Die Bedeutung von Daten in der digitalen Welt wird von der Öffentlichkeit unterschätzt, findet der Hamburger Datenschutz-Experte Johannes Caspar,. In seinem neuen Buch „Wir Datensklaven“ zeigt er, dass Datenprofile so wichtig sind wie im Frühkapitalismus Ölquellen und Goldminen. In der digitalen Moderne werde nicht mehr Arbeit ausgebeutet, sondern Datenmaterial von Menschen.
Datenprofile sind so wichtig wie früher Ölquellen
Es ist eine desillusionierende These, die Johannes Caspar entwirft: „Im digitalen Raum sind wir mittlerweile mit unseren Daten Sklaven und werden auch so behandelt“, schreibt der Jurist und Rechtsphilosoph. Im Gespräch mit SWR2 nennt er diese Beobachtung „das Grundproblem unserer digitalen Moderne.“
Der ehemalige Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Hamburg prophezeit, dass die Welt künftig immer stärker von Daten angetrieben werde. „Datenprofile sind der Schlüssel zur Macht in allen Bereichen“, glaubt Caspar.
Den Begriff „Sklave“ benutze er in seinem Buch nicht als Provokation, sondern weil er eine Analogie sehe: „Menschen werden nicht mehr wie früher durch ihre Arbeit ausgebeutet. Sie werden künftig verarbeitet mit ihrer Personalität.“ Die Frage sei, was es aus Menschen mache, wenn sie wie Ölquellen oder Goldminen ausgebeutet werden.
Wer über Daten verfügt kann die Zukunft steuern
Auf die Frage, weshalb Daten in der digitalen Welt das alles bestimmende Gut sind, entgegnet Caspar: „Wer Daten hat, und wer die Programme hat, sie zu verarbeiten, hat die Möglichkeit, in die Zukunft zu blicken. Wer möchte nicht in die Zukunft blicken?“
Letztlich werde so sogar die Steuerung der Zukunft möglich, behauptet er.
Mitbestimmungsrechte der Nutzer*Innen als Gegenmodell
In seinem Buch „Wir Datensklaven – Wege aus der digitalen Ausbeutung“ zeigt Caspar aber auch eine Alternative auf: Er fordert auf, Plattformen zu schaffen, in denen Nutzerinnen und Nutzer ein Mitbestimmungsrecht haben – analog zur Arbeiternehmer-Mitbestimmung im bisherigen Sozialsystem.
„Mein Modell geht in die Richtung der Demokratisierung“, fasst Caspar seine Vorstellungen zusammen.
Moratorien reichen bei KI-Herausforderung nicht!
Bei der Regulierung von künstlicher Intelligenz (KI) ist der Experte skeptisch. Bisher sei die Politik auf die jüngsten Entwicklungen nicht eingegangen. Letztlich sei der Gesetzgeber gefordert. Das Problem ist aus Caspars Sicht: „Moratorien und Verzichtserklärungen reichen nur so weit, wie der Nachbar oder andere Staaten auch mitziehen.“
Johannes Caspar ist Honorarprofessor an der Universität Hamburg. Der Jurist war von 2009 bis 2021 Datenschutzbeauftragter der Freien und Hansestadt Hamburg. Seit 2023 ist er Vorsitzender im Beirat von Transparency International Deutschland.
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