Literaturfestival

Weltstar Chimamanda Ngozi Adichie eröffnet das erste Literaturfestival Stuttgart

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AUTOR/IN
Silke Arning
ONLINEFASSUNG
Lydia Huckebrink

Es soll um politisches Weltgeschehen gehen, aber auch um Themen, die Stadt und Gesellschaft bewegen: Das Literaturfestival Stuttgart zeigt verschiedene literarischen Perspektiven zu unterschiedlichen Themen. Die Eröffnung durch Chimamanda Ngozi Adichie setzt Zeichen. Starke, provokante, selbstbewusste Beiträge zu Feminismus und Neokolonialismus haben die nigerianische Star-Autorin international berühmt gemacht.

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Jubelrufe für Chimamanda Ngozi Adichie

Standing Ovations und Jubelrufe für eine Autorin: Chimamanda Ngozi Adichie betritt die Bühne. Das Outfit ein echter Hingucker: Eine weit ausgestellte grüne Trägerhose mit ausgestanzten kreisrunden Löchern am Bein, dazu getigerte Sandalen.

Sie ist eben auch ein Popstar. Sie sei jetzt zum zweiten Mal in Stuttgart, beginnt sie ihre Rede. An die Details könne sie sich nicht mehr erinnern, nur daran, dass sie es nicht gemocht habe.

Doch ein Freund aus Stuttgart habe ihr gesagt, die Stadt sei wunderschön geworden. Darum sei sie jetzt hier, um es selbst herauszufinden. 

Ein auffällig diverses Publikum

Es ist ein erstaunlicher Abend – aus vielen Gründen. Der Auftakt dieses ersten Stuttgarter Literaturfestivals findet in der Liederhalle statt: Der Saal mit 752 Plätzen ist voll besetzt, um jeden Stuhl wird heftig gefeilscht. Nicht unbedingt Standard für eine Literaturveranstaltung.

Ebensowenig das Publikum: auffällig viele People of Color, viele junge Frauen, intellektuelle Hipster mit Dutt, dann wieder die Gruppe „Klassische Kulturgemeinschaft“, alte und junge Feministinnen. Ein Hauch von Happening-Stimmung liegt in der Luft.

Altherren-Charme trifft auf intellektuelle Hipster

Den kann selbst der Altherren-Charme von Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper nicht trüben kann, der in seiner Rede auf den Mozartsaal anspielt: „Mozarts Zauberflöte passt ganz besonders gut zu Chimamanda Ngozi Adichie, da von ihr und ihrem literarischen Werk ein Zauber ausgeht.“

Ein Satz, der viele irritierte Blicke und verwundert-belustigtes Raunen erntet. Aber der Saal gibt sich gnädig, bereit alle Reden auf sich zu nehmen in Erwartung großer, einschneidender, nachhallender Sätze wie sie Chimamanda Ngozi Adichie mit ihrer Forderung „We should all be Feminists“ der Welt entgegen geschleudert hat.

Adichie bleibt unspektakulär

Doch daraus wird nichts. Adichie, die mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel über Frauen und Macht diskutiert hat, gibt sich an diesem Abend erstaunlich unspektakulär. Sie erzählt von ihrem Aufwachsen als Tochter eines Universitätsprofessors, vom behüteten, abgeschiedenen Leben auf einem Uni-Campus in Nigeria.

Wir erfahren, wie und wann das Schreiben zu ihr gekommen ist. Es habe sie ausgesucht, sagt sie, und beschreibt Erinnerung aus ihrer Kindheit.

„Schreiben, während die Welt geschieht“. Das Motto dieses ersten Stuttgarter Literaturfestivals will zeigen: Schreiben vollzieht sich nicht im Vakuum. Es ist Augenzeuge schöner und hässlicher, trauriger und Hoffnung machender Momente. 

Offener Brief an US-Präsident Biden

An dieser Stelle schimmert dann doch die kämpferische Seite von Chimamanda Ngozi Adichie durch. Sie erzählt von ihrem offenen Brief an US-Präsident Biden, in dem sie vor kurzem die Wahlen in Nigeria kritisiert hat. Sie spricht von Manipulation und Unstimmigkeiten.

In einer Welt, die so sehr danach strebe, selbst die jüngste Geschichte zu leugnen, sei es wichtig geworden, zu erzählen, was passiert ist: „Ich habe geschrieben, um Zeugnis abzulegen. Ich wollte Zeugnis ablegen, weil ich es kann. Und weil ich es kann, glaube ich, dass ich es muss.“

Literaturfestival Stuttgart

Gespräch „Schreiben während die Welt geschieht“ – Stuttgart feiert die Literatur

Vom 11. bis zum 21. Mai 2023 findet in Stuttgart erstmals das Literaturfestival Stuttgart statt. Lena Gorelik ist die Kuratorin der allerersten Ausgabe und kündigt ein „Festival der ernsten und harten Themen“ an.

SWR2 am Morgen SWR2

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