Anreize setzen."

"Alles, was den Wohnungsbau erschwert und verteuert, muss auf den Prüfstand."

Dieses Jahr werden 200.000 Wohnungen fertiggestellt

Die Ressortchefs der Länder gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr über 200.000 Wohnungen in Deutschland fertiggestellt und bezugsbereit werden. Diese Zahl ergebe sich aus den in den Vorjahren erteilten Baugenehmigungen und den geplanten Bauvorhaben. Die Bauminister bekräftigten, dennoch an der Zielmarke von 400.000 Wohnungen, darunter 100.000 Sozialwohnungen, pro Jahr festhalten zu wollen. 2021 waren bundesweit rund 293.000 neue Wohnungen fertig geworden.

Entlastungen sind gut, Verfahren müssen aber vereinfacht werden

Mit Blick auf die Preissteigerungen bei Strom und Gas begrüßte die Bauministerkonferenz die geplante Wohngeld-Reform und den vorgesehenen Heizkostenzuschuss. Beides soll ab Januar zwei Millionen Menschen in Deutschland zugute kommen. Da aber die Länder für die Umsetzung zuständig seien, müssten die Verfahren deutlich vereinfacht werden, damit die Bürgerinnen und Bürger auch zeitnah entlastet werden können.

Bauministerkonferenz in Stuttgart (Foto: Pressestelle, Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg)
Zwei Tage lang hat die Bauministerkonferenz in Stuttgart getagt. Dabei ging es um die Frage, wie Bauen und Wohnen bezahlbar bleiben kann.

Kritik an Reform der Förderung für energieeffiziente Gebäude

Die Konferenz kritisierte in ihrer Erklärung zugleich die "unklaren bundespolitischen Förderkulissen" und energetischen Vorgaben für Wohngebäude. Dies sei kontraproduktiv in einer Situation, in der - insbesondere im mietpreisgebundenen Segment - in allen Bundesländern Wohnungen unverändert benötigt würden.

Die Bauministerkonferenz erklärte, es müsse ein breites Angebot von steuerlicher Förderung, Zuschüssen und Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Außerdem verlangten sie mehr Geld vom Bund für energieeffizientes Bauen. Das dafür nur noch eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden soll, sehe man äußerst kritisch, heißt es in der Erklärung. Dies sei nicht ausreichend. Bereits durch den KfW-Förderstopp 2022 seien erhebliche Finanzierungslücken für alle bis 2024 geplanten Wohnungsneubauvorhaben entstanden. Einzelne Länder seien eingesprungen, damit Projekte des sozialen Wohnungsbaus nicht scheiterten.

Bundesbauministerin: dringlichste Themen werden angesprochen

Bei der Vorstellung der Stuttgarter Erklärung war auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) anwesend. Sie erklärte: "Viele Forderungen und Standpunkte decken sich mit den Prioritäten meines Hauses." Bund und Länder wollten gemeinsam neuen Wohnraum schaffen. Eine Wohngeldreform solle diejenigen unterstützen, die mit wenig Geld bei hohen Wohnkosten zurechtkommen müssten.

"Die aktuell schwierigen Bedingungen machen es uns gemeinsam nicht eben leichter. Dennoch sind Bund und Länder gefordert, ihren Teil dazu beizutragen, durch diese schwierigen Zeiten zu kommen."

Warum der Neubau von Wohnungen ins Stocken gerät

Der Neubau in Deutschland ist wegen Lieferengpässen bei Material, stark steigender Preise und teureren Finanzierungen ins Stocken geraten. Projektentwicklerinnen und -entwickler, die ganze Wohnungs- oder Gewerbeareale planen, halten sich zurück, da sie kaum noch kalkulieren können. Auch Privatpersonen sagen wegen Kostensteigerungen Bauvorhaben ab.

Im Wohnungsbau kommt es vermehrt zu Stornierungen, beobachtet auch das Münchner Ifo-Institut. Und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) verzeichnet bereits kräftige Einbußen bei den Auftragseingängen in der Branche. Das Ziel der Bundesregierung, den Bau von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr, sieht der Verband in weiter Ferne.

Immobilienpreise ziehen weiter an

Häuser und Wohnungen in Deutschland haben sich das fünfte Quartal in Folge um mehr als zehn Prozent verteuert. Allerdings verlangsamte sich der Preisanstieg etwas, wie aus vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Im Zeitraum April bis Juni 2022 stiegen die Preise für Wohnimmobilien im Schnitt um 10,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im ersten Quartal des laufenden Jahres hatte der Zuwachs nach jüngsten Daten noch 11,6 Prozent betragen. Gegenüber dem Vorquartal verteuerten sich Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser im zweiten Vierteljahr im Schnitt um 2,5 Prozent.

Prozentual höchster Preisanstieg im ländlichen Raum

Den größten Preisanstieg binnen eines Jahres verzeichnete die Behörde in dünn besiedelten ländlichen Kreisen: Dort verteuerten sich Ein- und Zweifamilienhäuser um 13,6 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2021, Eigentumswohnungen kosteten 11,7 Prozent mehr.

In den Top-Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf stiegen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 12,2 Prozent und für Eigentumswohnungen um 10,6 Prozent. Eine leichte Entspannung gab es in städtischen Kreisen. Dort lag die Teuerungsrate für Häuser mit 7,8 Prozent zum ersten Mal seit dem ersten Quartal 2021 wieder im einstelligen Bereich. Für Wohnungen mussten Immobilienkäufer 7,3 Prozent mehr zahlen als im Vorjahresquartal.

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